Ein Jahr Corona: So erlebt Hiddenhausen die Pandemie

Hiddenhausen. Bis Anfang März 2020 lief das Leben in der Großgemeinde Hiddenhausen wie all die Jahre zuvor - dann tauchte der erste Corona-Fall auf. Die Pandemie nahm ihren Lauf und änderte den Alltag aller drastisch. Bis heute haben sich mehr als 560 Hiddenhauser infiziert. Alles nahm seinen Anfang genau vor einem Jahr, am 12. März 2020. Eine 35-jährige Frau gilt als erster Corona-Fall der Gemeinde. Die erste Welle Ein 33-jähriger Mann, der in Bayern beim Autozulieferer Webasto arbeitet, gilt als erster Deutscher, der sich mit dem Coronavirus infiziert hat. Die Infektion wurde am 27. Januar 2020 nachgewiesen. In Hiddenhausen scheint zu diesem Zeitpunkt das neuartige Virus, das bald die ganze Welt in Atem halten wird, noch weit weg. Ende Februar häufen sich dann aber besorgte Anrufe in Arztpraxen und dem Gesundheitsamt des Kreises Herford, Ablaufpläne werden vorbereitet, erste Krisenstäbe eingerichtet. Die Alten- und Pflegeheime der Residenzgruppe, zu denen auch die Seniorenresidenz Hiddenhausen gehört, haben schon früh Vorkehrungen getroffen. Bereits Ende Februar werden Eingangsbeschränkungen verhängt. Da gab es im Kreis Herford noch keinen einzigen Fall. Das ändert sich am 6. März. Ein Ehepaar aus Bünde hat sich offenbar im Urlaub in Südtirol mit Covid-19 angesteckt. Die Fragen bei den Bürgern häufen sich: 120 Menschen haben beim neu eingeführten Corona-Bürgertelefon des Kreises Rat gesucht. Nur eine Woche nach den Fällen in Bünde erreicht das Virus Hiddenhausen. Auch hier hat sich eine Reiserückkehrerin aus Südtirol infiziert. Die 35-jährige Frau gilt als erste infizierte Person in der Gemeinde. Der Fall wurde am 12. März 2020 gemeldet. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Konzerte werden abgesagt, Klassenfahrten gestrichen, Hauptversammlungen vorsichtshalber verschoben. Einen Tag nach dem ersten bestätigten Fall in Hiddenhausen beschließt die Landesregierung, die Schulen und Kitas zu schließen. Die Einschränkungen beginnen. Die Situation entwickelt sich dynamisch. Wenige Tage später folgt die erste Todesmeldung in Zusammenhang mit Corona im Kreis Herford. In der Nacht von Dienstag, 31. März, auf Mittwoch, 1. April ist ein über 80-jähriger Mann aus Hiddenhausen mit Vorerkrankungen verstorben, der zuvor im Klinikum Herford behandelt wurde. &bdquo;Nun ist das passiert, was sich hier wirklich niemand gewünscht hat und es macht uns deutlich: Die Gefahr rückt näher“, sagt Landrat Jürgen Müller. In Hiddenhausen bleibt die Zahl der Corona-Infizierten überschaubar. Acht Personen gelten als infiziert und vier als genesen. Ein ruhiger Sommer Nach den Osterferien dürfen nach vier langen Lockdown-Wochen die Geschäfte in Hiddenhausen wieder öffnen. Im Mai gehen dann kreisweit die Zahlen runter. Mitte Mai hat der Kreis noch eine der niedrigsten Infektionsraten von OWL. Der Inzidenzwert lag bei 1,2. Zum Vergleich: Heute liegt er bei 65,8 und weist damit eine der höchsten Werte in Ostwestfalen-Lippe aus. Nur Minden-Lübbecke liegt drüber (75,1). Am 22. Mai gibt es gute Nachrichten: Hiddenhausen gilt als coronafrei. Auch die Kommunen Spenge, Rödinghausen und Kirchlengern verzeichnen keine neuen Fälle. Fünf Wochen hält diese Lage. Den nächsten Corona-Fall registriert die Gemeinde erst am 27. Juni. Mehrere Tage lang gibt es im ganzen Kreisgebiet nur eine infizierte Person. Am 4. Juni vermeldet der Kreis nach drei Monaten Corona-Pandemie insgesamt 331 bestätigte Fälle, 323 Personen gelten als genesen, es gibt sieben Todesfälle. Nach den enormen Einschränkungen im Frühjahr dürfen die Bürger ihr Leben wieder etwas lockerer gestalten. Am 15. Juni öffnet etwa das Freibad Hiddenhausen. Mitte August erwartet der Kreis, dass die Zahlen für Hiddenhausen und Herford explosionsartig steigen können. Hintergrund sind Infektionen in einer Großfamilie. Elf Mitglieder sind positiv getestet worden, sechs Erwachsene und fünf Kinder. Rund 70 Kontaktpersonen seien betroffen, ermittelt, getestet und bereits in häuslicher Isolierung. Die Großfamilie plante eine große Feier, daher war der Kontakt so eng, informiert Pressesprecherin Petra Scholz am 14. August. Der sprunghafte Anstieg der Corona-Zahlen ist allerdings ausgeblieben. Am 18. August gelten 18 Menschen in Hiddenhausen als infiziert. Die Lage beruhigt sich in der Gemeinde schnell. Ende des Monats ist nur noch von einem positiven Fall die Rede. Die zweite Welle Mit dem Herbst rollt auch die zweite Corona-Welle an. Obwohl die Zahl der Infizierten in Hiddenhausen weiterhin einstellig ist, wird die Gemeinde zum Risikogebiet. Hintergrund ist der Inzidenzwert des Kreises Herford und der liegt am 22. Oktober bei 55. Ab Samstagnacht müssen demnach alle Bürgerinnen und Bürger des Kreises mit neuen Einschränkungen rechnen. Plötzlich geht es rasant nach oben. Nur fünf Tage später liegt der Inzidenzwert bei 161, er steigt am 6. November sogar auf 235,5, immer mehr Schulklassen werden in Quarantäne geschickt, so auch an der Olof-Palme-Gesamtschule. Die Rückverfolgung der Kontaktpersonen wird immer schwieriger, das Gesundheitsamt erhält weitere Unterstützung von Soldaten der Bundeswehr. Am 13. November gibt es für Hiddenhausen einen ersten traurigen Rekordwert: 49 Personen gelten infiziert, so viele wie noch nie zuvor. Die Zahlen steigen rapide. Am Montag, 16. November, sind es schon 62, drei Tage später 67. Mehr als 4.000 Corona-Fälle insgesamt zählt der Kreis Herford am 12. Dezember. Der nächste Lockdown beginnt wenig später: Alle Geschäfte müssen wieder schließen. Kurz vor den Feiertagen vermeldet der Kreis dann erneut einen Höchststand. Der Inzidenzwert liegt am 23. Dezember bei 233 – der Kreis ist wieder Hotspot. Es gibt mittlerweile 54 Todesfälle. Über die Feiertage und den Jahreswechsel sinken die Zahlen nur minimal, von einer entspannten Lage kann keine Rede sein. Am Sonntag, 27. Dezember, beginnt das Impfen. Erst sind Bewohner und Mitarbeiter in Seniorenheimen dran. Im Februar startet dann der Betrieb des Impfzentrums in Enger. Ärger gibt es über abgesagte Impftermine und die Schwierigkeit, überhaupt einen Impftermin zu bekommen. Am Wochenende, 13./14. Februar rutscht der Inzidenzwert erstmals wieder unter die 50er Marke – auf 43,5. Ab dem 22. Februar kehren Grundschüler und Abschlussklassen in den Präsenzunterricht zurück. Im Februar treten im Kreis erstmals auch die britische und südafrikanische Mutation auf. Aktueller Stand Hiddenhausen zählt 20.013 Einwohner (Stichtag 28. Februar). Laut der Corona-Statistik des Kreises sind bisher 565 Menschen der Gemeinde infiziert worden. Das bedeutet, dass 2,85 Prozent der Einwohner sich mit dem Virus angesteckt haben. Die gute Nachricht ist, dass die meisten davon als genesen gelten. 531 Personen haben die Erkrankung überstanden, inwieweit sie allerdings mit den Folgen des Virus zu kämpfen haben, ist nicht bekannt. Die Gemeinde verzeichnet 19 Todesopfer in Zusammenhang mit Covid-19. Das ist nach Löhne (39) und Herford (23) der dritthöchste Wert im Kreis Herford. Aktuell gelten sieben Hiddenhauser als infiziert (Stand Mittwoch, 10. März). Mit dem Aufkommen der Pandemie hat sich fast zeitgleich die Corona-Hilfe Hiddenhausen gegründet. Ehrenamtliche haben sich organisiert, um solidarisch in der Krisenzeit zu helfen. Die Gruppe unterstützt beim Einkaufen und der Tierbetreuung, hilft aber auch bei der Terminvereinbarung zur Impfung und der Wahrnehmung der Impftermine. Die Hotline der Corona-Hilfe ist erreichbar unter Tel: (0 15 20) 9 08 05 40.

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