Ungewöhnlich hohe Zahl an Schockanrufen im Kreis Herford: Was tun?

Hiddenhausen. Sie geben sich am Telefon als Polizisten, Bankmitarbeiter, Enkel oder sogar als eines der eigenen Kinder aus, das in eine Notlage geraten sei und dringend Geld brauche. Die Methoden, mit denen Betrüger ältere Menschen um ihr Erspartes bringen wollen, sind perfide, doch immer wieder erfolgreich. Ein Unfall, eine unverschuldete Notlage oder der Kauf eines günstigen Autos, für den man dringend Geld brauche - mit solchen Szenarien werden die Senioren konfrontiert. Durch mehrfache Anrufe werden sie oft zusätzlich unter Druck gesetzt, zudem soll verhindert werden, dass sie sich mit anderen Menschen beraten. Auch in der Region sind die sogenannten Schockanrufe ein immer wieder auftretendes Phänomen. Eine Frau aus Hiddenhausen hat vor einigen Wochen ebenfalls einen derartigen Anruf erhalten und sich daraufhin bei der NW gemeldet, um andere Menschen zu warnen. Im ersten Moment habe sie einen Riesenschreck bekommen, erinnert sich die Frau, die anonym bleiben möchte. "Da war eine Frauenstimme am Telefon, die laut geweint und behauptet hat, sie sei meine Tochter und habe einen Unfall gehabt. Die war dermaßen gut geschult, ich habe das im ersten Moment geglaubt", sagt die Seniorin. Anschließend habe ein Mann das Gespräch übernommen und sich als Polizeibeamter ausgegeben. Dieser habe zunächst die Daten ihrer Tochter abgefragt und anschließend mitgeteilt, dass der Unfall im Wohnort der Tochter passiert sei. Frau wählt per Handy den Polizeinotruf "Als er dann auch mein Geburtsdatum wissen wollte, bin ich allmählich stutzig geworden. Nachdem er mich noch gefragt hat, ob ich bereit sei, eine Kaution für meine Tochter zu übernehmen, war mir endgültig klar, dass das nicht die Polizei sein kann", erzählt die Frau. Sie habe dann das Telefon ins Kissen gelegt und per Handy den Polizeinotruf wählen wollen. "Ich war so aufgeregt, dass ich aus Versehen statt der 110 die 112 gewählt habe. Die Feuerwehr hat mich aber sofort zur Polizei durchgestellt." Der vermeintliche Polizist habe das allerdings mitbekommen. "Als ich wieder am Telefon war, hat er mir vorgeworfen, dass er mir doch verboten habe, jemanden zu informieren und das Gespräch dann beendet." Laut Julia Dowe habe die Polizei in den vergangenen Wochen eine ungewöhnlich hohe Zahl an Anrufen von Senioren aus dem Kreis Herford registriert, die einen mysteriösen Anruf erhalten haben. "Das lag im zweistelligen Bereich", ergänzt die Sprecherin der Kreispolizeibehörde. Darunter seien auch Anrufe von angeblichen Bankmitarbeitern gewesen, die Kontodaten oder gar die TAN-Nummern ausspionieren wollten. "Die Maschen ändern sich immer wieder, die Betrüger gehen mit der Zeit", sagt Dowe. So habe es während der ersten Impfkampagne auch Anrufe gegeben, bei denen den Senioren angeboten worden sei, dass sie oder ihr Ehepartner gegen Zahlung einer Geldsumme sofort geimpft werden könnten. Niemals Geld oder Informationen herausgeben Wichtig sei, das Gespräch sofort zu beenden und auf keinen Fall Geld oder Informationen über Schmuck oder Geld im Haus herauszugeben. "Echte Polizisten würden niemals die Herausgabe von Bargeld oder Wertsachen fordern", betont Dowe. Die Sprecherin appelliert an Senioren, die einen zweifelhaften Anruf erhalten haben, auch beim kleinsten Verdacht die Polizei zu informieren. Man könne eigentlich nicht genug vor solchen Vorfällen warnen, betont die Frau aus Hiddenhausen. "Man sagt immer, das kann mir nicht passieren, aber wenn man selbst am Telefon ist, ist das etwas anderes." Eine Konsequenz hat sie bereits aus dem Vorfall gezogen. "Ich melde mich am Telefon nicht mehr mit meinem Namen, sondern sage nur noch 'Hallo'", bekräftigt sie. Den Schrecken hat die Frau mittlerweile überwunden, aber ein komisches Gefühl bleibe, "weil man sich fragt, was diese Leute noch alles wissen."

Meistgelesen