
03.04.2016 | 03.04.2016, 06:00
Hiddenhausen/Kreis Herford
Am Donnerstag, 7. April, findet dazu ein Informationsabend statt. Das monatliche Honorar beträgt je Kind mindestens 1.000 Euro
Hiddenhausen/Kreis Herford. Bislang haben drei Familien in der Region fünf minderjährige Flüchtlinge aufgenommen. Damit ihre Zahl künftig steigt, starten die Mitarbeiter der Jugendhilfe Schweicheln einen Aufruf, der sich an potenzielle Pflegeeltern richtet.
Der Bünder Musiker Philipp Tenta (59) will dabei mit gutem Beispiel vorangehen und von seinem Alltag berichten. Mit seiner Frau Brigitte hat er, als eine der drei Pflegefamilien, zwei Jugendliche aufgenommen. Ein 13-jähriger Junge aus dem Irak lebt seit November bei den Tentas. Ein 14-jähriger Afghane ist vor drei Wochen eingezogen.
Die beiden Jungen besuchen das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium. Sie seien "bewundernswert motiviert", sagt Tenta, der zwölf Jahre Erfahrung als Pflegevater vorweisen kann und selbst zwei erwachsene Kinder hat. Der Alltag verlaufe unkompliziert, die Teenager könnten sich gut selbst beschäftigen und würden eifrig Deutsch lernen. Konflikte gebe es keine.
Der junge Iraker habe per Whatsapp und Internet täglich Kontakt zu seiner Mutter, die noch mit mehreren Kindern im Irak lebt. "Vielleicht kann sie nachziehen." Der junge Mann aus Afghanistan habe dagegen keinen Kontakt zu seiner Familie. "Sein Vater wurde von den Taliban ermordet."
Kulturelle Unterschiede seien kaum spürbar, sagt Tenta, lediglich soziale Gepflogenheiten seien unterschiedlich, "zum Beispiel, dass man sich mit Freunden zu Hause zum Spielen verabredet."
Für Jugendhilfe-Bereichsleiter Thomas Hinze sind die Tentas ein Glücksgriff, denn die Zahl derer, die einen männlichen, geflüchteten Teenager bei sich aufnehmen würden, sei gering. "Doch viele warten und wollen vermittelt werden", sagt Hinze.
Bei den geflüchteten Pflegekindern handele es sich oft um ein "nicht klassisches Klientel", viele der jungen Männer aus dem Ausland seien hochgebildet, einige traumatisiert. Sie seien "wie ein bunter Blumenstrauß".
Neuland betreten die Familienberater Thorsten Sylla und Günter Föllmann. Wie bei jeder Vermittlung müsse "die Chemie stimmen", sagt Sylla. Erfahrungswerte fehlten aber. Involviert seien zudem die Vormünder, sagt Föllmann.
Die Berater stehen den Pflegeeltern zur Seite und unterstützen sie. Die Aufnahme eines Flüchtlingskindes gelte als Sonderpflege. Laut Hinze muss mindestens ein Elternteil eine pädagogische Ausbildung vorweisen oder zumindest eine Eignung nachweisen. "Wir suchen aber zunächst Familien und Personen unabhängig von ihrer Qualifikation."
Aktuell gehe es vor allem um die Vermittlung männlicher Jugendlicher, die älter als 14 Jahre sind. 1.000 bis 1.300 Euro erhält eine Pflegeperson je Kind und Monat. Auch gleichgeschlechtliche Paare und Alleinerziehende können sich bewerben.
Wie lange die Kinder in den Pflegefamilien bleiben und welche Unterstützung sie nach ihrer Volljährigkeit benötigen, ist unklar. "Man muss sich auf ein kleines Abenteuer einlassen", sagt Thomas Hinze zusammenfassend.
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