Blitzer-Bilanz belebt Debatte um Radfahrer-Sicherheit in Löhne

Löhne. Es ist ein symbolträchtiges Datum, das der Kreis Herford gewählt hat. Vergangenen Dienstag stellte die Behörde ihren mobilen Blitzer an der Ellerbuscher Straße auf - und damit fast auf den Tag genau zwei Jahre nach dem schweren Verkehrsunfall, bei dem eine damals 14-jährige Radfahrerin an genau dieser Stelle von einem Auto erfasst worden war. Seither wurde viel gestritten und debattiert, auch etliche zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wurden installiert. Dennoch dürfte die Bilanz der temporären Radarfalle nun aufhorchen lassen - und die Diskussionen auf politischer Ebene neu entfachen. Zu übersehen war der Anhänger kaum. Auf dem Grünstreifen neben der Fahrbahn, direkt auf Höhe der Mittelinsel an der Kreuzung zur Ulenburger Allee, war er vom Kreis platziert worden. Und das aus gutem Grund, wie Kreissprecher Patrick Albrecht bestätigt. Grundsätzlich wähle der Kreis als Standorte für den mobilen Blitzeranhänger Unfallhäufungsstellen, Schulen und Kindergärten, Streckenabschnitte mit hohen Geschwindigkeiten oder weitere neuralgische Gefahrenpunkte. Der Messpunkt an der Ellerbuscher Straße hingegen war wegen Vorkommnissen und Entscheidungen der jüngeren Vergangenheit ins Visier geraten. Schwerer Unfall sorgte für lebhafte Debatten Gleich mehrere Straßen und Wege werden hier zusammengeführt: Die Allee des Grundgesetzes aus südlicher, der Radweg entlang des Rehmerloh-Mennighüffer Mühlenbaches aus nördlicher Richtung, dazu die Ulenburger Allee vom Nordwesten her. Sie alle treffen sich an diesem einem Punkt an der Ellerbuscher Straße, der Hauptverkehrsachse zwischen Löhne und Kirchlengern, wo täglich unzählige Lastwagen und Autos entlangrauschen. Querende Radfahrer haben es hier besonders schwer. Erschreckend deutlich wurde das am 6. September 2021. An diesem Tag beabsichtigte eine junge Löhnerin, die Ellerbuscher Straße mit ihrem Rad zu überqueren. Dabei wurde sie von einem Pkw erfasst und schwer verletzt. Rettungskräfte leisteten Erste Hilfe, ein Rettungshubschrauber brachte das Mädchen schließlich in ein Krankenhaus. Wenige Tage später war sie zwar außer Lebensgefahr. Der Vorfall aber hallte nach und bestimmte über Wochen und Monate die Diskussionen rund um die Radfahrsicherheit in der Werrestadt. Was hat das Tempolimit gebracht? Mehrere Maßnahmen wurden in der Folge diskutiert, verworfen oder umgesetzt: Die Einsicht in die unübersichtliche Stelle wurde durch zurückgeschnittene Büsche erhöht, neue Schilder kamen zum Einsatz, eine Absperrung sollte Radfahrer an einer diagonalen Querung hindern. Nach etlichen Streitereien setzte die Stadt Löhne zudem gegenüber Straßen NRW ein Tempolimit durch. Der zuständige Landesbetrieb hatte sich lange gegen eine solche Maßnahme gewehrt und unter anderem auf zu geringe Unfallzahlen an besagter Stelle verwiesen. Die Geschwindigkeitsbegrenzung gilt nun schon seit Anfang März vergangenen Jahres. Auf einem etwa 400 Meter langen Teilstück der Landesstraße dürfen Autofahrer seither mit maximal 50 Kilometern pro Stunde unterwegs sein. Und genau dieses Tempolimit hat der Kreis Herford nun in den Blick genommen. "Wenn die Stadt dort die Geschwindigkeit schon neu regelt, dann sollte diese auch überwacht werden", begründet Patrick Albrecht. Zumal die Geschehnisse und Debatten der Vergangenheit noch nicht ganz verstummt seien. Experten halten Maßnahmen für unzureichend Vier Tage lang wurde daher ein mobiler Blitzer an besagter Stelle installiert. In Fahrtrichtung Kirchlengern überwachte er dort das Tempo. Und das hatte es oft in sich, wie die jetzt vorliegende Bilanz zeigt: Stolze 156 Mal löste das Messgerät nach Angaben von Patrick Albrecht aus. Pro Tag kam die Radaranlage damit auf nicht weniger als 40 Geschwindigkeitsverstöße. "Der größte Verkehrssünder war dabei mit 91 km/h unterwegs, ihn erwarten nun zwei Punkte in Flensburg, ein Monat Fahrverbot und 320 Euro Bußgeld", sagt Albrecht. Dass noch immer Autofahrer mit einer derart hohen Geschwindigkeit unterwegs sind, löst bei Radfahrexperten Besorgnis aus. Georg Hofemann vom Löhner ADFC etwa erinnert sich noch gut an die Begründung für das Tempolimit von 50 km/h an besagter Stelle. "Das wurde eingeführt, damit Autofahrer bei kreuzendem Radverkehr rechtzeitig anhalten können. Das ist bei Tempo 90 oder mehr aber nahezu unmöglich", sagt er. Insofern hält er es zumindest für fraglich, ob die bislang getroffenen Maßnahmen tatsächlich ausreichen, um die Sicherheit für Radfahrer an der Ellerbuscher Straße zu erhöhen. Neuer Anlauf für Bedarfsampel Sinnvoller wäre aus seiner Sicht die Errichtung einer Bedarfsampel für Zweiradfahrer. Eine solche hatten sowohl der ADFC, als auch die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in der Vergangenheit mehrfach gefordert. Der Wunsch war allerdings an Straßen NRW abgeprallt. Die Behörde hatte argumentiert, dass Bedarfsampeln nur für Fußgänger aufgestellt werden dürfen, deren Zahl an der Ellerbuscher Straße aber nicht hoch genug ausfielen. "Die hohe Menge der Radfahrer wurde hingegen zwar registriert, bei der Entscheidung aber vollständig ignoriert", beklagt Hofemann. Dabei zeige die jetzt erfasste Zahl von Autos, die noch immer zu schnell unterwegs sind, dass eine Ampel deutlich mehr bringen würde. "In den Köpfen der Menschen kostet ein bewusstes Überfahren einer roten Ampel eine deutlich höhere Überwindung, als das bewusste Übertreten der Höchstgeschwindigkeit", ist Hofemann überzeugt. Er möchte nun einen neuerlichen Versuch unternehmen. "Vielleicht geben die Blitzerzahlen ja auch anderen zu denken", so seine Hoffnung. Blitzer im Testbetrieb Das Messgerät gehört übrigens nicht dem Kreis Herford, sondern ist lediglich geliehen – zu Testzwecken im gesamten Kreisgebiet. &bdquo;Es ist das zweite Modell eines semistationären Messsystems, das der Kreis Herford für insgesamt drei Monate testet. Der mobile Blitzer-Anhänger, der derzeit im Einsatz ist, wird seit Ende Juni getestet. Das vorherige Modell wurde ab Mitte März dieses Jahres für drei Monate getestet“, so Albrecht. Nach Ende der Testphase wird sich der Kreis dann für eines der beiden Modelle entscheiden. &bdquo;Dieses wird dann angeschafft und kommt dauerhaft zum Einsatz.“

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