Löhne

Wolfsexperte berät Schäfer

Wolf- und Luchsberater in der Schäferei Stücke zu Gast / Rege Diskussion mit Schäfern und Jägern

Experte zu Gast: Michael Stücke (l.) hatte den staatlich beauftragten Wolf- und Luchsberater Horst Feldkötter in die Schäferei eingeladen. Der Experte informierte Schäfer, Jäger und Interessierte über Lebensweise, Verbreitung und sinnvolle Schutzmaßnahmen. | © FOTO: CHRISTINA NAHRWOLD

06.03.2015 | 06.03.2015, 11:40

Löhne. Nach einem Lächeln fürs Pressefoto ist Schäfer Michael Stücke eigentlich nicht zumute. Schließlich geht es um den Wolf - und der hat sich im benachbarten Kreis Minden-Lübbecke schon blicken lassen. Der Schäfer ist Freund der Diplomatie: "Ich bin nicht gegen den Wolf. Ich bin für meine Schafe", sagt Stücke auf der gut besetzten Deele auf dem Bischofshagen.

Nicht nur Stücke interessiert sich brennend für das, was der Wolf- und Luchsberater Horst Feldkötter an diesem Abend zu berichten hat. Rund 50 Schäfer, Jäger und Interessierte haben sich versammelt - mit einem großen Gepäck von Fragen und Bedenken.

Feldkötter war schon ein Mal ein guter Ratgeber für Michael Stücke. Vier seiner Tiere waren letztes Jahr gerissen worden. Feldkötter spazierte zum Tatort und stellte fest: Das war nicht das Werk von Wölfen, sondern von Hunden. Und die reißen laut dem Experten deutlich mehr Tiere als ihre wilden Verwandten. Wölfe machen überwiegend Jagd auf Rehe, "Nutztiere machen nur 0,8 Prozent der Beute aus", berichtet Feldkötter aus einer Untersuchung in der Lausitz. Dennoch: An diesem Abend will der Wolf- und Luchsbeauftragte, der selbst Jäger ist, die Gefahr durch Meister Isegrim nicht kleinreden. "Wo Wölfe auftauchen, wird es Konflikte geben."

Geschickter Jäger

Seit 170 Jahren ist der Wolf raus aus der Natur und raus aus den Köpfen der Westfalen. Jetzt stellt sich die Frage: Können Menschen und Wölfe wieder miteinander leben? Feldkötter stellt gleich zu Beginn seines Vortrages klar: "Urvölker lebten mit dem Wolf als Partner und bewunderten ihn als geschickten Jäger." Erst als der Mensch zum Viehhalter wurde, sei daraus Konkurrenz entstanden - bis zur vollständigen Ausrottung.

Mittlerweile genießt der Wolf den höchsten Schutzstatus in Deutschland. Dabei seien die Jäger auf vier Pfoten nicht an bestimmte Lebensräume gebunden. "Der Wolf kann überall leben. Was er braucht ist die Akzeptanz des Menschen", wirbt der 63-Jährige. Mit vielen Informationen rund um die Lebensweise, Schutzstatus und Verbreitung versuchte der Experte den Wolf ins rechte Licht zu rücken - weder als Bestie noch als Kuscheltier. Für den Kreis Herford kann Feldkötter Entwarnung geben. "Dass sich hier Rudel niederlassen, ist unwahrscheinlich. Es gibt zwar genug Beute, aber zu wenige Rückzugsmöglichkeiten", lautet seine Einschätzung. Dass einzelne Tiere den Kreis streifen, sei aber möglich. Und auch die könnten Hunger auf Fleisch mitbringen.

Entsprechender Unmut kam unter Schafzüchtern und Kuhhaltern auf. "Die Emotionen bei den Landwirten gehen hoch. Der Wolf verursacht Stress und er hat hier keine Lebensgrundlage", meldete sich einer der Tierhalter zu Wort. "Das können wir uns nicht bieten lassen." Wer ersetzt ein gerissenes Tier? Wer haftet für Folgeschäden, bei denen sogar Menschen in Gefahr sein könnten? Wer zahlt Nachbesserungen am Zaun?

Wölfe sind menschenscheu

Feldkötter: "Gerissene Tiere werden vom Land ersetzt. Die Frage nach der Finanzierung der Schutzmaßnahmen ist in NRW aber noch nicht geregelt. Das ist traurig." Ob Elektrozaun mit Wühlschutz, Herdenschutzhunde oder zwei Esel, die die Herde bewachen - Feldkötter zeigte detailliert auf, wie Tierhalter dem Wolf das Leben schwer machen können.

Für das Verhalten mancher Wölfe hatte aber auch der Experte aus Bünde keine Erklärung. Zuletzt waren mehrere Wölfe einer Spaziergängerin in der Lüneburger Heide gefolgt, ein anderer streifte ein Wohngebiet im Landkreis Oldenburg.

Untypisch für Wölfe, die eigentlich menschenscheu sind. "Bitte fragen Sie mich nicht nach dem Warum." Klar aber ist: Wölfe sollten nie angefüttert werden, dann verlieren sie die natürliche Scheu vor Menschen. Und: "Problemwölfe, die immer wieder Tiere reißen, müssen aus der Natur entnommen werden."

Im Innenhof des Kreishauses Herford gibt es momentan eine Ausstellung über den Wolf. Sie läuft noch bis Freitag 13. März, Amtshausstraße 3.

Information

Wolfsrekorde

  • Wölfe können Spitzengeschwindigkeiten von 45 bis 65 Stundenkilometer erreichen. Damit können sie viele ihrer Beutetiere einholen.
  • Wanderwege bis 2.000 Kilometer wurden nachgewiesen.
  • Pro Tag können Wölfe bis zu 75 Kilometer zurücklegen.
  • Bei günstigem Wind können die Tiere bis 2,5 Kilometer weit riechen.
  • In Deutschland gibt es 280 freilebende Wölfe, darunter 35 Rudel und 6 Paare.
  • In NRW wurden zwei Einzeltiere durch Kameras und DNA-Spuren bestätigt.
  • Laut Horstkötter sind die Wölfe ohne Hilfe von Menschen zurückgekehrt.