Hiddenhausen. Die Meldung klingt auch heute noch wie ein Paukenschlag: "Wasserqualität untragbar – Freibad Hiddenhausen bleibt wegen Reinigung in den nächsten vier bis fünf Tagen geschlossen" - Bis zum Ende der 50er Jahre war dies ein häufig auftretendes Problem während der heißen Sommermonate.
„Um diesem Übelstand abzuhelfen und insbesondere den Badenden ein einwandfreies Wasser zu liefern" ließ die Gemeinde Hiddenhausen 1959 eine Umwälzanlage einbauen, die das Problem bereits erheblich entschärfte. Zu diesem Zeitpunkt war das Freibad gerade einmal 20 Jahre alt, entsprach aber bereits nicht mehr dem geforderten Standard.
Wasserspülung für Toiletten war ein Fortschritt für die Hygiene
Die Hygiene zu verbessern war deshalb nach dem zweiten Weltkrieg oberstes Ziel der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen.

Eine 1958 eingebaute Wasserspülung für die Toilettenanlagen wurde als besonderer Etappensieg gegen Mief und Mikroben hervorgehoben. Mitte der 60er Jahre sagte man auch Rasen, Sonnencreme und Sand den Kampf an. Man baute Durchschreitbecken mit Duschen, in denen jeder Gast sich vor Betreten des Wassers abbrausen sollte.
Um auch den unbelehrbarsten Duschmuffel zur Einsicht zu bewegen, setzte man auf bestechende Argumente. Man pflanzte eine Beckenumrandung aus dornenbewehrten Berberitzen. Bis heute haben die Pflanzen nicht an Überzeugungskraft verloren.
Neben den ernsten Bemühungen um Hygiene sollte natürlich auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Mit dem Neubau des Kinderplanschbeckens stand vergnüglichen Familienausflügen nichts mehr im Wege. Ein bisschen Mumm musste man für den Sprung ins kühle Nass dennoch aufbringen. Das Wasser war unbeheizt. Dies änderte sich erst 1969 und man ließ stolz über die Presse verlauten, dass nun eine Wassertemperatur von mindestens 22 Grad erreicht würde.
Wohlfühltemperatur der „Dauerschwimmer" liegt heute zwischen 24-25 Grad
Heute könnte Schwimmmeister Martin Kretschmar für diese Temperaturen keinen Applaus mehr bei seiner Stammkundschaft erwarten. Die Wohlfühltemperatur der Hiddenhauser „Dauerschwimmer" liegt etwa zwischen 24-25 Grad, der Gutwetterschwimmer mag es eher noch wärmer. Überhaupt sind Wetter und Wassertemperatur ein beliebtes Gesprächsthema, zu dem in Hiddenhausen mindestens so viele Meinungen wie Stammgäste existieren. Manch einer schwärmt sogar von kühlen Morgenstunden mit Raureif auf der Liegewiese.
Für solch spezielle Genießer sind sonnige Sommertage freilich eher verschreckend. Zu viele Sonnenanbeter auf dem Rasen, zu viele jauchzende Kinder im Wasser, zu viele waghalsige Sprünge vom Einmeterbrett, zu viel tropfendes Eis und dann auch noch dieser Pommesgeruch.
Der Schwimmmeister und sein Team sind an heißen Tagen besonders gefragt. Bei allem Spaß geht Sicherheit vor. Für Eltern sollte es deshalb selbstverständlich sein, die Kinder zum Schwimmkurs zu schicken. Dafür warb man bereits 1969, denn „wer nicht im Kindesalter das Schwimmen erlernt, wird als Erwachsener kaum noch Gelegenheit dazu haben.".

Über Jahrzehnte hinweg hat Schwimmmeister Ottomar Kreimeyer der Jugend beigebracht, wie aus unbeholfenen Paddelbewegungen ein ordentlicher Schwimmzug wird. Viele Hiddenhauser kommen unweigerlich auch auf die manngewordene Autorität am Beckenrand zu sprechen, wenn sie an unbeschwerte Badetage vergangener Jahre denken.
Die Flussbadeanstalt hatte mehr der Hygiene als dem Vergnügen gedient
Dabei waren die Aussichten für das Hiddenhauser Freibad längst nicht immer rosig. Spätestens in den 1980er Jahren war das Bad wieder einmal nicht mehr zeitgemäß. Man hatte die Beheizung des Wassers aus Kostengründen aufgegeben und um trotzdem Badegäste anzulocken, führte man den umstrittenen „Nulltarif" ein – der Eintritt war kostenfrei. Das hatte es in der Hiddenhauser Bädergeschichte noch nicht gegeben. Selbst in der ersten örtlichen Flussbadeanstalt, die 1911 am Mühlenbach in den südlichen Bustedter Wiesen eröffnet wurde, war ein schmales Eintrittsgeld notwendig. „Wir müssen jedes Mal zehn Pfennig bezahlen. Oder man nimmt eine Badekarte. Die kostet für Kinder fünfzig Pfennig. Für Große 2 Mark", schrieb die Schülerin Frieda Witthoff 1914 dazu in ihr Aufsatzheft. Die Waschgelegenheiten in den Häusern der breiten Bevölkerung waren eher spartanisch. In der Badeanstalt stand also weniger das Schwimmvergnügen, sondern die Reinigung im Vordergrund. Diese wurde streng nach Geschlechtern getrennt vollzogen, wie man im Aufsatz weiter erfährt. Das Bad „ist von Holzwänden umgeben. In der Badeanstalt sind auch Zellen. Darin ziehen wir uns aus. Die Mädchen haben Freitags, Dienstags und Sonntags baden."
In den 1980er Jahren waren die Aussichten nicht rosig für das Bad
Obwohl das Hiddenhauser Freibad in den 80er Jahren schon deutlich mehr als sittsames Waschen hinter Holzwänden zuließ, blieb es ein Problemkind. Im Gemeinderat wurden zahlreiche Ideen aufgeworfen und begraben. Auch die Schließung zugunsten eines Neubaus an anderer Stelle stand im Raum. Erst Anfang der 90er Jahre konnte man sich dazu durchringen, das Bad umfangreich zu sanieren. Das Schwimmbecken wurde auf 25 Meter verkürzt und um einen Nichtschwimmerbereich mit Rutsche und Strömungskanal erweitert. Alle Becken wurden mit pflegeleichtem Edelstahl ausgekleidet.
Streitpunkt waren die Sprungbretter. Sie sollten wegfallen. Ein Salto vom Beckenrand sieht jedoch eher kläglich aus und anständig spritzen tut er auch nicht. Auf Protest der Hiddenhauser Jugend hin wurde den Umbauplänen zumindest ein Einmeterbrett hinzugefügt. Damit war allen Wünschen Genüge getan. Seit dem Saisonstart 1995 strahlte das Hiddenhauser Freibad in edelstählernem Glanz und lockt in den Sommermonaten zahlreiche Badegäste an.
Die hier erzählte Geschichte des Hiddenhauser Freibades ist am 13. Juni gedruckt im HF-Magazin in der NW erschienen. "HF" ist eine Kooperation zwischen dem Kreisheimatverein Herford und der Neuen Westfälischen.