So wird das Fahrrad fit für die neue Saison

Hiddenhausen. Dass der 1928 von seinem Großvater gegründete Laden hundert Jahre später einen derartigen Boom erleben würde, hätte Bernd Blöte vor einiger Zeit nicht erwartet. Die Menschen reißen ihm die Räder aus den Händen, auf den neuen Drahtesel muss teilweise ein halbes Jahr gewartet werden und selbst die Verschleißteile sind kaum zu kriegen. Für die Branche war das vergangene Jahr ein Höhenflug. Denn was bleibt den Menschen ohne weite Reisen? Ohne Treffen? Ohne Risiko? Touren mit dem Rad erscheinen als sinnvolle Alternative. Jetzt, ein Jahr später, hat das 25-köpfige Bike-Team um Bernd Blöte weiterhin alle Hände voll zu tun. Nach dem Winter stehen nun Inspektionen an. Selbst dafür müssen Kunden mehrere Wochen warten. Wer das nicht möchte, kann selbst Hand anlegen. "Wenn das Rad im Winter nicht bewegt wird, hat man ein paar Dinge zu beachten", sagt Blöte. Auf einer Checkliste hat er mehr als 30 Punkte vermerkt, die bei einer Inspektion abgearbeitet werden. Einige Dinge fallen der Erfahrung des Experten nach besonders häufig auf. "Zunächst sollte die Bereifung auf Risse geprüft werden", beginnt der 53-Jährige. Denn wenn der Drahtesel während der kalten Monate längere Zeit in der Garage oder im Keller stand, läuft das Material Gefahr, porös zu werden. Ist das nicht der Fall, können die Reifen mit dem entsprechenden Luftdruck aufgepumpt werden. E-Bikes erfordern weitere Technik-Inspektionen Trotz länger werdender Tage ist die Verkehrssicherheit weiterhin nicht zu verachten. Das heißt: Lichtanlage checken und schauen, ob alle Reflektoren an Pedalen und Speichen vorhanden sind. Die Klingel sollte ebenfalls überprüft werden. Ist die Kette ordentlich geschmiert? Wenn nicht sollte laut Blöte ein entsprechendes Kettenöl aufgetragen werden. Beim Antrieb empfiehlt es sich außerdem, die Verschleißteile einmal in den Blick zu nehmen. "Das merkt man, wenn man fährt." Ein kaputtes Kettenblatt wird sich durch ruckeliges Fahren ausweisen. Im Prinzip könnte dann schon Gas gegeben werden. Um allerdings wieder körperlich unversehrt zum Stehen zu kommen, darf eine Inspektion auf keinen Fall fehlen: nämlich die der Bremsen. "Man sollte einmal schauen, ob genug Belag auf den Bremsen ist." Außerdem müssen zwei voneinander unabhängige Bremsen funktionieren. Als letzte Basisprüfung gilt die Schaltung. Ob die wie gewohnt ihre Arbeit tut, lässt sich am besten beim Fahren überprüfen. Neben der hohen Nachfrage nach Fahrrädern sind es vor allem die E-Bikes, die sich momentan einer großen Beliebtheit erfreuen. Für Blöte und sein Team bringt das neue Anforderungen mit sich. Die Mitarbeiter werden bezüglich der Technik regelmäßig geschult. Aber auch für die Kunden ergeben sich neue Fragen. Neben dem Akku sind es häufig die Displays, mit denen die Leute in den Laden kämen. Meistens müssten die lediglich nachgeladen werden - ein Punkt, auf den manch einer nicht sofort kommt. Globale Lieferketten sind ins Stocken geraten Bei der Lieferung von Ersatzteilen kommt es Blöte zufolge weiterhin zu Engpässen. Der bekannteste Hersteller von Schaltungen beispielsweise kommt aus Japan, produziere auch in Werken in Südostasien. Eine zweite große Firma sitzt im US-amerikanischen Chicago. Im vergangenen Jahr wurde "wochenlang nicht produziert", wie sich der Fahrradexperte erinnert. Gleichzeitig sei die Nachfrage weltweit angestiegen. Die globalen Lieferketten allerdings laufen immer noch nicht wie eine gut geölte Fahrradkette. Containerpreise für Verschiffungen kosteten teilweise das zehnfache. Im Endeffekt sind dadurch alle Bereiche der Branche betroffen. Chips für Displays können nicht in gewohnter Menge geliefert werden, Verschleißteile fehlen und ganze Fahrräder können nicht fertiggestellt werden. Denn was bringt ein Fahrrad ohne Reifen? Wer also Bedarf hat, muss sich auf Wartezeiten einrichten. In Schweicheln-Bermbeck haben sie deswegen bereits ihre Bestellvorgänge für das darauffolgende Jahr umgestellt. Fahrräder, die vergangenes Jahr im August geordert wurden, seien teilweise noch nicht gekommen. Für die kommende Zeit wurden die Aufträge laut Blöte deshalb bereits einige Monate vor dem normalen Zeitpunkt erteilt. "Das verzögert sich bei allen." Zugute kommt den Fahrradhändlern inzwischen ein gewandeltes Image. Die Kunden überlegten sich genau, was für ein Fahrrad sie nutzen möchten und für welche Zwecke es dienen soll. Blöte vertreibt beispielsweise auch Sonderanfertigungen, die mehr als 10.000 Euro kosten können. Das Zweirad ist über die Jahre zu einem echten Statussymbol avanciert.

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