Dieser Löhner versorgt sich zu 70 Prozent selbst mit Energie

Löhne. Guntram Sauermann drückt auf den Knopf seines Wasserkochers in der Küche. Ein paar Meter weiter, im Bad, hat Sauermann seine Energiezentrale. Auf einem Display sieht man Sekunden später den Effekt: Der Strom für das Kaffeewasser kommt aus dem Speicher der Familie, weil die Sonne gerade nicht scheint. Die Sauermanns haben kräftig in eine möglichst hohe Unabhängigkeit bei der Energieversorgung investiert. Dafür wurden sie gemeinsam mit 15 anderen Preisträgerinnen und Preisträgern im Sanierungswettbewerb des Kreises Herford ausgezeichnet. 1.000 Euro Preisgeld gab es für die Sieger. Sauermann wurde für sein ausgeklügeltes Energiekonzept geehrt. Auf dem Dach seines Hauses befindet sich eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage), an der Fassade hat er PV-Elemente installiert, die er vorher für ein kleines Balkonkraftwerk verwendet hat. Vor dem Gebäude steht eine Wärmepumpe. Im Haus befindet sich ein Speicher mit einer Kapazität von neun Kilowatt, in den nächsten Tagen wird eine Speichererweiterung mit drei Kilowatt Kapazität geliefert. "Rund 70 Prozent unseres Energiebedarfs können wir so abdecken. Dazu gehört auch ein Elektroauto", sagt Guntram Sauermann. Den Strom dort verbrauchen, wo er erzeugt wird "Im Sommer haben wir zuviel, im Winter zuwenig", bringt es der Ingenieur auf den Punkt, der im Kollektiv der Ulenburger Biogärtner arbeitet. Dass die Sauermanns überhaupt auf den hohen Wert von 70 Prozent kommen, haben sie dem Speicher zu verdanken. Ein PV-Anlage ohne Speicher macht nicht nur nach Sauermanns Überzeugung keinen Sinn. "Es ist sehr ärgerlich, wenn man Strom mit seiner PV-Anlage auf dem Dach erzeugt, für das Einspeisen wenig Geld bekommt und den Strom dann wieder für viel Geld kauft, den man gerade auf seinem Dach erzeugt hat. Es ist eine coole Geschichte, den Strom dort zu verbrauchen, wo er erzeugt wird." Zu teuer ist es, Speicher für den gesamten Energiebedarf des Hauses zu kaufen. "Dem Wasserstoff gehört für größere Lösungen die Zukunft", ist sich Sauermann sicher. Denkbar seien die Quartierslösungen, mit denen eine Wasserstoffanlage ganze Wohnviertel abdeckt. Über solche Konzepte denkt auch Stadtwerke-Chef Matthias Kreft nach. Nicht weitere 20 Jahre Putins Gas Vor der Umrüstung waren die Sauermanns mit ihrem Haus an eine Gasheizung angeschlossen, die mehrere Häuser im Irisweg mit Energie versorgt hat. "Das war ein Modellprojekt von Stadt und Energieversorger", sagt er. Als der Wechsel zu einer modernen Gasheizung anstand, haben sich die Sauermanns daran nicht mehr beteiligt. "Wir wollten nicht für weitere 20 Jahre für Putins Gas unterschreiben", sagt er. Diese Entscheidung sei schon lange vor dem Angriff Russlands in die Ukraine gefallen. Sauermann befasste sich intensiv mit den Optionen, die sich für einen Altbau bieten. Das waren einige, obwohl die Bedingungen nicht optimal sind. Die PV-Anlage ist auf der Nordseite des Dachs installiert. "Früher wurde immer die Südseite empfohlen. Heute geht es auch auf der Nordseite, weil die Anlagen mittlerweile deutlich günstiger sind." Ein anderer weitverbreiteter Irrtum sei, dass Wärmepumpen nur in Neubauten sinnvoll seien. "Die lassen sich auch in jeden Altbau einbauen, sind dann aber nicht so effektiv." Hohe Förderung für die Umrüstung Diese Kostendiskussionen haben durch die massiv gestiegenen Energiepreise jetzt eine ganz andere Grundlage. "Die Umrüstung unseres Hauses hat 70.000 Euro gekostet. Davon wurde ein Drittel gefördert, so dass wir 47.000 Euro selber finanzieren müssen." Mit Blick auf die Gaskosten vor der Ukraine-Krise hätten die Sauermanns höhere Finanzierungskosten durch die Umrüstung gehabt. "Diese Rechnung hat sich jetzt total zerschlagen. Es wird auf keinen Fall teurer." Ganz unabhängig davon, dass sich die Investition jetzt schneller auszahlt, geht es Sauermann um deutlich mehr: "Stellt man sich die Frage, ob sich ein Auto rechnet oder ob man die Kosten eines neuen Badezimmers wieder reinholt?" Viele Menschen würden für ihren Lebensstil eine Menge Geld ausgeben, dass dann nicht mehr für die eigentlich wichtigen Investitionen in die Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehe. Am Sanierungswettbewerb des Kreises Herford haben sich viele Menschen beteiligt. 15 von ihnen wurden für ihre Projekte in einer Feierstunde am 30. September geehrt. Sie alle erhielten ein Preisgeld von je 1.000 Euro. Durch den Wettbewerb sollen Anreize für die energetische Sanierung des Eigenheimes oder von Wohn- und Gewerbegebäuden gesetzt und zudem die Energieeinspar-Möglichkeiten insbesondere bei Sanierungsmaßnahmen im Bestand herausgestellt werden. So stand es in der Pressemitteilung des Kreises. Energie sparen in Zeiten des Krieges &bdquo;Wir sehen gerade in Zeiten des Ukraine-Krieges, wie eminent wichtig es ist, Energie einzusparen. Und heute Abend sehen wir viele tolle Beispiele, wie das mit einer energetischen Gebäudesanierung funktionieren kann“, sagte Landrat Jürgen Müller. Veröffentlich wurde eine Liste der Namen der Preisträger. Es fehlte allerdings eine konkrete Beschreibung der Projekte. "Eine Website oder eine andere öffentlichkeitswirksame Aufarbeitung der Gewinnerprojekte des Sanierungswettbewerbes befinden sich derzeit in der juristischen Prüfung, da hier datenschutzrechtliche Aspekte zu beachten sind. Sobald dies geklärt ist, wird der Kreis darüber entscheiden, ob und wie die Gewinnerprojekte für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können", schreibt Patrick Albrecht von der Pressestelle des Kreises.

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