Reichlich Kritik an Impfaktion: Betroffene berichten von "schroffer Abfuhr"

Löhne. Auch zwei Tage nach dem Impf-Auftakt des Kreises Herford in der Löhner Werretalhalle reißt die Kritik an der Aktion nicht ab. Nachdem schon unmittelbar nach Beginn der Impfungen am Montagnachmittag erster Unmut über die angewandte Sechs-Monats-Frist laut wurde (die NW berichtete), tauchten im Anschluss auch missmutige Stimmen zur Organisation vor Ort auf. Dabei schwingt auch die Sorge mit, dass mögliche Impfwillige durch ihre Erlebnisse vor Ort nun Abstand von einer weiteren Immunisierung nehmen könnte. Die teilen die Organisatoren zwar nicht, dennoch stellt der Kreis eine Überprüfung der Abläufe zumindest in Aussicht. Die Türen der Werretalhalle waren noch nicht einmal geöffnet, da sammelten sich auch schon etliche Menschen auf dem Findeisenplatz. Bis hinter die Musikschule zog sich die Schlange zwischenzeitlich über mehr als hundert Meter - so viele Löhner waren gekommen, um ihren Coronaschutz auffrischen zu lassen. Der Kreis Herford hatte das Angebot unterbreitet, um möglichst vielen Menschen im Kreisgebiet eine sogenannte "Booster-Impfung" zu ermöglichen. So wie in allen anderen Kommunen sollte auch in Löhne der Kampf gegen die Pandemie einmal wöchentlich auf diese Weise verstärkt werden. Nach der Schließung des Impfzentrums in Enger eine willkommene Option für viele Werrestädter. Dichtes Gedränge in der Warteschlange Die aber wurden zum Teil enttäuscht. Etlichen Menschen nämlich wurde ihre dritte Impfung bereits am Eingang zur Werretalhalle verwehrt. Der Grund: Ihre letzte Spritze hatten sie vor weniger als sechs Montan erhalten. Das Angebot aber, so sagt der Kreis, sei ausschließlich für Menschen bestimmt, deren Immunisierung mindestens ein halbes Jahr zurück liegt. "Das hätte man durchaus auch klarer kommunizieren können", sagt eine Frau, die von der Ablehnung an der Pforte betroffen war. Laut Impfpass wäre sie am Dienstag für einen Booster berechtigt gewesen. "Warum man bei einem Tag keine Ausnahme machen kann und ich stattdessen in einer Woche wieder mein Glück versuchen muss, erschließt sich mir überhaupt nicht." Zumal nicht sicher gestellt sei, dass sie am kommenden Montag überhaupt bis zur Pforte durchdringe. "Bei dem Andrang muss man da schon Glück haben", sagt die Löhnerin. "Und ich muss mich ein weiteres Mal der Gefahr von Menschenmassen aussetzen." Ob das im Sinne des Erfinders ist, bezweifeln in der Tat viele Beobachter der Szenerie vom Montag. Augenzeugen berichten von dicht gedränten Ansammlungen und Grüppchen in der Warteschlange. Abstände seien häufig nicht eingehalten worden - auch, weil dafür gar nicht genug Platz zur Verfügung gestanden habe. "So gab es überhaupt keine Regulierung, auch der Ordnungsdienst hat nichts unternommen, um das Ganze zu entzerren", kritisiert ein Wartender. Sein Vorschlag: "Mit zwei separaten Schlangen wäre schon viel gewonnen." Andere Kommunen als positives Beispiel Das sehen auch zwei ältere Damen ähnlich, die den Nachmittag ebenfalls vor der Werretalhalle verbracht haben. Allerdings mit erheblichen Problemen. "Wir sind nicht mehr allzu gut auf den Beinen, deswegen ist uns das lange Anstehen sehr schwer gefallen", sagen sie. Zwar hätten sie letztlich bis zum Einlass durchgehalten und auch ihre ersehnte Auffrischungsimpfung erhalten. "Aber danach waren wir wirklich sehr erschöpft." Auch sie haben einen Verbesserungsvorschlag für den Kreis: "Es würde älteren Menschen wie uns sehr helfen, wenn sie von Helfern vielleicht einen Stuhl gebracht bekommen würden." Erschwerend hinzu kam am Montag auch die herbstliche Kälte. Gerade einmal 3 Grad Celsius zeigte das Thermometer außerhalb der Werretalhalle, Wind und Feuchtigkeit setzen den Wartenden zusätzlich zu. Ein Unding, findet die Löhnerin Christina Rotmann. Sie hatte sich bereits am Samstag in Bad Salzuflen ein drittes Mal impfen lassen - und dort trotz großen Andrangs "nicht länger als zwei Stunden in der warmen Halle verbracht", wie sie dankbar erzählt. Warum ein solches Vorgehen nicht auch in Löhne ermöglicht wurde kann sie nicht verstehen. "Aber die Organisatoren in Bad Salzuflen sind bestimmt bereit, ihre Erfahrungen zu teilen." Dem steht der Kreis derweil offen gegenüber. Grundsätzlich, so heißt es in einer Stellungnahme, seien Rückmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern zu den Impfaktionen von besonderer Wichtigkeit. Konkrete Angaben zum künftigen Vorgehen in der Werretalhalle machen die Organisatoren zwar nicht. "Wir nehmen diese Hinweise aber auf und schauen fortlaufend, wie die Abläufe verbessert werden können." Kreis Herford zeigt Verständnis Der Frust, den der Impfauftakt am Montag vereinzelt hinterlassen hat, scheint groß zu sein. Insbesondere bei denjenigen, die trotz langer Wartezeit am Ende keine Impfung bekamen, weil der Sechs-Monats-Abstand zwischen Zweit- und Drittimpfung noch nicht erreicht war. "Die Information dazu war zwar ausgeschildert", räumt ein junger Mann im Gespräch mit der NW ein. Das Schild habe aber auf halber Länge der Warteschlange gestanden. "Als ich da ankam hatte ich schon 45 Minuten auf dem Findeisenplatz verbracht, da ziehe ich doch nicht unverrichteter Dinge wieder ab, sondern versuche mein Glück." Dass solche Vorkommnisse störend oder auch frustrierend wirken, kann der Kreis derweil nachvollziehen. Für solche Fälle habe man aber vorgesorgt, heißt es. "Um dem großen Andrang begegnen zu können, haben wir an den Impfstellen immer Ansprechpartner vor Ort." Ob die die aufkommende Wut aber besänftigen können ist ungewiss. Einige Betroffene berichten von einer "schroffen Abfuhr", die ihnen vom Sicherheitspersonal erteilt worden sei. Manche, so sagen Augenzeugen, hätten daraufhin entnervt aufgegeben und angekündigt, jetzt ganz auf die Impfung zu verzichten. "Ich hoffe, man hat den Bemühungen im Kampf gegen Corona damit keinen Bärendienst erwiesen", formuliert NW-Leser Gernot Boetich seine Sorge. Die kann der Kreis durchaus nachvollziehen. Dennoch möchte man am Grundsatz, die Impfung erst nach Ablauf von sechs Monaten aufzufrischen, vorerst nicht abrücken. "Angesichts des großen Andrangs an unseren Impfstellen und unter Berücksichtigung der vorhandenen personellen Ressourcen müssen wir für eine Auffrischungsimpfung an den Impfstellen zurzeit noch bei den sechs Monate bleiben", heißt es auf Nachfrage. Im Falle eines Ausbaus der Impfkapazitäten wolle man die Verkürzung des Zeitraumes auf fünf Monate aber im Blick behalten. Denn: "Natürlich möchten wir sicherstellen, dass die Impfungen so reibungslos wie möglich verlaufen – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Nachfrage sehr hoch ist und viele Menschen auf eine Impfung warten."

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