Kirchlengern

Ehrenamtliche retten italienische Hunde aus katastrophalen Bedingungen

Pro-Canalba organisiert Tiertransporte aus Südeuropa. Alle sechs Wochen werden 80 bis 100 Hunde nach Deutschland geholt und kommen in Pflegestellen.

Tierschützer vom Verein Pro-Canalba retten Hunde aus Italien, die unter anderem einfach ausgesetzt werden (Symbolbild). | © Pixabay

Sebastian Beeg
15.09.2019 | 16.09.2019, 15:04

Kirchlengern. Drei große Transporter stehen auf dem Hof verteilt. Der Großteil der Arbeit ist bereits verrichtet. Trockenfutter, Leinen, Spielzeug, Käfige und Notfalltaschen sind in die Fahrzeuge geladen worden. Reifendruck und Ölstand sind kontrolliert, die Fahrzeuge sind vollgetankt. Nun gilt es, noch einmal alles zu kontrollieren. Emsig laufen sechs Menschen in schwarzen T-Shirts zwischen den Transportern hin und her. Der einsetzende Regen verzögert den Zeitplan etwas. Die Gruppe zieht sich ins alte Bauernhaus zurück. Zeit für eine letzte Besprechung, einen Kaffee und eine Zigarette. Zwischen den Helfern gut zehn Hunde. Gleich geht es los auf die Autobahn. Das Ziel: Italien.

Alle sechs Wochen organisieren die Tierschützer vom Verein Pro-Canalba einen Tiertransport von Italien nach Kirchlengern. Alle sechs Wochen befreien die ehrenamtlichen Helfer zwischen 80 und 100 Hunde aus zum Teil katastrophalen Bedingungen. Zwar habe Italien ein "an sich gutes Tierschutzgesetz", sagt Lutz K. Büschke, der den Verein 2012 zusammen mit seiner Frau Sabine von Alm gründete. Das Gesetz habe jedoch Lücken, zum Nachteil der Tiere.

Verein befreit Tiere aus "Hundehöllen"

Kai Cullmann (v.v.l.), Martin Theobald und Jörg Dehrendorf, sowie Lutz K. Büschke (h.v.l.), Ralph Mucha, Daniela Bauer und Peter Vahlensieck posieren vor einem der Transporter. - © Sebastian Beeg
Kai Cullmann (v.v.l.), Martin Theobald und Jörg Dehrendorf, sowie Lutz K. Büschke (h.v.l.), Ralph Mucha, Daniela Bauer und Peter Vahlensieck posieren vor einem der Transporter. | © Sebastian Beeg

So müssen Hunde gechippt werden und sind in das behördliche Haustierregister eingetragen. Diese Hunde dürfen nicht in den von den Kommunen finanziell unterstützten Tierheimen aufgenommen werden. Oftmals laufen die Tiere jedoch frei herum. Zudem werden viele Hunde, die etwa als Welpe gekauft wurden, im fortgeschrittenen Alter ausgesetzt. Vor dem Aussetzen oder nach dem Einfangen wird den Tieren der Chip entfernt, damit die vormaligen Besitzer nicht ermittelt werden können. Die Hunde landen dann oft in privat geführten Tierheimen, die für jedes dort untergebrachte, lebende Tier bis zu fünf Euro pro Tag von der Stadt erhalten. Mehrere tausend Tiere können in solchen Heimen untergebracht sein. "Canile" heißen diese Heime auf italienisch. "Hundehöllen" nennen sie die Tierschützer. "Es kommt kein Tierarzt, es gibt brackiges Wasser, minderwertiges Futter und keinen Auslauf. Die Betreiber versuchen die Tiere so lange wie möglich am Leben zu halten, um das Geld einzustreichen", sagt Büschke.

Pro-Canalba adoptiert einige dieser Hunde. Diese werden dann in einem vereinseigenen Tierheim in Italien untergebracht. Die können dann von Personen zum Beispiel in Deutschland aufgenommen werden. Das Verfahren für solch eine Aufnahme dauert im Schnitt zwei Wochen und ist recht aufwendig. "Wir weichen nicht von unserem Prozedere ab, das ist unsere Prämisse. Wir kennen alle unsere Hunde und wollen, dass sie in gute Hände kommen."

Fing 2012 alles mit der Überführung eines Hundes aus Italien an, transportieren die Tierschützer mittlerweile 80 bis 100 Hunde pro Tour. Der Aufwand für diese Fahrten ist enorm. Neben der Beladung der drei vereinseigenen Fahrzeuge, müssen die Transporter bestimmte Auflagen erfüllen. So muss während der Fahrt die Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit überwacht werden. Nach jeder Fahrt müssen die Ladeflächen desinfiziert werden. Vor und nach der Fahrt kontrollieren Veterinäre den Gesundheitszustand der Tiere. Hinzu kommt die Fahrt selbst, die gut 17 Stunden dauert. Nicht mit eingerechnet sind die beiden Zwischenstopps bei München und nördlich von Mannheim. Ein Großteil der gut 180 Vereinsmitglieder sind im Einsatz. Viele von ihnen nehmen für die ehrenamtliche Arbeit Urlaub. "Es ist ganz toll zu sehen, wie viele Menschen sich dafür engagieren", sagt die Vereinsvorsitzende Sabine von Alm.

"Massive Werbung gegen ausländische Tierhelfer"

Mittlerweile ist der Verein aus Kirchlengern weit über die Grenzen OWLs bekannt. Es gibt Interessenten, die so genannten Adoptanten, in ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich und den Benelux-Staaten. "Wir leisten nachhaltigen Tierschutz und halten auch nach der Aufnahme der Hunde Kontakt zu den Adoptanten", sagt Büschke. Die Begleitung sei auch nötig, um den italienischen Behörden zu zeigen, dass es den Tieren in Deutschland gut geht. "Die Canile-Besitzer machen natürlich massive Werbung gegen ausländische Tierhelfer", sagt von Alm.

Am Sonntag kehrt der Transport wieder aus Italien zurück, an Bord wieder gut 90 Hunde, die eine neue Heimat gefunden haben. Ein paar Tage später startet ein außerplanmäßiger Transport. Denn vor ein paar Tagen ist das Tierheim eines befreundeten Vereins in Palermo abgebrannt. Einige Hunde konnten gerettet werden und sind bei Pro-Canalba untergekommen. Der Name des Vereins setzt sich übrigens aus "Canile" und "Alba", italienisch für Sonnenaufgang zusammen. "Der Vereinsname steht symbolisch dafür, dass für die Hunde eine bessere Zeit anbricht", sagt Büschke.