"Wir erleben einen dramatischen Einbruch": Für viele Löhner endet der Traum vom Haus

Löhne. Wer in Löhne unterwegs ist, der sieht an vielen Straßen Baustellen. Einfamilienhäuser entstehen, auch Mehrfamilienhäuser werden gebaut. Die niedrigen Zinsen für die Baufinanzierung haben auch in der Werrestadt in den letzten Jahren zu einem Bauboom geführt. Die goldenen Zeiten für Häuslebauer sind jedoch zumindest vorerst zu Ende. Für viele Menschen zerplatzt gerade der Traum vom Haus, weil die Kosten massiv gestiegen sind. "Wir erleben einen dramatischen Einbruch. Die Nachfrage ist abrupt zurückgegangen", sagt Olaf Schweneker. Mit seinem Unternehmen baut er in der ganzen Region überwiegend Einfamilienhäuser. Viele Jahre waren die Zinsen für Baufinanzierungen auf historisch niedrigem Niveau. Auch viele Familien mit einem Durchschnittsverdienst konnten sich dank der günstigen Finanzierungskosten ein eigenes Haus leisten. Das wird für viele Familien auch mit einem höheren Einkommen jetzt deutlich schwerer. In einem Jahr hat sich die monatliche Belastung um 57 Prozent erhöht Das macht Jörn-Uwe Wolff, Bereichsdirektor Privatkunden bei der Sparkasse Herford, mit einer Beispielrechnung deutlich. Als Beispiel setzt er eine Kreditsumme von 300.000 Euro an. Dafür mussten die Kunden im Jahr 2021 noch 1,5 Prozent Zinsen und 2 Prozent Tilgung einkalkulieren. Aktuell liegt der Zinssatz bei 3,5 Prozent bei gleichbleibender Tilgung. Im Jahr 2021 machte das eine monatliche Rate von 875 Euro aus. Diese ist durch den deutlich höheren Zinssatz auf 1.375 Euro gestiegen. "In einem Jahr hat sich die monatliche Belastung um 500 Euro oder 57 Prozent erhöht für neue Immobilienkäufer. Dazu kommen die ebenfalls gestiegenen Nebenkosten zum Betrieb einer Immobilie", sagt Wollf. Entsprechend reagierten die Löhnerinnen und Löhner, die bauen wollten. "Es kommen kaum noch Aufträge rein. Wir haben noch gut zutun. Die Auftragsdecke wird aber immer dünner", sagt Olaf Schweneker. Wenig optimistisch blickt er ins nächste Jahr. Die gestiegenen Preise für Baumaterial seien da noch das kleinere Problem. "Die Menschen fragen sich, ob sie ihre Gasrechnung noch bezahlen können." Da stelle sich für viele die Frage nach einem eigenen Haus gar nicht. Kritisch bewertet er die Politik. "Diese Situation haben wir auch der zögerlichen Haltung und dem Versagen der Politik zu verdanken." Sparkasse erwartet Beruhigung des Marktes Jörn-Uwe Wolff von der Sparkasse bestätigt den Trend. "Sofern mit dem Bauvorhaben noch gar nicht begonnen wurde und die Finanzierung noch nicht steht, kommen einzelne Bauherren schon ins Grübeln. Das Bauvorhaben verschieben, über kostengünstigere Ausführungsvarianten sprechen oder tatsächlich Abstand nehmen sind mögliche Optionen", sagt er. Mit Blick auf 2023 sagt er: "Die Tendenz der letzten Monate wird sich nach unserer Einschätzung fortsetzen. Wir erwarten, dass der in den letzten Jahren teilweise sehr dynamische Immobilienmarkt sich beruhigen und ein Stück weit normalisieren wird". Die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt sei von der weiteren Zinsentwicklung abhängig sowie der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung, der Materialkosten und der Verfügbarkeit von Handwerkerleistungen. "Bei den Finanzierungskosten bleibt abzuwarten, wie sich die Ankündigungen der Europäischen Zentralbank zu weiteren Zinserhöhungen auch im langfristigen Kapitalmarkt als Basis für Immobilienfinanzierungen niederschlagen", sagt Wolff. Potenzial bei der energetischen Sanierung Nicht nur beim Thema Neubau beobachtet Wolff diesen Trend. "Die Nachfrage nach Bestandsimmobilien ist rückläufig, wobei es uns in der Vermittlung immer noch gelingt, für nahezu jede Immobilie einen passenden Käufer zu finden. Die Dauer der Vermittlung steigt aber derzeit gegenüber den Vorjahren", sagt er. Potenzial sieht er bei der energetischen Modernisierung von Bestandsimmobilien. "Hierzu zählen zum Beispiel der Austausch der Heizungsanlage, der Einbau neuer Fenster oder die Dämmung der Gebäude. Für viele Eigentümer ist auch die Nutzung alternativer Energiequellen wie Photovoltaik oder Geothermie ein interessantes Thema". Uwe Wolfmeier von der städtischen Bauaufsicht hat einen Überblick über die Baugenehmigungen, die die Stadt erteilt. "Im Vergleich zum Vorjahr wird es weniger", sagt er. Allerdings bedeute die Erteilung einer Baugenehmigung nicht, dass sofort gebaut werden. "Ich bezweifle, dass es bei allen Baugenehmigungen, die wir erteilen, zur Umsetzung kommt." Wie stark die Neubautätigkeit zurückgeht, werde sich erst in den nächsten Jahren herausstellen. Auch er geht davon aus, dass es einschneidend wird. "Ich habe von unterschiedlichen Bauträgern gehört, dass es zu kompletten Stornierungen von Bauvorhaben gekommen ist."

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