Nach Insolvenzantrag: Klinkerhersteller Kerawil macht doch weiter

Löhne. Nach fast 125-jähriger Firmengeschichte war in der Tonwerkstraße im Februar 2019 der Ofen aus. Die Firma Kerawil hatte am 6. Dezember 2018 Insolvenzantrag gestellt und es sah nicht so aus, als wenn jemals wieder Ziegel in Obernbeck gebrannt werden würden. Doch es kam anders. Im Gespräch mit der NW erzählt Friedrich Schwagmeier, wie es dazu kam, dass im Frühjahr 2021 der Brennofen im Ziegelwerk wieder unter Feuer genommen wird. Es waren schwere Tage für Friedrich Schwagmeier, der das Familienunternehmen seit mehr als 20 Jahren führte. "Ich habe in den letzten Produktionstagen von allen entscheidenden Schritten der Herstellung von Pflasterklinkern Videos gemacht. Ich war überzeugt, dass wir hier endgültig den Schlüssel umdrehen würden", sagt er. "Wir haben schon bis Wladiwostok geliefert" Das 1897 gegründete Unternehmen stellt in Obernbeck Pflasterklinker für den Privatbereich und den öffentlichen Raum her. "Unsere Produkte sind rund ums Haus, in Garageneinfahrten und Terrassen ebenso zu finden wie in Fußgängerzonen", sagt Friedrich Schwagmeier. Das Inland ist der Hauptabsatzmarkt. Dazu kommt das europäische Ausland, aber auch Russland. "Wir haben schon bis Wladiwostok in Sibirien geliefert." In den Jahren vor der Insolvenz wurden die Geschäfte zunehmend schwieriger. Bereits in den Wintern 2015/16 und 2016/17 wurde der Brennofen heruntergefahren, weil die Bestellungen fehlten. "Der Ofen sollte eigentlich nie aus gehen. Der ist wie ein Tier, das immer gefüttert werden muss", sagt Schwagmeier. Das Herunterfahren des Ofens scheuen die Ziegelhersteller, weil es sehr aufwendig ist. "Ein schadenfreies Herunterfahren dauert eine Woche, um dann wieder auf 1.200 Grad Brenntemperatur zu kommen, dauert es eine weitere Woche". "Als nächster Schritt stand die endgültige Schließung an" Und so zeigt diese Entwicklung, dass sich die Absatzkrise im Unternehmen über die Jahre zugespitzt hatte. "Unser Umsatz ist über mehrere Jahre zurückgegangen. Ein Jahr kann man problemlos ausgleichen. Wenn das über mehrere Jahre hintereinander geschieht, muss man die Konsequenzen ziehen", sagt Schwagmeier. Und die zog er im Dezember 2018. Der Insolvenzantrag wurde gestellt und die Produktion endete im Februar. "Ich war davon ausgegangen, dass es das gewesen ist. Wir hatten unseren Warenbestand erfolgreich verkauft und als nächster Schritt stand die endgültige Schließung an", sagt Schwagmeier. Schwagmeier ist jetzt angestellter Geschäftsführer Dazu kam es nicht. Langjährige Geschäftspartner nahmen Kontakt zu Schwagmeier auf. "Die haben deutlich gemacht, dass wir ein Produkt herstellen, das am Markt gebraucht wird und dass sie ein ernsthaftes Interesse an der Übernahme haben", sagt Schwagmeier. Nach intensiven Verhandlungen wurde man sich einig. Mehrere langjährige Partner haben Kerawil übernommen. Darunter die IPLS Ag mit Sitz in der Schweiz. Friedrich Schwagmeier hat an seinem ehemaligen Unternehmen keine Anteile mehr, arbeitet im neu gegründeten Kerawil Klinkerwerk weiter als angestellter Geschäftsführer. Corona verzögerte den Neustart &bdquo;Uns ist wichtig, Kerawil als langfristigen, soliden Partner zu stärken. Deshalb hat die IPLS AG die Chance ergriffen, mit ihrem Kapital und Know-how den Erfolg des Traditionsunternehmens zu sichern", bewertet IPLS-Chef Eugen Schamne die Investition. "Eigentlich sollte die neue Gesellschaft im Frühjahr 2020 an den Start gehen. Aber Corona und die damit verbundene Unsicherheit machten einen Strich durch die Rechnung. Jetzt gehen wir mit der Produktion im Frühjahr 2021 an den Start", sagt Schwagmeier. Der ehemalige Inhaber hat bereits die ersten Mitarbeiter eingestellt. "Das sind alles Leute, die schon vor der Insolvenz bei uns waren", sagt er. Vor dem Aus waren bei Kerawil 30 Mitarbeiter beschäftigt. "Diese Anzahl von Mitarbeitern brauchen wir auch wieder für den Neustart." Die ehemaligen Angestellten hätten längst neue Jobs gefunden. Schwagmeier wird mit weiteren von ihnen Kontakt aufnehmen, um sie wieder für ihren alten Arbeitsplatz zurückzugewinnen. "Die Erfahrung bringe ich mit ein" Dass Kerawil in Löhne bleibt und man nicht einfach den Brennofen in die Schweiz transportiert und die Markenrechte nutzt, hat einen klaren Grund. "Wenn man Pflasterklinker in der besonderen Qualtiät von Kerawil haben will, dann gibt es die nur hier", sagt Schwagmeier. Das liegt am Rohstoff Ton, der entlang des Wiehengebirges abgebaut und in verschiedenen Mischungen zu Pflasterklinkern gebrannt wird. Und am Know How. "Da kommt es zum Beispiel genau darauf an, in welchem Verhältnis man die verschiedenen Tone mit Sand Wasser mischt. Dahinter steckt eine sehr spezielle Verfahrenstechnik, die man nicht so einfach aus dem Handbuch lernen kann. Da zählt Erfahrung und die bringe ich mit ein", sagt Schwagmeier. Er ist optimistisch, dass das Unternehmen mit den neuen Partnern und deren Verbindungen gute Chancen für einen Neustart hat.

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