Löhne. Ein Stück Tradition in Löhne-Ort endet. Die ehemalige Gaststätte "Deutsches Haus" an der Falscheider Straße 17 wird abgerissen. NW-Leser Martin Lorenz hat die Geschichte des Gebäudes aufgeschrieben. Seit 1900 bestand das Gasthaus im Mittelpunkt des Löhner Ortsteils Falscheide. Es war über Jahrzehnte ein Zentralversorger für die Menschen, als man den täglichen Bedarf noch ohne Kühlschränke zu Hause und ohne Auto zu Fuß oder mit dem Fahrrad einkaufte.
Im Nebengebäude war die Bäckerei, die später nur noch als Garage diente und auf der Südseite lag. Dort nimmt die Falscheider Straße seit dem Ausbau der viergleisigen Köln-Mindener Bahn vor über 100 Jahren eine starke Kurve, um auf den gebauten Unterführungstunnel zu führen. Bis 1912 ging die Straße geradeaus über den Heidackerweg und führte über eine Schranke über die damals noch zweigleisige Bahn über die heutige Sackgasse "Alte Schranke".
Gaststätte, Poststation und Krämerladen
Im Hauptgebäude gab es dann eine kleine Poststation, später auch bei der Deutschen Bundespost mit Löhne 5 gekennzeichnet, einen Krämerladen mit Lebensmitteln und die Gaststätte. Mitte des 20. Jahrhunderts schloss sich hier ein kleiner Saal an und im Garten konnte unter alten Eichen getanzt werden. Hier fanden viele Familienfeiern, Tanzabende und bis 1985 auch das traditionelle Kinderfest der SPD Löhne-Ort statt. Seitdem findet es jährlich am 1. Mai rund um die Werretalhalle statt.
Das Lebensmittelgeschäft wurde Mitte/Ende der 1970er Jahre geschlossen. Übrig blieb bis 2010 die Gaststätte, die Annemarie Sundermann in ihrem Geburtshaus führte, bis sie 75 Jahre alt war und das Anwesen an einen Investor verkaufte. Sie bezog auf dem Grundstück ein neues Haus am Dürerweg. Bis vor zehn Jahren fühlten sich dort die Falscheider sehr wohl und man traf sich ungezwungen im persönlichen Gespräch ohne Twitter, Facebook und Co.
Vor etwa einem Jahr verstarb die Wirtin im Alter von 83 Jahren. Der Verkauf ihres Geburtshauses ging ihr damals sehr nahe, aber sie freute sich mit ihrem Sohn auf den Ruhestand im neuen Haus. Etwa 60 Jahre hatte sie im Haus der Familie gearbeitet, im Lebensmittelladen an der Kasse und zuletzt 30 Jahre an der Theke. Den Abriss musste sie nicht erleben.
Die ursprüngliche historische Gestalt ist verloren gegangen
Um das Gebäude hatte es im Jahr 2016 Diskussionen gegeben. Darüber hatte die NW vor vier Jahren berichtet. Das Gebäude hatte für die Linke in Löhne eine historische Bedeutung: „Auch wenn die Substanz renovierungsbedürftig ist, kann so nicht mit alten Gebäuden umgegangen werden", sagte Ulrich Adler im Oktober 2016 im Rat. Der Schriftsteller Rudolf Pörtner hat dort seine Kindheit verbracht. Die Erinnerung solle erhalten bleiben. Adler sprach sich dafür aus, die Denkmalbehörde das Objekt prüfen zu lassen.
Dafür bekam er im Rat allerdings keine Mehrheit und auch die Stadt sprach sich dagegen aus. Laut dem Denkmalschutzgesetz ist ein Gebäude nur dann ein Baudenkmal, wenn an seiner Erhaltung und Nutzung ein bedeutendes öffentliches Interesse besteht. Laut der Stadt ist die „ursprüngliche historische Gestalt verloren gegangen". Das Gebäude ist mehrfach umgebaut und erweitert worden. „Da wesentliche Teile der Bausubstanz bereits vor Jahren entfernt oder umgestaltet wurden, ist der historische Kontext aktuell nicht mehr ablesbar", erklärte Michael Kellermeier vom Amt für Stadtentwicklung.
Bei der Stadt ist noch nicht bekannt, wie es nach dem Abriss weiter geht. "Uns liegt noch kein Bauantrag vor", sagte Baudezernent Ulrich Niemeyer auf Nachfrage der NW. Es sei allerdings nicht ungewöhnlich, dass zunächst ein Haus abgerissen werde, ohne eine direkt folgende neue Bebauung. "Da soll dann verhindert werden, dass es wegen Vandalismus Probleme gibt." Klar ist, dass dort nur Wohnbebauung möglich ist.