Der Umgang mit LGBTIQ: Ein Buch über die Vielfalt menschlichen Lebens

Hiddenhausen. "Junge, Mädchen, Mann und Frau" ist der Titel eines Aufklärungsbuchs aus den 70er Jahren. Doch diese Unterteilung in Bezug auf die Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung ist längst überholt - das menschliche Leben ist deutlich vielfältiger. Um die gesamte Breite an Geschlechtsidentitäten abzubilden, ist mittlerweile die Abkürzung "LSBTIQ" (Lesben, Schwule, Transsexuelle, Intersexuelle und Queers) oder die englische Version LGBTIQ Teil des allgemeinen Diskurses geworden. Frank Dieckbreder, Vorstand des Diakonieverbunds Schweicheln, und Vorstandsassistentin Sandra Hildebrandt haben jetzt ein Buch herausgebracht, mit dem sie allen Menschen ermöglichen wollen, einen Zugang zu diesem Thema zu finden. "Gemeinsam unterm Regenbogen. Werkbuch Vielfaltssensibilität LGBT+ für Diakonie, Gemeinden und soziale Arbeit", lautet der komplette Titel. "Das ist eine Lektüre, mit der jeder etwas anfangen kann. Alle sollen es lesen können, ob Interessierte oder selbst Betroffene", sagt Frank Dieckbreder. Die Notwendigkeit habe sich vor allem daraus ergeben, dass das Thema LGBTIQ+ ihnen bei der Arbeit im Diakonieverbund immer wieder begegnet sei, heißt es im Vorwort. Ein Pfarrer, der als Pfarrerin zur Gemeinde zurückkehrt, deren anfängliche Zustimmung aber irgendwann schwindet, oder eine Person, die als Natalie in eine Wohngruppe kommt und als Herr Schmidt wieder auszieht - von persönlichen Schicksalen wie diesen ist in den Beiträgen zum Buch ebenso die Rede wie den Herausforderungen für die Gesellschaft im Umgang mit Vielfalt. Als Hilfestellung für Menschen, die in der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind, enthält es auch Handlungsvorschläge und ermutigt zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema. Thema berührt Menschen ganz unterschiedlich Beteiligt waren Autorinnen und Autoren aus den Einrichtungen und Gesellschaften des Diakonieverbundes in NRW, Brandenburg und Berlin sowie Expertinnen und Experten aus Kirche und Diakonie, die etwas zum Thema zu sagen hatten. Dabei sei es beeindruckend gewesen zu sehen, "wie unterschiedlich dieses Thema die Menschen berührt", sagt Frank Dieckbreder. Die Position der beiden Herausgeber ist dabei eindeutig: "Wir wollen alles dafür tun, dass jegliche Form von Diskriminierung nicht stattfindet", unterstreicht Frank Dieckbreder. Zudem gebe das Buch keine eindeutige Antwort auf die Frage, wie mit dem Thema umzugehen sei. "Wir liefern Ideen und wollen Reibungsfläche schaffen", ergänzt Sandra Hildebrandt. Gegliedert ist das Werk in vier Themenbereiche: die Gesellschaft als Ganzes, Religion, Fachlichkeit und Sprache. Beim Thema Religion beschränkt sich das Buch auf die evangelische Religion - und das aus gutem Grund: Auch innerhalb des evangelischen Glaubens gebe es sehr unterschiedliche Ansichten zum Thema LGBTIQ+divers und dem Umgang damit. Andere Religionen wollen die beiden erst zu einem späteren Zeitpunkt einbeziehen. Sie habe während der Arbeit an dem Buch gelernt, wie schwer der Umgang mit Sprache sein kann, beziehungsweise wie schwer es sei, Gedachtes in Sprache zu bringen, sagt Sandra Hildebrandt. Zudem habe sie gemerkt, dass das Geschlecht anderer Menschen für sie keine Rolle spielt. "Der Mensch bleibt im Herzen immer der Gleiche, egal wie er aussieht. Der einzige Mensch, bei dem mich das Geschlecht interessiert, ist mein Partner, bei allen anderen ist es mir egal." "Wir werden noch tiefer bohren" Auch Frank Dieckbreder hat eine sehr eindringliche, wenn auch schmerzhafte Lernerfahrung gemacht: "Ich habe gelernt, wieder hungrig zu sein", sagt der 51-Jährige und erklärt, was er damit meint. "Ich habe immer gedacht, die Tatsache, dass mir vieles egal ist, sei Toleranz. Doch das ist falsch. Ich muss Toleranz aktiv leben, das sorgt für Wachheit", hat der Pädagoge für sich erkannt. Zudem hätten beide gelernt, neugierig zu bleiben und wie schwer es sei, sich dem Thema aus der Komfortzone heraus zu stellen. "Wir haben erfahren, wie schwer das ist. Das ist kein Stöckchen, über das man springen muss, sondern eine ganze Mauer", verdeutlicht Dieckbreder. Für ihn und Sandra Hildebrandt ist die Beschäftigung mit dem Thema jedoch noch nicht abgeschlossen. "Wir bleiben dran und werden noch tiefer bohren. Das Thema ist noch nicht zu Ende", betonen die beiden. Erschienen ist das Buch im Neukirchener Verlag, einem christlichen Buchverlag mit einer laut Frank Dieckbreder "großen Strahlkraft". Quasi zeitgleich mit ihrem Buch hat der Verlag die "Alle-Kinder-Bibel" herausgebracht, von der mittlerweile bereits die 3. Auflage erschienen ist. "Der Verlag bewirbt unser Buch als Arbeitsbuch zu dieser rassismusfreien Bibel", freut sich Dieckbreder.

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