Zurück aus Erftstadt: Was ein Spenger DLRG-Helfer im Flutgebiet erlebt hat

Enger. Es sind dramatische Bilder, die in diesen Tagen aus Erftstadt kommen. Die 50.000-Einwohner-Kommune im Rhein-Erft-Kreis hat die Hochwasserkatastrophe mit am schlimmsten getroffen. Im Ortsteil Blessem stürzten unter den gewaltigen Wassermassen sogar Häuser und ein Teil der historischen Burg ein. Einsatzkräfte sind immer noch vor Ort, um den Menschen zu helfen. Auch vier Mitglieder der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Enger-Spenge gehörten in den letzten Tagen dazu. Einer von ihnen ist Heiko Burghardt. Nach seiner Rückkehr aus dem Hochwassergebiet berichtet der Spenger, was er und sein Team dort erlebt haben. Insgesamt elf Wasserrettungszüge gehören zur DLRG Westfalen. Seit sechs Jahren ist ihnen auch ein Logistiktrupp angegliedert. "Und den stellen wir von der DLRG Enger-Spenge", sagt Burghardt. Aufgabe sei es, ihren Zug mit der benötigten logistischen Ausstattung zu versorgen. "Wir kommen ja oft in Gebiete, wo es keine Infrastruktur gibt, zum Beispiel keinen Strom", erklärt er. Logistiktrupp der DLRG kommt aus Enger-Spenge Der Logistiktrupp habe darum auch einen Generator an Bord. "Damit wir etwa dem Kommandowagen Strom geben können." Aber auch große Stative mit Scheinwerfern gehörten zur Ausstattung des Trupps - um etwa Einsatzstellen ausleuchten zu können. Zelte, Gaskocher oder Bestuhlung führt der Logistiktrupp ebenfalls mit. Samstagmorgen um 6 Uhr haben sich Heiko Burghardt, der den Logistiktrupp führte, Daniel Bremer, Birgit Assmann und Andreas Schnell von der DLRG Enger-Spenge auf den Weg Richtung Rheinland gemacht. In Köln-Frechen wird schließlich der gesamte Wasserrettungszug, dem sie angegliedert sind, zusammengeführt. "46 Leute gehörten dazu", sagt Burghardt. An den Straßen stapelt sich, was das Wasser zerstört hat Die Helfer, die an jenem Samstag in das Hochwassergebiet gerufen werden, gehören zum zweiten Tross von Einsatzkräften. Zu diesem Zeitpunkt hat sich das Wasser aus Erftstadt schon vielerorts zurückgezogen. Die Folgen des Unwetters jedoch sind unübersehbar. An den Straßenrändern stapelt sich, was die Wassermassen in den Häusern zerstört haben: Möbel, Kisten aus überfluteten Kellern, Dinge, die zum Leben der Menschen dazugehörten - und die jetzt schlammig und unbrauchbar sind. Heiko Burghardt sieht Abschleppwagen, die den ganzen Samstag über unermüdlich fahren. Sie holen zerstörte Autos ab, die in einer Straße gesammelt stehen. Aufklärung mit Sonar Einsatzort für die Helfer der DLRG auch aus Enger und Spenge soll an jenem Samstag eigentlich die Kiesgrube im besonders betroffenen Ortsteil Blessem sein. Hier hat es durch das Unwetter massive Erdrutsche gegeben, die Gebäude und auch Teile der Burg mit sich gerissen haben. All das liegt jetzt in der überfluteten Kiesgrube. Die DLRG soll mit Booten, die mit Sonar ausgestattet sind, aufklären, was genau sich in dem schlammigen Wasser befindet. "Mit dem Sonar kann man die Umrisse zum Beispiel von Fahrzeugen und anderem erkennen und eine Rasterkarte erstellen", erklärt Burghardt. Anhand dieser Aufklärungsergebnisse entscheide man dann, wie man weiter vorgehe. Allerdings: Zu diesem Einsatz kommt es nicht: "Als die Trupps loslegen wollten, meldete ein Techniker, dass sich die Erde bewegt und es zu gefährlich sei." Menschen stehen an den Straßen und applaudieren den Helfern Die Einsatzkräfte bleiben zwar zunächst in Bereitschaft, können an diesem Tag aber nichts mehr tun. Abends kehren sie in ihre Unterkunft in einem höher gelegenen Gymnasium der Stadt zurück. Auch einige der jetzt obdachlos gewordenen Menschen aus Erftstadt sind dort untergebracht. Ebenso wie ein Behelfskrankenhaus für Leichtverletzte. Auf dem Weg dorthin kommen die Helfer durch die Straßen der Stadt. "Dort haben Menschen gestanden und geklatscht und Danke gesagt", erzählt der 57-Jährige. Das habe ihn schon sehr berührt. Am nächsten Tag wird die DLRG zu einer Bundesstraße gerufen, die wie in einem Tal-Kessel bei Erftstadt liegt. Auch sie wurde geflutet. An jenem Sonntag hat sich das Wasser dort zwar schon wieder zurückgezogen. Wie hoch es stand, lässt sich anhand der Spuren an Bäumen und Sträuchern jedoch noch erahnen: Das seien bestimmt acht Meter gewesen, schätzt Burghardt. Wegen der Lage der Straße in dem Kessel hätten sich die Fluten dort richtig aufgestaut. "Das Wasser ist wie ein kleiner Tsunami da durchgerauscht." Ein Postbulli liegt halb im Wasser Aufgabe der DLRG ist es nun, ein angrenzendes Regenrückhaltebecken mit Sonar abzutasten - wie es schon an der Kiesgrube geplant war. Auch hier muss geklärt werden, was sich genau in dem schlammigen Wasser befindet. Denn dass sich darin etwas befindet, ist offenkundig: Ein DHL-Bulli liegt halb im Wasser. Die Helfer der DLRG machen mit ihrem Sonar schließlich noch drei weitere Fahrzeuge ausfindig. Später werden auch Spürhunde auf die zu Wasser gelassenen Boote geholt. Man will schauen, ob hier auch Menschen Opfer des Unwetters wurden. Taucher von Polizei und Feuerwehr werden ebenfalls hinzugezogen - allerdings können sie in dem schlammigen Wasser nichts sehen. Um Gewissheit zu bekommen, muss das Wasser erst abgepumpt werden. Das ist Aufgabe des THW. Die Arbeit der DLRG ist getan. "Mit unseren Mitteln kamen wir da nicht mehr weiter", sagt Burghardt. Immerhin scheint es an dieser Stelle gut ausgegangen zu sein: "Mein letzter Stand ist, dass man zwar Fahrzeuge gefunden hat, aber keine Personen." Für den Logistiktrupp der DLRG Enger-Spenge, der erst seit sechs Jahren besteht, ist es der erste richtige Einsatz gewesen. Zuvor habe es immer nur Übungen gegeben. "Bei so einem Einsatz geht man schon mit einem sehr beklemmenden Gefühl ran, wenn man weiß, um was es geht - das erdet einen unglaublich", sagt Burghardt. Und die Bilder - die habe er immer noch im Kopf: "Immer, wenn wir auf der Rückfahrt einen DHL-Bulli gesehen haben, waren sie wieder da."

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