Beratungsangebot

Auf Hilfe der Enkel verzichten: Neue Sprechstunde für Senioren bei der VHS Löhne

Smartphones, Tablets, Software: Die VHS in Löhne bietet ein neues EDV-Sprechstundenkonzept für Senioren an. Die Idee: Hilfe zur Selbsthilfe durch individuelle Beratung - ganz ohne Hemmungen. 

Dozent Jürgen Hügle (v. l.) führt durch die vhs-Sprechstunde. Hier erklärt er Siegfried und Christa Steil die Nutzungsmöglichkeiten eines QR-Codes. | © Danielle Dörsing

Danielle Dörsing
20.04.2024 | 27.04.2024, 13:42

Löhne. Siegfrieds Steils Smartphone schaltet sich nach sehr kurzer Zeit in den Stand-By-Modus: „Ich verstehe nicht, warum der Bildschirm immer ausgeht, obwohl ich doch noch gar nicht fertig bin“, klagt der 80-Jährige. Zusammen mit seiner Frau Christa ist er in der EDV-Sprechstunde der Volkshochschule (VHS) Löhne.

Dozent Jürgen Hügle erklärt, wie er in das Einstellungsmenü seines Gerätes findet und stellt mit ihm gemeinsam eine neue Helligkeitsdauer ein. Mit viel Witz und Humor, aber auch Verständnis und Einfühlungsvermögen versucht Hügle alle Fragen und Probleme anzugehen: „Wir sind alle hin und wieder von den Funktionen und Einstellungen unserer Smartphones verwirrt. Vieles davon habe ich bei mir selbst auch noch nie benutzt“, fügt er mit einem Zwinkern hinzu.

Seit Anfang des Jahres gibt es das neu entwickelte Sprechstundenformat. Entstanden ist die Beratungsreihe als Antwort auf die kürzlich vorgestellte Studie der VHS, die die Internetnutzung von Senioren in Löhne untersucht hat: „Die Studie hat ergeben, dass ein breites Beratungsangebot gewünscht und benötigt wird. Viele haben sich auch eine Hotline gewünscht, aber das ist für uns so nicht umsetzbar. Deshalb haben wir ein Alternativangebot entwickelt, was dem individuellen Charakter gerecht wird“, erklärt die stellvertretende VHS-Leitung Maria Beine-Diekmeyer. Sie hat nicht nur die Studie entwickelt und ausgewertet, sondern auch zusammen mit Hügle die Beratungsmöglichkeit konzipiert.

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Mehr Zeit für individuelle Fragen

Einmal in Monat organisiert Jürgen Hügle nun die Eins-zu-eins-Beratung im EDV-Raum der Volkshochschule. Er ist ausgebildeter Fotograf und gibt seit vielen Jahren, neben EDV-Kursen, auch Fotografie-Kurse an der VHS. Viele ältere Teilnehmer würden sich in den großen Kursen unwohl fühlen: „Dort haben viele Hemmungen ihre Fragen zustellen“, so der Dozent.

Ein klassischer Kurs gäbe wenig Raum für individuelle Sorgen und Probleme: „Dozierende haben ein Programm vorbereitet, das sich an viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer richtet. Auch wenn natürlich immer Zwischenfragen gestellt werden können, fehlt in der großen Gruppe häufig die Zeit, Dinge auszuprobieren oder sich mit individuellen Problemen zu beschäftigen. Das kann für beide Seiten schnell zu Frustration führen“, erklärt Hügle.

Diese Erfahrung habe auch Christa Steil gemacht: „Wir haben bereits an einem Gruppenkurs teilgenommen, aber es war sehr schwierig, dort wirklich mitzukommen. Ich habe mich unwohl gefühlt, meine zu Fragen zu stellen, da nicht alle Teilnehmer auf dem gleichen Stand gewesen sind.“ In der Beratung sei das anders: „Hier kann ich gezielt Fragen stellen und vor allem auch direkt ausprobieren, was wir besprechen - auch mehrmals, wenn es sein muss. Es gibt keinen Zeitdruck, das ist sehr entlastend“, sagt die 80-Jährige.

Das Ziel: Eigenständigkeit

Für das Ehepaar Steil sei die VHS-Beratung eine große Hilfe. Seit Beginn der Kursreihe haben sie deshalb bereits vier Termine genutzt: „Unsere Enkelin hat uns vorher viel unterstützt, aber auch die kann nicht immer vor Ort sein. Wir möchten das selbst können, beziehungsweise uns so mit Technik zurechtfinden, dass wir für das Nötigste keine Unterstützung mehr brauchen“, erklärt Siegfried Steil. Mit dem „Nötigsten“ meint das Ehepaar die Nutzung des Messenger-Dienstes WhatsApp, das Aufnehmen und Verschicken von Fotos, E-Mails empfangen, aber auch die sichere Nutzung von Suchmaschinen.

Gleichzeitig sei es laut seiner Ehefrau Christa schwierig, sich, trotz Motivation und Freude, in dem unbekannten Feld zurechtzufinden: „Es gibt ständig Neuerungen. Gleichzeitig fehlen mir häufig Begriffe und Bezeichnungen, um mich selbst zu informieren. Wie soll ich denn fragen, wie etwas funktioniert, wenn ich nicht weiß, wie es heißt?“

Weitere Konzepte sind in Planung

Eine Beratung dauert eine dreiviertel Stunde, an einem Termin gibt es die drei Zeitfenster. Anmelden kann man sich telefonisch, persönlich oder auf der Website der VHS: „Wir empfehlen, das Telefon zu nutzen. Im Gespräch können wir so das Zeitfenster bestimmen und schon einmal Themen, Fragen oder Probleme notieren, auf die sich dann auch der Dozent vorbereiten kann“, erklärt Maria Beine-Diekmeyer. Das Angebot ist aktuell kostenpflichtig: „Wir versuchen jedoch, eine Möglichkeit aufzutun, um auch diese Hürde abzubauen,“ ergänzt sie.

Auch weitere Konzepte seien in Planung: „Insbesondere alles rund um das Thema Sicherheit wirf bei vielen Fragen auf. Sei es das Erstellen eines Accounts, Online-Banking, Datenschutz, aber auch das Erkennen von Spam und Phishingmails - es gibt großen Beratungsbedarf.“ Deshalb suche sie dringend nach weiteren Dozierenden: „Wer Lust und Geduld hat, an einem Projekt mitzuwirken, ist herzlich eingeladen, sich bei uns zu melden. Breite IT-Kenntnisse sind keine Voraussetzung, auch das Alter ist egal,“ so Maria Beine-Diekmeyer.

Die nächste Beratungsmöglichkeit wird am Donnerstag, 16. Mai, angeboten. Jürgen Hügle motiviert: „Es gibt keine dummen Fragen. Sich auch mit Bereichen auseinanderzusetzen, die neu und unbekannt sind, ist sehr mutig. Sie sind nicht alleine,“ sagt der Dozent.