Versuchter Tunnel-Bankraub: So sind die Täter vorgegangen

Spenge. Es ist ein spektakulärer Einbruchsversuch, wie es ihn in der Region noch nicht gegeben hat. Unbekannte Täter haben einen rund acht Meter langen Tunnel gegraben, um in das Volksbank-Gebäude in Spenge zu gelangen. Die Einbrecher waren kurz vor ihrem Ziel – scheiterten aber an einer Kleinigkeit. Immer mehr Details werden bekannt, wie raffiniert die Täter vorgegangen sind. Und es gibt Vermutungen, worauf es die Unbekannten in der Bank abgesehen hatten. Der filmreife, geplante Coup hat sich in der Kleinstadt rasch herumgesprochen. Immer wieder kommen Passanten vorbei und werfen neugierig einen Blick auf das weiße Zelt, mit dem die Polizei den Tatort abgeschirmt hat. Die meisten gehen kopfschüttelnd weiter, nur wenige wenden sich fragend an Polizeibeamte, die den Tatort die ganze Nacht bewacht haben. Tunnel mit Holzbohlen eingeschalt Am Mittwochmorgen untersuchen Ermittler der Kreispolizeibehörde Herford den Tunnel. Sie werden unterstützt von Experten des Bielefelder Polizeipräsidiums. Bevor sie sich in den Tunnel in zwei Meter Tiefe wagen, ziehen sie einen Architekten zu Rate. &bdquo;Denn es war nicht klar, wie stabil der Tunnel ist", sagt Herfords Polizeisprecherin Simone Lah-Schnier. Doch die Täter haben offenbar vorgesorgt: Mit breiten Holzbohlen haben sie den rund 1,50 Meter hohen und ein Meter breiten Tunnel eingeschalt und dadurch für Stabilität gesorgt. Der unterirdische Gang ist rund acht Meter lang. Damit waren die Täter fast am Ziel. &bdquo;Sie sind bis zur Hauswand der Volksbank gelangt. Die Wand selbst war noch nicht angebohrt", sagt die Polizeisprecherin. Es wird vermutet, dass die Bankräuber das verlängerte Pfingstwochenende nutzen wollten, um ungestört die Hauswand zu durchbrechen und ins Innere der Bank zu gelangen. Hochprofessionelle Werkzeuge In dem Tunnel finden die Beamten einen hochprofessionellen Kernbohrer mit einem Durchmesser von rund 50 Zentimetern. Angeblich sollen noch mehrere Bohrköpfe unterschiedlicher Größe gefunden worden sein. Die Täter waren also gut vorbereitet und ausgerüstet. Ein Experte schätzt, dass so eine Ausrüstung mehrere Tausend Euro kostet. Doch aus dem sorgfältig geplanten Coup wurde nichts. Durch Absackungen des Pflasters in der Pkw-Zufahrt direkt neben dem Volksbank-Gebäude war der Einbruchsversuch aufgeflogen. Zunächst ging man von einem Schaden an einem Kanal aus. Eine Fachfirma stieß bei ihren Reparaturarbeiten in rund zwei Metern Tiefe dann aber auf den mysteriösen Tunnel. "Da war für mich klar: Hier stimmt was nicht." &bdquo;Ich dachte im ersten Moment, ich bin in der Fernsehserie ,Versteckte Kamera’, in der Leute auf den Arm genommen werden", sagt Thorsten Klingberg. Der Engeraner Unternehmer und Experte für Kanalreinigungen war es, der bei den Reparaturarbeiten den unterirdischen Gang entdeckte. &bdquo;Als ich auf Holz stieß und die erste Holzplatte hoch nahm, war für mich klar: Hier stimmt was nicht." Der Mann hatte Recht. Wenig später war die Polizei vor Ort und sah sich einem tollkühnen Einbruchsversuch gegenüber. Schnell war klar: Von einem benachbarten Strom-Trafo-Häuschen des Unternehmens Westfalen Weser hatten sich die Einbrecher einen unterirdischen Zugang in zwei Metern Tiefe geschaffen. Zuvor hatten sie das Schloss der Eingangstür zum Trafo-Häuschen aufgebohrt und es ausgetauscht. Vermutlich hatten sie auch ausgekundschaftet, dass Westfalen Weser in der Regel nur in großen Zeitabständen die Trafo-Häuschen inspiziert. &bdquo;So haben die Täter wohl gewusst, dass sie eine gewisse Zeit Ruhe hatten", sagt die Polizeisprecherin. &bdquo;Keine Laien am Werk" Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um mehrere Täter gehandelt haben muss. &bdquo;Da waren keine Laien am Werk", sagt Simone Lah-Schnier. Das Erdreich hätten sie in Sandsäcke gefüllt und fein säuberlich gestapelt. Nach NW-Informationen sollen sie die Säcke zum großen Teil in dem Trafohäuschen gelagert und sie auch an den Tunnelwänden zur Stabilisierung eingesetzt haben. &bdquo;Das Ganze muss über eine längere Zeit so gegangen sein", vermutet die Polizeisprecherin. Ermittler suchen nach DNA-Spuren Nach NW-Recherchen sollen die Täter angeblich über einen mobilen Generator verfügt haben, um Strom für Licht und die elektrischen Werkzeuge zu haben. Die Ermittler hoffen nun, Fußabdrücke im Tunnel und mögliche DNA-Spuren an den Werkzeugen zu finden. &bdquo;Die Untersuchungen werden wohl mehrere Tage in Anspruch nehmen", meint Lah-Schnier. Doch worauf waren die Täter aus? &bdquo;Wir lagern kein Bargeld in größeren Mengen in der Geschäftsstelle", teilte Andreas Kelch, Pressesprecher der Volksbank Herford-Mindener Land auf Anfrage der NW mit. Worauf hatten es die Täter abgesehen? Die Vermutungen von einem Experten der Bankbranche gehen daher in eine andere Richtung. Denkbar sei, dass die Einbrecher die Schließfächer der Bankkunden aufbrechen und plündern wollten. Kunden würden in den angemieteten Fächern mitunter diverse Wertsachen wie Schmuck, Goldbarren oder auch Bargeld aufbewahren. Ebenso denkbar ist, dass einer der Täter möglicherweise unter falscher Identität ein Schließfach angemietet hat, um sich Ortskenntnisse zu verschaffen und die Lage auszubaldowern. Das haben erste Zeugenbefragungen ergeben Ob sich ein gelungener Durchbruch überhaupt gelohnt hätte, ist aber fraglich. Denn: &bdquo;Unsere Geschäftsstellen sind grundsätzlich gut gegen Einbruch und Vandalismus abgesichert", erklärt der Pressesprecher der Volksbank. &bdquo;Unsere Vorkehrungen werden laufend überprüft und aktualisiert." Die Polizei steht noch am Anfang der Ermittlungen. Erste Zeugenbefragungen haben nach Angaben der Polizeisprecherin ergeben, dass jemandem durchaus Geräusche aufgefallen sind, ohne aber Verdacht zu schöpfen. Die Holzplanken im Tunnel hätten vielleicht zu einer gewissen Lärmdämmung beigetragen. Zudem sei es möglich, dass die Unbekannten nicht mit voller Kraft des Bohrers gearbeitet haben, um weniger Lärm zu verursachen.

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