Spenge

Frommholz-Mitarbeiter sorgen sich um ihre Zukunft

Nach Insolvenzantrag: Am Mittwoch ist letzter Arbeitstag für 44 entlassene Kollegen

Sprechen für die Belegschaft: Betriebsratsvorsitzender Eberhard Jonescheit (l.) und sein Stellvertreter Bernd Stenzel. | © Karin Wessler

Karin Wessler
24.08.2016 | 24.08.2016, 18:01

Spenge. Einst arbeiteten beim Polstermöbelhersteller Frommholz bis zu 270 Mitarbeiter. Doch Anfang Juli dieses Jahres musste die Firma Insolvenz anmelden, 44 Mitarbeiter aus der Produktion sind davon betroffen, für sie ist der 31. August der letzte Arbeitstag. "Vor allem für die vielen älteren Kollegen wird es schwer", sagen Eberhard Jonescheit, Vorsitzender des Betriebsrates bei Frommholz, und sein Stellvertreter Bernd Stenzel.

"Ihnen fehlen jetzt noch eineinhalb bis zwei Arbeitsjahre, um eine vernünftige Rente zu bekommen." Das sei für die rund 30 Leute, die um die 60 Jahre alt sind und nun auf der Straße stehen, dramatisch. Darüber rede kein Mensch. "Wir werden still beerdigt", so Stenzel.

Die beiden Betriebsräte wollen weder Schuldzuweisung betreiben noch anklagen - doch sie möchten den Blick auf die Situation der langjährigen Kollegen lenken. "Viele haben ja über 40 Jahre lang bei Frommholz gearbeitet."

Viele hätten quasi Geld gegeben, um den Fortbestand ihres Arbeitgebers zu sichern: Seit 2007 haben sie bereits auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet. Doch nun sei kein Geld mehr für einen finanziellen Ausgleich da.

"Aber wenn es dann heißt, es sei eine gute Eigenkapitaldecke für die fortführende Gesellschaft da, dann ist das schon ein Schlag ins Gesicht", monieren sie. Gerade im Angesicht der demografischen Entwicklung sehen sie jeden Arbeitgeber in der sozialen Verantwortung, sich um eine finanzielle Altersabsicherung der Mitarbeiter Gedanken zu machen. "Seit 2007 hat die Belegschaft viel Lohn dazugeschossen", sagen Jonescheit und Stenzel. "Und jetzt heißt es: Ihr seid zu teuer." Das sei schon sehr bitter.

Eine Transfergesellschaft fehle, dafür sei kein Geld da. "Wenn einige Kollegen dort hätten unterkommen können, wäre das sicherlich positiv - nicht nur für die finanzielle Absicherung im Alter." Dies gelte besonders für denjenigen, die schon lange bei der Firma Frommholz tätig waren.

Eberhard Jonescheit und Bernd Stenzel hätten sich eine "faire Lösung" erhofft. "Die Betriebsleitung hätte von Anfang an mit offenen Karten spielen sollen. Und sie hätte schon vor geraumer Zeit so etwas wie einen Masterplan anbieten können." Damit wäre es für Mitarbeiter vielleicht möglich gewesen, sich "bis zur Rente hinhangeln zu können."

So aber sei die Information von der bevorstehenden Insolvenz des Unternehmens sehr kurzfristig und erschreckend gewesen.

"Der Betriebsrat hat oft versucht, sich mit Vorschlägen für eine bessere Auslastung einzubringen. Aber die wurden stets abgeschmettert mit dem Argument: Zu teuer." Sie hätten ihren Beitrag leisten wollen, hätten konkret mitgedacht und wollten sich einbringen - aber nichts habe sich geändert. "Das war frustrierend."

Die Produktion sei immer stärker ins Ausland verlegt worden. "Alles, was nach hohen Produktionszahlen aussah, ist nach Polen geschoben worden", monieren sie.

Seit Jahren sei im Betrieb immer wieder schon Kurzarbeit gefahren worden. Nun fühlen sich die gut ausgebildeten Fachkräfte in dem alteingesessenen Spenger Betrieb auf das Abstellgleis geschoben.

Der Mensch stehe schon lange nicht mehr im Mittelpunkt - wie auch bei anderen Firmen in Deutschland. "Auch bei VW kriselt es ja heftig im Augenblick." Viele Chefs und Manager hätten nicht mehr das große Ganze im Blick. "Dabei müssten doch gerade sie ein Gefühl für die Leute, und wie es ihnen geht bei der Arbeit und im Leben, haben", moniert Stenzel. "Wenn es diese Werte schon nicht mehr gibt - was wollen wir den jüngeren Menschen da mitgeben auf ihren Lebensweg?"

Die Frommholz-Insolvenz sei nicht arbeitnehmerfreundlich. "Alle Gespräche waren enttäuschend." Auch die Gewerkschaft habe nicht wirklich helfen können aufgrund der Rahmenbedingungen.

Information

Vertriebsgesellschaft

Anfang Juli 2016 wurde für Frommholz der Insolvenzantrag gestellt. 44 Mitarbeiter in der Produktion erhielten die Kündigung. Mit 21 Mitarbeitern soll das Unternehmen als eigenständige Vertriebsgesellschaft weitergeführt werden.

Diese Firma soll Möbel verkaufen, die nach Frommholz-Maßangaben von Partnerfirmen in Osteuropa hergestellt werden. Bereits seit Jahren wurden 50 bis 70 Prozent der Frommholz-Möbel in polnischen oder ungarischen Firmen gefertigt.