
Spenge-Wallenbrück. Vor zwölf Jahren begann Gerd Heining mit der Recherche. Er durchstöberte alte Protokollbücher und Aufzeichnungen, die ihm einen Einblick in die Vergangenheit des Wallenbrücker Posaunenchors gewährten. Immer wieder schrieb der 78-Jährige seine Beobachtungen nieder. Anlässlich des diesjährigen 150. Jubiläums fasste der Chor seine Texte in einer 70 Seiten starken Festschrift zusammen: Ein Rückblick auf die historischen Anfänge des Chores. Gestern feierte der Chor mit einem Festgottesdiens, vielen Ehrengästen und vor allem in einer voll besetzten Wallenbrücker Kirche das Jubiläum.
Im Jahr 1865 begann die Geschichte des Posaunenchores, als Pastor Emil Jellinghaus den "Evangelischen Jünglingsverein zu Wallenbrück" gründete. Jünglingsvereine entstanden im Zusammenhang mit der Erweckungsbewegung. Zur Wahrnehmung ihrer religiösen Interessen traten "erweckte" Christen zu Vereinen zusammen. Damit brachen sie aus der ständischen Gesellschaftsordnung aus: "Vereine waren damals prinzipiell etwas Neues, weil sie ein demokratisches Element enthielten", berichtet Heining.
"Die Obrigkeit, Staat und Kirche, beobachteten diese Entwicklungen mit Argwohn. Schließlich wurde die Ständeordnung damals als gottgewollt aufgefasst", sagt Heining.

Die Vereine aber organisierten sich weitestgehend selbst und standen allen sozialen Schichten offen: "Die Bläser des Vereins, bestehend aus Knechten und Bauern, traten in den Kirchen vor die Gemeinde. Die emanzipatorische Bewegung ist mit der Bläserei eng verbunden", erklärt Heining.
Eine intensive Partnerschaft entwickelte sich ab 1981 zwischen den Posaunenchören der Kirchengemeinden Schwanebeck bei Bernau (Brandenburg) und Wallenbrück. „Durch jährliche Treffen erfuhren wir viel über die gesamtdeutsche Wirklichkeit und blieben immer auf dem Laufenden“, erzählt Gerd Heining, der von 1973 bis 1975 sowie von 1977 bis 2004 die Leitung des Wallenbrücker Posaunenchores inne hatte.
Unter Johannes Kuhlo sei es in den 1890er Jahren zu einer widersprüchlichen Entwicklung des Vereins gekommen. Der emanzipatorische Grundgedanken kollidierte mit der autoritären Leitung des kaisertreuen Pastors. "Das war für mich ein besonders interessanter Punkt", sagt Heining. Die politisch konservativen Ansichten Kuhlos zeigten sich unter anderem in einem Auftritt der Bläser zur Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals an der Porta Westfalica.
"Für die Entwicklung hin zu einem Posaunenchor hat Kuhlo aber Entscheidendes geleistet", stellt Heining heraus. So hätte die Bedeutung der Bläserarbeit unter seiner Leitung stetig zu genommen.
Auch im Anschluss an die "Kuhlo-Zeit" konzentrierte sich der Verein mehr und mehr auf die musikalische Praxis. Nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden sich die Mitglieder schließlich, dem Posaunenwerk der Evangelischen Kirche von Westfalen beizutreten. Seit dem gehört der Wallenbrücker Posaunenchor dessen Herforder Kreisverband an.
Heute sei der Posaunenchor einer der lebendigsten und nachhaltigsten Bereiche der Kirchengemeinde.
So sei der Chor seit 1981 auf jedem Kirchentag aufgetreten und würde seit Jahrzehnten kontinuierlich Jugendarbeit betreiben.
Heining: "Der Chor holt junge Leute in die Gemeinde. In keiner anderen Kirchengruppe gibt es eine solche Bandbreite an Altersgruppen."