Wenn Kinder ohne Eltern fliehen

Löhne. Der Flüchtlingsstrom stellt auch die Mitarbeiter des Jugendamts vor immer neue Herausforderungen. Sie kümmern sich um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Unbegleitet bedeutet, dass die Kinder und Jugendlichen ohne ihren sorgeberechtigten Vater oder Mutter nach Deutschland kommen. Manche sind allein aus ihrer Heimat geflohen, andere sind in sogenannten Fluchtgruppen unterwegs oder reisen mit ihren älteren Brüdern, Tanten oder den Großeltern. Bundesweit wird geregelt, wie viele Jugendliche die einzelnen Länder aufnehmen müssen. Ein spezieller Verteilschlüssel wird dann für jede Kommune angewandt. Aktuell könnte Löhne 25 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufnehmen. &bdquo;Wir sind also noch unterbesetzt", sagt Dietrich Stuke, Sachgebietsleiter für Soziale Dienste beim Jugendamt. Momentan leben 16 Jugendliche in der Werrestadt, der jüngste ist erst zwölfeinhalb Jahre alt. Das Gesetz um die Aufnahmepflicht ist am 1. November in Kraft getreten. Es sagt aus, dass ausländischen Kinder und Jugendliche Zugang zu den Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe haben. Das Gesetz will gewährleisten, dass Teenager dort untergebracht werden, wo es Kapazitäten gibt, damit sie eine angemessene Unterkunft und Versorgung erhalten. Alle sind männlich Bevor das Gesetz in Kraft getreten ist, hat sich das Jugendamt bereits um neun minderjährige Flüchtlinge gekümmert, die ohne Begleitung ihrer Eltern nach Löhne kamen. Mit den neuen Zuweisungen sind es jetzt 16. Alle sind männlich. &bdquo;Die größte Gruppe ist 16 und 17 Jahre alt", sagt Dietrich Stuke. &bdquo;Und kommt aus Syrien oder Afghanistan." Es gibt zwei verschiedene Situationen, wie die jungen Menschen in die Werrestadt gelangen. &bdquo;Entweder sie tauchen selbst in Löhne auf oder sie werden uns vom Landschaftsverband Rheinland zugewiesen", erklärt der Leiter des Jugendamts Jürgen Förster. Ist der Jugendliche noch nicht gelistet, müssen die Mitarbeiter bei Null anfangen. &bdquo;Wir nehmen Kontakt mit ihm auf und rufen gleichzeitig einen Dolmetscher an", erklärt Förster das Vorgehen. Dann erfolgt die sogenannte Clearingphase. Mithilfe eines Dolmetschers recherchieren die Jugendamtsmitarbeiter die Hintergründe des Jugendlichen. &bdquo;Das ist ein großer und umfangreicher Prozess", so Förster. Ein Pass ist eine Ausnahme Die Fluchtgeschichte wird geklärt, die Frage nach den Eltern steht im Raum. Wie kann man sie kontaktieren, wo befinden sie sich? Wie ist der Schulstatus, gibt es gesundheitliche Beschwerden, gibt es Papiere? &bdquo;Es ist unsere Aufgabe, alles zu prüfen. Dabei ist ein Pass die Ausnahme", sagt Förster. Deswegen sei die Altersbestimmung oft schwierig: &bdquo;Wir versuchen es mit der vorhandenen Schullaufbahn zu untermauern." Manchmal seien die Eltern auch von den Kinder getrennt worden und beide befinden sich in Deutschland. &bdquo;Dann versuchen wir natürlich, sie zusammenzuführen." Bekommt Löhne unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zugewiesen, hat die Clearingphase schon begonnen. Dann geht es um Integration. Die Mitarbeiter des Jugendamts vermitteln Schule, Deutschkurse, den Eintritt in einen Verein. &bdquo;Wir sind noch am Anfang, aber kommen gut vorwärts", sagt Stuke. Der Jüngste lebt in einer Pflegefamilie Auch muss geklärt werden, wo die Teenager wohnen. Da gibt es unterschiedliche Modelle. Eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus ist für teilbetreutes Wohnen ausgerichtet. Sechs Jugendliche können dort leben. &bdquo;Dafür müssen sie mindestens 16 Jahre alt sein", erklärt Stuke. Drei wohnen dort aktuell. Jüngere Kinder kommen in Wohngruppen unter, die eine Tag- und Nachtbetreuung haben. &bdquo;Da arbeiten wir mit freien Trägern der Jugendhilfe zusammen", sagt Förster. Für den jüngsten Jungen hat das Jugendamt eine Pflegefamilie in Löhne gesucht und auch gefunden. Sind die Teenager mit Verwandten geflohen, klären die Mitarbeiter, ob sie dort in der Gemeinschaft weiterhin leben können.

Meistgelesen