Edelkarosse oder Schrottwagen - dieser Fall landet vor Gericht

Löhne. Der schnelle Flitzer sah verlockend aus. Bärbel Schimarajef-Heitmann hat sich sofort für das Audi-A5-Cabriolet interessiert. Der Preis war günstig, die Ausstattung komfortabel. Und die fast zwei Stunden Anfahrt aus der Nähe von Bremen bis nach Löhne schreckten die Cabrio-Käuferin nicht ab. Sie kam mit Mann und Sohn und kaufte das Auto nach einer Probefahrt im Sommer 2016 für 30.400 Euro. Doch beim ersten Werkstattbesuch stellte sich heraus, dass der Wagen eine ganz andere Identität hatte, als gedacht. Der Audi war aus den USA als Totalschaden verschifft worden. Verbaut wurden Ersatzteile aus anderen Audis, die gar nicht zur Fahrgestellnummer passten. Und die Garantie war erloschen. Seitdem quält die Cabrio-Käuferin die Frage: Ist mein Auto überhaupt sicher? Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat den Gebrauchtwagenhändler wegen Betrugs angeklagt. Die Audi-Fahrerin ist nicht die einzige ehemalige Kundin, die im Internet auf mobile.de ihren Traumwagen in Löhne fand und sich kurze Zeit später ärgerte. Offenbar gibt es mehrere Geschädigte. Schimarajef-Heitmann hatte sich im Sommer 2018 an die NW gewandt, um auf den Schmu mit dem importierten Auto-Wrack aufmerksam zu machen. Inzwischen gibt es ein gerichtlich bestelltes Gutachten für zwei Fahrzeuge, die der Händler in Löhne verkauft hat. Das Gutachten soll die Frage beantworten, ob der angeklagte Verkäufer beim Verkauf von zwei Autos betrogen hat. Vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen geht es um das Audi-A5-Cabriolets und einen 450 PS starken Ford-Mustang, der in den Süden Deutschlands verkauft wurde. "Das war plumpe mechanische Gewalt" Der Ford-Mustang wurde laut Gutachter teilweise mit dem Hammer begradigt, oberflächlich geschweißt und zugespachtelt. Das Auto hatte in den USA bereits zwei schwere Unfälle. Bei der Runderneuerung seien sicherheitsrelevante Teile "durch plumpe mechanische Gewalt herausgerissen", notdürftig und unfachmännisch miteinander verbunden worden. "Als würde ich mit Sekundenkleber eine Stecknadel auf den Tisch festkleben", sagte der Gutachter, um den Juristen deutlich zu machen, wie falsch die Reparatur des Mustangs seiner Ansicht nach gelaufen ist: "Das macht man einfach nicht mit einem Auto." Der Audi-A5 sei dagegen mit Profi-Handwerksmitteln wie einem Alu-Schweißgerät Instand gesetzt worden. "Das macht man nicht mal eben so in der Garage." In den USA hatte das Auto laut Fahrgestellnummer am 14. November 2015 einen schweren Unfall, die gesamte Front war kaputt, ein wirtschaftlicher Totalschaden. Bei der Runderneuerung seien dann Teile an der Karosserie verbaut worden, die gar nicht zum A5 gehören. "Das Fahrzeug", so der Gutachter, "entspricht nicht dem, was auf der Fahrgestellnummer steht." Gleiches gilt offenbar auch für Sitze, Lenkrad oder Armaturenbrett, so der Gutachter: "Das Fahrzeug hatte keine S-Line-Ausstattung. Jetzt schon." Beide Autos waren also nicht das, was sie vorgaben zu sein. Die Gretchenfrage der Juristen war jedoch die nach dem Vermögensschaden. Und die beantwortete der Gutachter unterschiedlich. Der Mustang habe als runderneuertes Fahrzeug zum Zeitpunkt des Verkaufs in Löhne für 30.400 Euro rückblickend "einen fiktiven Wert" von lediglich 11.270 Euro gehabt. "Dafür kauft Ihnen das aber kein Kunde ab", sagte der Gutachter mit Blick auf die Unfallgeschichte. Das runderneuerte Audi-Cabriolet dagegen taxierte der Gutachter auf 32.000 Euro zum Zeitpunkt des Verkaufs. Damit lag der Gutachterwert 1.600 Euro über dem Verkaufspreis. Auch dieses Fahrzeug würde jedoch kein Händler verkaufen, der die Fahrgestellnummer ausgelesen hat - und ein ganz anderes Auto sieht. "Das macht nur Ärger", sagte der Gutachter. Der Prozess wird fortgesetzt.

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