Schwer verletztes Reh zurückgelassen: Hiddenhauserin formuliert Appell

Hiddenhausen. Für Henrike Bach war es ein Vorfall, auf den sie lieber verzichtet hätte. An einem Samstag im Juli fuhr sie abends über die Ziegelstraße. Auf dem Straßenabschnitt zwischen Bauhof und Milchstraße fiel ihr plötzlich ein auf dem Boden liegendes Tier auf. Bach hielt an: Es handelte sich offenbar um ein schwer verletztes junges Reh. Irgendjemand musste das Tier angefahren zurückgelassen haben. "Das Tier war noch am Leben, als wir es gefunden haben", berichtet Bach, die vor Ort durch eine weitere Autofahrerin Unterstützung erhielt. Das Vorgehen der verantwortlichen Person kann Bach in keinem Fall nachvollziehen: "Man kann das Tier nicht einfach so liegen lassen", sagt sie und appelliert, die Polizei in solchen Fällen einzuschalten. Die "110" sei in jedem Fall die richtige Wahl, bestätigt Polizeisprecher Uwe Maser. Und das aus mehreren Gründen. Wer das verletzte Tier auf der Straße zurücklasse, laufe Gefahr, Anzeigen wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort und Tierquälerei zu kassieren. Auf der anderen Seite brauche es sichere Rechtsverhältnisse. Sollte am Fahrzeug ein Schaden entstanden sein, müsste der schließlich gegenüber der Versicherung glaubhaft begründet werden. Mindestens 613 Wildunfälle im vergangenen Jahr Vor Ort könne die Polizei dann den zuständigen Jagdpächter über den Vorfall informieren. Denn wenn die Tiere den Unfall überleben, schleppten sie sich häufig schwer verletzt von der Straße. Je nach Einschätzung der Lage kann der Jagdpächter dann weitere Schritte unternehmen - was im ungünstigsten Fall den Tod des Tieres bedeutet. Fälle, wie jener auf der Ziegelstraße, sind leider keine Seltenheit. Für das vergangene Jahr 2020 zählt die Polizei im Kreis Herford 613 Wildunfälle. Insbesondere handelt es sich dabei um Rot- und Dammwild. Auch Unfälle mit Dachsen, Hasen und Kaninchen spiegeln sich in den Zahlen wider. Selbstredend wird das verletzte oder bereits verstorbene Tier nicht immer achtlos zurückgelassen. Allerdings dürfte die Dunkelziffer gerade bei den kleineren Tieren hoch sein. Denn die werden seltener gemeldet, was auch mit geringeren bis gar keinen Schäden am eigenen Fahrzeug zusammenhängen dürfte. Dass es in diesen Tagen vermehrt zu Wildunfällen kommt, ist für Florian Dowe von der Kreisjägerschaft nicht überraschend: "Gerade jetzt ist das Rehwild unterwegs", sagt er. Denn das befinde sich derzeit in der sogenannten "Blattzeit", einem Abschnitt der Paarungszeit. Jetzt seien die liebestollen Rehböcke also hinter den weiblichen Ricken her. Und es käme vermehrt zu Unfällen. "Unsere Straßen gehen durch den Lebensraum der Tiere. Deshalb ist damit zu rechnen", mahnt Dowe. "Bitte fahrt abends und in der Dämmerung vorsichtig" Gerade das Rehwild sei bekannt dafür, im Scheinwerferlicht der Fahrzeuge stehen zu bleiben. Dementsprechend vorsichtig sollte in der Dämmerung und den Abendstunden in dafür prädestinierten Gebieten gefahren werden. An manchen Stellen könnten laut dem Jäger Wildreflektoren angebracht werden, um die Tiere von den Straßen fernzuhalten. Teilweise bringe das etwas, andererseits ist das flächendeckend keine Option: "Man muss auch bedenken, es ist Plastikmüll", gibt Dowe zu bedenken. Im Fall an der Ziegelstraße wurden schließlich Polizei und ein Jäger verständigt. Das Reh habe einen Beckenbruch und Quetschungen der inneren Organe erlitten, erklärt Henrike Bach mit Bezug auf die Einschätzung des Jägers. Das Tier überlebte nicht. Für Bach war das Ereignis Anlass, für einen Beitrag in einem sozialen Netzwerk: "Bitte fahrt abends und in der Dämmerung vorsichtig durch die Gemeinde und überall, wo ihr unterwegs seid", schreibt sie da. Eine abendliche Begegnung dieser Art möchte sie aus eigener Erfahrung möglichst vielen Menschen ersparen.

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