Neuer Nordbahn-Lärmschutz wächst nach Westen - droht schon bald der Abriss?

Löhne. Die Mauer wächst, die Bauarbeiten für den Lärmschutz an der Nordbahntrasse schreiten voran. Die drei Meter hohe Wand auf dem Bahndamm in Melbergen zwischen der ehemaligen Schuhfabrik Luchs und dem Kohlenhof Gohfeld ist fast fertig. Tag und Nacht sind Arbeiter im Auftrag der Deutschen Bahn damit beschäftigt, den Lärmschutz entlang der Löhner Straße zu errichten. Anwohner der gegenüberliegenden Nordbahnstraße müssen dagegen noch zwei Jahre länger auf Lärmschutz warten. Der Steuerzahler lässt sich beide Wände rund acht Millionen Euro kosten. Allerdings ist derzeit völlig unklar, ob der nagelneue Lärmschutz überhaupt von Dauer sein wird. Bei einem Regionaltreffen wollen die Planer der ICE-Trasse Hannover-Bielefeld demnächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit ihre Ausbaupläne für die Nordbahn in Löhne vorstellen. Den Erläuterungen des Projektleiters für den Ausbau im Kreis Minden-Lübbecke zufolge, bedeutet das vermutlich auch in Löhne, dass die Bahn deutlich mehr Platz fordert als sie derzeit hat. Im Fall des Ausbaus nach den Kriterien des Planungsauftrags für den Bau einer Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Hannover und Bielefeld müsste der acht Millionen Euro teure Lärmschutz in Löhne womöglich wieder abgerissen werden. Dieser Planungsauftrag stammt noch von der alten Bundesregierung mit dem ehemaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und seinem Bahnbeauftragten Enak Ferlemann (CDU). Diese Alternativen prüft die Bahn Ein Projektteam der Bahn plant gleichzeitig auch Alternativen zum Hochgeschwindigkeits-Ausbau: eine Neubaustrecke und &bdquo;Hybridvarianten“, also Abkürzungen zwischen den bestehen Gleisen. Bisher hat das Projektteam nur &bdquo;Grobkorridore“ und grobe Übersichtskarten dazu veröffentlicht. In jedem Plan-Fall für Höchstgeschwindigkeit wäre Löhne aber erheblich von Gleisbau betroffen. Im Fall der Hybridvariante würde eine neue Schienenabkürzung womöglich das Gleis-Knäuel auf dem Löhner Bahnhof umfahren, aber zwischen Herford und Bad Oeynhausen quer durch den Gohfelder Wittel gebaut. Im Fall eines Ausbaus nach dem geltenden Planungsauftrag wollen die Planer Schnellzüge in der Mitte der vier Gleise bündeln und ohne störende Kurven und Bahnsteige von Hannover nach Bielefeld führen. Das soll größtmögliche Geschwindigkeiten erlauben. Güterzüge würden dann ausschließlich auf den äußeren Gleisen, also besonders nah an den Bahn-Anwohnern entlang rumpeln. Der Lärmschutz würde deshalb ganz neu aufgebaut, versicherte Projektleiter Carsten-Alexander Müller vor wenigen Tagen im Gespräch mit der NW. Im Ausbaufall würden nicht nur zwei, sondern vier Lärmschutzwände, auch zwischen den Gleisen, errichtet. Die Strecke würde jedoch erheblich breiter. Es ist jedoch umstritten, ob dieser vermutlich kostenintensive Hochgeschwindigkeitsaus- oder -neubau überhaupt nötig ist, um eine politisch gewollte Verkehrswende zu klimafreundlicher Mobilität zu schaffen. Oberstes Ziel von Verkehrspolitik sollte zuverlässiger und damit pünktlicher Schienenverkehr sein, sagen Kritiker wie der ehemalige Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Lothar Ibrügger (SPD). Die Ampel-Koalition schweigt sich dazu bisher aus. Verkehrsminister Andreas Wissing (FDP) hat auf eine Anfrage der NW bisher nicht geantwortet. Straßensperrungen im April Die Lärmschutzwand in Melbergen wird unabhängig von diesen Plänen fertiggestellt. Nach Angaben eines Bahnsprechers liegt die Baustelle im Zeitplan. Die Hauptarbeiten sollen bis Freitag, 11. Februar, abgeschlossen sein. Die Arbeiten an der Bahnbrücke über der Langen Straße/Ringstraße sind erst für April vorgesehen. Dann wird die Unterführung womöglich mehrere Wochen gesperrt. 2024 sollen die Bauarbeiten entlang der Nordbahnstraße beginnen. Diese Lärmschutzwand wird doppelt so lang werden und fast bis zur Polizeiwache Löhne hochgezogen. Grund für diese Verzögerung sind Gleissperrungen. Sperrpausen müssen teilweise Jahre vorher beantragt und genehmigt werden. Wie ein Bahnsprecher erläutert, werden die Bauarbeiten entlang der Strecke gebündelt durchgeführt, um die Beeinträchtigungen für Bahnreisende so gering wie möglich zu halten. Derzeit sperrt die Bahn das zur Löhner Straße gelegene Gleis und bittet Anwohner um Nachsicht für den Lärm der Bauarbeiten. Die lärmintensivsten Arbeiten, so der Bahnsprecher, würden aus Rücksicht auf die Anwohner tagsüber durchgeführt. Wenn die Lärmschutzwand zur Löhner Straße erst mal steht, soll sie den Lärm an den Anwohnerhäusern im Durchschnitt um acht Dezibel mindern. Pläne für Lärmschutz in Löhne-West Der Bau der weiteren Lärmschutzwände entlang der Nordbahn bis zur Stadtgrenze nach Herford wird derzeit vorbereitet. Anwohner in Löhne-West sollen in den nächsten Tagen von der Bahn über die anstehenden Arbeiten schriftlich informiert werden, kündigte der Sprecher an.Die Gleisverbindung der Nordbahn durch Löhne, die Köln-Mindener-Eisenbahnstrecke, wird im Oktober 175 Jahre alt. Der Ausbau auf vier Gleise erfolgte um 1914. Eine Lärmschutzwand hat es in den vergangenen Jahrhunderten jedoch noch nie gegeben. Die Bahn plant und baut den Lärmschutz von Ost nach West. Anders als in Löhne zunächst gehofft, sind die Bauarbeiten an der Stadt- und Kreisgrenze von Bad Oeynhausen jedoch abgebrochen und erst im Januar 2022 und damit drei Jahre später in Melbergen wieder aufgenommen worden. Diese Verzögerung erklärte der Bahnsprecher mit einer &bdquo;bundesweiten Priorisierung“ des Lärmschutzes durch das Verkehrsministerium, das die Bauabschnitte nach Städten unterteilt habe. Fun-Fact: Grün statt Blau Auf Wunsch der Löhner Stadtverwaltung wird die Lärmschutzwand in Löhne grün, wie der Bahnsprecher erläuterte. Die Wand in Bad Oeynhausen dagegen ist blau. Bahnreisende können also am Farbwechsel erstmals vom Zug aus die ungefähre Stadtgrenze am Osterbach erkennen, der erst durch die Abtretung von Teilen Melbergens an die Kurstadt zum Grenzbach geworden ist.

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