Zaun am Mühlenteich in Kirchlengern: Anwohner kritisieren Idee vom Bürgermeister

Kirchlengern. Drei Kinder ertranken 2016 in einem künstlich angelegten Teich in Neukirchen. Der Bürgermeister der Stadt wurde dafür haftbar gemacht, weil er der Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen war. Er wurde 2020 vom Amtsgericht Schwalmstadt wegen fahrlässiger Körperverletzung schuldig gesprochen. Auch die Berufung des Bürgermeisters im Februar 2023 in Marburg scheiterte. Dieses Urteil besorgt nun auch einige Bürgermeister in der Region – unter anderem auch Rüdiger Meier aus Kirchlengern. Er möchte nun den Mühlenteich in Stift Quernheim einzäunen lassen. Das hatte er beschlossen und den überraschten Kommunalpolitikern während einer Ratssitzung verkündet. 14.000 Euro soll der Stabgitterzaun mit einer Höhe von 1,40 Meter kosten. Der Zaun wird nicht komplett um den Teich gezogen, gibt die Gemeinde auf weitere Nachfrage bekannt. Eine Einzäunung des Schilf-Bereichs werde derzeit noch geprüft. Der Beginn der Bauarbeiten sei für den 17. Oktober geplant. Zuvor wird der Angelverein Kirchlengern mit Unterstützung des Bauhofs vorbereitende Arbeiten ausführen. &bdquo;Die 14.000 Euro sollte die Gemeinde lieber in Schwimmkurse für Kinder investieren“, sagt Meike Lückemeier. Sie bewohnt mit ihrer Familie ein Haus in der Nähe und sieht in dem Teich auch ohne Umzäunung keine Gefahr für ihre Kinder im Kindergartenalter: &bdquo;Das ist einfach unnötig.“ Mit dieser Meinung steht sie nicht alleine dar. Auch andere Anwohner wollen keinen Zaun in ihrem unmittelbaren Naherholungsgebiet. So argumentieren die Bürger Ingo Scheiding engagiert sich in der Kommunalpolitik in Kirchlengern und wohnt ebenfalls direkt neben dem Teich. Ihn hätten bereits sehr viele Bürger aus dem Ort auf den Zaun angesprochen. Neben der Aufenthaltsqualität, die dadurch verloren gehe, sei der Grund für einen Zaun auch zu weit weg. &bdquo;Der Teich in Neukirchen lässt sich gar nicht mit unserem Mühlenteich vergleichen“, sagt er. Er führt das Urteil auf, in dem der Teich in Neukirchen wie folgt beschrieben ist: Das Grundstück um den Teich wird als öffentliche Grünfläche und Parkanlage genutzt. Es gibt ein Beachvolleyballfeld und eine Grillhütte. Es wurden verschiedene Maßnahmen von der Gemeinde und von den Bürgern ergriffen, um das Gelände um den Teich attraktiver zu gestalten, wie zum Beispiel die Wege neu zu pflastern. Der Teich selbst wurde seit Generationen durch die Bürger zum Schwimmen und zum Schlittschuhlaufen genutzt, wobei ein Schwimmbetrieb zu keinem Zeitpunkt offiziell zugelassen war. Zudem gab es eine Treppe in das zunächst circa 45 Zentimeter tiefe Wasser. Die Wassertiefe nahm nur langsam zu. Die maximale Tiefe betrug 1,85 Meter. Das Wasser war sehr trüb. Was die beiden Teiche unterscheidet Die Bepflasterung des Uferbereiches zumindest am Westufer war aufgrund von Nässe und Verschlammung derartig rutschig, dass das Verlassen des Teiches an dieser Stelle selbst für erwachsene Schwimmer kaum möglich war, heißt es in dem Urteil. Es gab ein Schild, auf dem stand, dass das Betreten auf eigene Gefahr erfolgt und Eltern für die Kinder haften. Weitere Sicherheitsmaßnahmen, wie einen Rettungsring oder Ähnliches gab es nicht. Zudem hatte die Gemeindeversicherung den Bürgermeister in Neukirchen bereits einige Jahre vor dem Unfall mit den drei Kindern nahe gelegt, Sicherheitsmaßnahmen dort zu ergreifen – was er nicht getan hatte. Gemeinde hat Versicherung gefragt Das Ufer am Mühlenteich hingegen sei keineswegs rutschig, betonen die Anwohner. Es sei bewachsen, so dass man sich rausziehen könnte, wenn man hineinfallen sollte. &bdquo;Zudem ist das Urteil aus Marburg noch nicht wasserfest. Es könnte noch in Revision gehen“, sagt Scheiding. Er schlägt vor, es abzuwarten und zunächst nur einen Bauzaun um den Teich zu ziehen. Die Gemeinde habe das zuständige Versicherungsunternehmen für Städte und Gemeinden, um eine Stellungnahme zur Prüfung der Verkehrssicherungspflicht für Teichanlagen gebeten, teilt die Gemeinde daraufhin auf Nachfrage mit. Wesentlich ist danach, ob Gefahren insbesondere für kleine Kinder durch die Wasserfläche drohen. Wenn diese sich zum Beispiel unmittelbar in der Nähe von Wohngebieten befindet, so werden von der Rechtsprechung hohe Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht gestellt. Befindet sich in der Nähe des Gewässers mithin eine Wohnbebauung oder ein Spielplatz, ist für die Frage von weiteren Sicherungsmaßnahmen entscheidend, inwieweit Kinder, die in das Gewässer fallen, die Möglichkeit haben, sich selbst wieder zu retten, da zum Beispiel die Uferböschung sehr flach angelegt und das Gewässer nicht allzu tief (40 cm) ist. Ansonsten wird empfohlen, in einem solchen Fall das Gewässer abzusichern. Aber: Mühlenteich im Wohngebiet Vorliegend dürfte es in Anbetracht der örtlichen Situation hinsichtlich der Frage von Sicherungsmaßnahmen entscheidend darauf ankommen, wie der vom öffentlichen Bereich zugängliche Uferbereich ausgestaltet ist. &bdquo;Sofern dieser entsprechend flach ist, sind weitere Maßnahmen nicht erforderlich“, heißt es von der Gemeinde Kirchlengern. Die vorhanden Zäune bzw. das Flatterband dürften hingegen nicht geeignet sein, spielende Kinder vom Gewässer fernzuhalten. Der Mühlenteich liegt in einem Wohngebiet. Die Wassertiefe beträgt zwischen 70 Zentimeter und 1,7 Meter. Insbesondere die Nordseite des Teichs fällt steil ab. Unabhängig davon, dass es nicht Aufgabe des Verkehrssicherungspflichten ist, das allgemeine Lebensrisiko &bdquo;aufzufangen“, und auch unabhängig von der Rechtskraft des Marburger Urteils, sei es daher unumgänglich, den Teich einzuzäunen, argumentiert die Gemeinde.

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