Leiterin der Stadtbücherei Löhne geht in den Ruhestand

Löhne. Tausende von Büchern umgeben Gertrud Robbes. So kennen sie die Löhner. Sie sitzt in der Stadtbücherei an einem Tisch. Dort ist sie jetzt nur noch zu Gast. Sie geht im März in den Ruhestand, ist aber schon nicht mehr im Dienst, weil sie noch Urlaub hat. So richtig vorstellen kann man sich die Bücherei ohne Robbes nicht. In mehr als 33 Jahren hat sie die Einrichtung geprägt wie keine andere. An den Fall der Mauer am 9. November 1989 und die spannende Phase danach kann sich Robbes noch gut erinnern. Allerdings nicht, weil sie die sich überschlagenden Ereignisse in der DDR verfolgte. &bdquo;Am 20. November 1989 habe ich hier angefangen. Die ganze Wendephase ist an mir vorüber gegangen, weil sich mein Leben durch den neuen Job in Löhne völlig verändert hat. Ich war wie in einem Tunnel unterwegs“, erinnert sie sich. Gertrud Robbes stammt aus Recke im Tecklenburger Land. Aufgewachsen ist sie auf einem Bauernhof. &bdquo;Lesen war für mich immer ein Thema.“ Karl May, Liebesromane, Hanni und Nanni, Fünf Freunde, Die drei Fragezeichen. Eine Stadtbücherei gab es in Recke nicht. Dafür aber eine katholische öffentliche Bibliothek. &bdquo;Die hatte immer Sonntagsmittags nach der Kirche geöffnet. Dort habe ich mir viele Bücher geliehen. Die Bibliothek gibt es heute noch“, sagt sie. Ausbildung zur Buchhändlerin Nach dem Abitur stand für sie fest, dass sie auf keinen Fall Lehrerin werden wollte. &bdquo;Diese Idee hätten damals viele gehabt. Es war aber in den 70er Jahren schwierig, eine Stelle zu finden.“ Sie beschloss, ihr Hobby zum Beruf zu machen. &bdquo;So schätzte ich jedenfalls den Beruf der Bibliothekarin ein. Das mache ich, weil ich da viel lesen kann, habe ich gedacht.“ Dass diese Vorstellung nicht viel mit der Wirklichkeit zu tun hat, sollte sie später herausfinden. Zunächst machte sie eine Buchhändlerinnenlehre. &bdquo;Das hat mir aber nicht gut gefallen. Da habe ich den Druck, Bücher zu verkaufen, auch wenn sie nicht gut waren, immer als sehr negativ empfunden. In einer Bücherei ist das ganz anders. Da empfehle ich den Leuten Bücher, die mir gefallen. Und wenn ich damit auch den Geschmack der Nutzer treffe, dann freue ich mich.“ Der nächste Schritt war das Studium der Bibliothekswissenschaften in Münster. Nach dem Abschluss im Jahr 1981 arbeitete sie kurz in einer Buchhandlung in Ibbenbüren und dann im Rahmen einer ABM-Maßnahme in der dortigen Stadtbücherei. Von einer Bekannten erfuhr sie, dass in Löhne eine Stelle als Leiterin der Stadtbücherei frei war. Sie bewarb sich und wurde genommen. Spannendes Projekt im Bahnhof &bdquo;Als ich damals hier anfing, war die Bücherei topaktuell. Sie hatte im Jahr 1985 eröffnet“, sagt sie. Heute ist das Gebäude in die Jahre gekommen. Wenn der Bahnhof umgebaut ist, zieht die Bücherei komplett um. Schon jetzt stehen Bücherregale im Alten Wartesaal. Die Bücherei organisiert dort Veranstaltungen und betreut verschiedene Gruppen. &bdquo;Der Bahnhof als Dritter Ort ist ein ganz faszinierendes Konzept“, sagt sie. Die Mediennutzung hat sich in den Jahrzehnten stark verändert. Neben Büchern gehörten elektronische Medien lange zum Sortiment der Stadtbücherei. &bdquo;Zu Beginn habe ich hier noch Audio-Kasetten verliehen. Lange waren DVDs sehr beliebt. Das wird durch das Streaming deutlich weniger. Der absolute Renner bleiben die Tonieboxen“, sagt sie. Für den Audioplayer werden in der Bücherei die Tonies verliehen. Bestand hat in den Zeiten der Digitalisierung das gedruckte Buch. Allerdings habe sich das Leseverhalten verändert. &bdquo;Sachbücher werden weniger ausgeliehen. Da spielt es sicherlich eine Rolle, dass man viele Informationen im Internet bekommen kann. Romane mit vielen Seiten werden auch weniger gelesen.“ Bestseller aus dem Booktok-Regal Dass junge Menschen weniger lesen als früher, könne man so nicht sagen. &bdquo;Entscheidend ist, was man ihnen anbietet“, sagt Robbes und zeigt auf das Booktok-Regal in der Bücherei. Dort stehen Bücher, die von Autoren auf der App TikTok in dem Bereich &bdquo;Bücher und Literatur“ empfohlen werden. &bdquo;Das sind häufig junge Frauen, die damit genau den Geschmack von jungen Leserinnen treffen. Diese Bücher sind gefragt.“ Ungebrochen sei der Boom bei den Regionalkrimis, während der Run auf Fantasy-Literatur etwas nachgelassen habe. Die Bestseller-Liste aus dem Nachrichtenmagazin &bdquo;Der Spiegel“ sei in ihrer Bedeutung schon seit Jahrzehnten wichtig. &bdquo;Die bleibt der Gradmesser. Die Bücher müssen wir haben.“ Mit der Auswahl für die Medien für die Stadtbücherei hatten Robbes und ihr Team immer ein gutes Händchen. Die Ausleihzahlen sind gut, und durch die die ständige Anpassung des Bestands auf das Leseverhalten der Löhnerinnen und Löhner ist die Stadtbücherei im Kulturleben der Stadt fest verankert. Lesung mit Hardy Krüger Dazu tragen die auch die Lesungen bei, die Robbes immer wieder organisiert hat. Eines der Highlights war der Auftritt von Hardy Krüger im November 2007, den sie gemeinsam mit der Buchhandlung Dehne organisiert hat. &bdquo;Das war ein toller Abend und Hardy Krüger war ein sehr sympathischer und entspannter Gast“, erinnert sie sich. In Zukunft kann sich 65-Jährige ganz darauf konzentrieren, Bücher und Kulturveranstaltungen zu genießen. &bdquo;Es ist schön, dass der Wecker morgens nicht mehr klingelt.“ Aktiv werde sie allerdings weiter bleiben. &bdquo;Ich bin Vorsitzende der AWO Löhne-Bahnhof, sitze für die SPD im Kreistag und engagiere mich im Hospizkreis“, sagt sie. Da werde auch im Ruhestand nicht die Gefahr bestehen, dass ihr langweilig werde.

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