Herford

In Herford bleibt der Wohnungsmarkt dank der Briten-Quartiere entspannt

Günstiges Wohnen zieht Neubürger an

Thomas Hagen
17.03.2017 | 18.03.2017, 17:10
Hübsch machen fürs Wohnen-Wohlgefühl: Garten- und Landschaftsbauer René Fornefeld von Firma Breder pflanzt Liguster-Sträucher um Erdgeschoss-Gärten an der Bauvereinstraße. - © Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Hübsch machen fürs Wohnen-Wohlgefühl: Garten- und Landschaftsbauer René Fornefeld von Firma Breder pflanzt Liguster-Sträucher um Erdgeschoss-Gärten an der Bauvereinstraße. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Herford. Oft wird die Hansestadt als "Arme-Leute-Stadt" dargestellt. Schaut man sich die Kaufkraft-Tabelle des Landes NRW von 2015 an, wird dieser Eindruck bestätigt, denn der Index für Herford liegt rund 17 Punkte unter dem Landesdurchschnitt. Das schlägt sich auch auf dem Wohnungsmarkt nieder.

Hier kann die Stadt mit einer überdurchschnittlichen Zahl geförderter Wohnungen aufwarten: 16,4 Prozent des Marktes bestehen aus geförderten Mietwohnungen, landesweit liegt die Quote gerade einmal bei 9,9 Prozent. In einer Stadt mit vergleichbarer Größe sind 11,1 Prozent normal. Wie sieht nun der Mietwohnungsmarkt der Zukunft aus?

Magnus Kasner, Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WWS, mag darauf keine in Stein gemeißelte Antwort geben. "Grundsätzlich haben wir in Herford einen entspannten Markt. Die WWS hat mit einem Prozent einen der geringsten Leerstände der vergangenen Jahrzehnte zu verzeichnen", fasst Kasner die Situation zusammen.

»Demografische Prognose mit hohem Unsicherheitsfaktor«

Dringenden Neubaubedarf sieht Kasner nicht. Zudem kämen mit den 450 ehemaligen Wohneinheiten der britischen Armee reichlich Wohnungen auf den Markt. "Wir werden uns hier perspektivisch engagieren und planen 60 Wohneinheiten an der Birkenstraße als preisgünstigen geförderten Wohnraum anzubieten", schaut Kasner nach vorn. Wobei es nach seiner Ansicht keinen hohen Druck in Sachen Sozialwohnungen gibt.

"Die durchschnittliche Wiedervermietungsmiete liegt bei 5,15 Euro pro Quadratmeter, die höchste geförderte Miete bei 4,65 Euro. Da ist kein großer Unterschied zwischen freiem und gefördertem Wohnraum", stuft Kasner die Lage ein. Im Vergleich zu Bielefeld und zu südlichen Kreisen sei die Miete sogar als gering einzuschätzen, sagt eine Verwaltungsvorlage.

Was in drei Jahren geschehen wird, ist, dass viele Wohnungen aus der sogenannten Mietbindung fallen. Das betrifft auch Wohnraum im Besitz der Vonovia oder der LEG. Hier zum Beispiel die großen Wohnblocks in der Nordstadt. In einer Analyse des NRW-Wohnungsmarktberichtes ist der Bedarf in Herford klar definiert: Da besonders 18- bis 25-Jährige nach Bielefeld abwandern und aus den umliegenden Kommunen Zuwanderungen stattfinden, stellt sich in der Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen ein nahezu umgekehrtes Bild dar.

Die Bäder in den Wohnungen werden barrierefrei hergerichtet

Die Gruppe der über 65-Jährigen hingegen ist die mit den wenigsten Wanderungsbewegungen. Entsprechend besteht ein hoher Bedarf an altersgerechtem Wohnraum. Und die Nachfrage wird entsprechend der Studie auch durch die fortschreitende Alterung der Gesellschaft weiter steigen, während gleichzeitig wegen geringer Geburtenraten die Nachfragegruppe größerer Haushalte sinken wird.

Interessanter ist die Frage nach der Ausstattung der Wohnungen. So möchten viele ältere Mieter gern so lange wie irgend möglich in ihrem angestammten Wohnumfeld bleiben. Bei der WWS betrifft das vor allem die Wohnanlagen Auf der Freiheit (hinter dem Technischen Rathaus), an der Hermannstraße oder der Lerchenstraße.

"Wir richten die Bäder in den Wohnungen mit Förderung durch Krankenkassen so her, dass sie barrierefrei sind. Oder es werden Wohnungen innerhalb des Komplexes getauscht. So bleiben uns unsere älteren Mieter erhalten und ihnen wird das Wohnen angenehmer gemacht", fasst Kasner zusammen.

Information

Herford hat eine gute Quote bei Sozialwohnungen

  • Aktuell hat die WWS 3.671 Wohnungen in ihrem Bestand. Davon seien 1.292 Sozialwohnungen (35,2 Prozent). Laut NRW Bank gibt es in Herford insgesamt 33.024 Wohnungen. 16.710 in Mehrfamilienhäusern (50,6 Prozent), davon 2.740 Sozialwohnungen (16,4 Prozent). 
In NRW liegt der Sozialwohnungsanteil bei 9,9 Prozent.
  • Herford hat im Vergleich zu Städten mit ähnlichen Einwohnerzahlen und zum Landesdurchschnitt eine hohe Zahl an Wohnungen, die vor 1970 erbaut wurden. Die Zahl neuer Wohnungen in Relation zu den Bestandswohnungen ist im gesamten Kreis Herford mit einem Wert unter 2,5 Prozent sehr gering. Umliegende Städte wie Bielefeld oder Paderborn weisen deutlich höhere Werte an Neubaubeständen auf.

Insgesamt ist nach Angaben des WWS-Geschäftsführers die Kündigungsquote unter zehn Prozent gerutscht. Dabei seien die Gründe gegenläufig zur allgemeinen Auffassung. "41 Mieter haben angegeben, dass ihnen die Wohnung zu klein geworden ist, nur vieren war sie zu groß." Das laufe der Erwartung entgegen, dass immer mehr Wohnungen für Singles oder Paare gebraucht würden.

"Der konstant starke Arbeitsmarkt zieht viele qualifizierte Kräfte aus der Europäischen Union nach Herford. Die wiederum haben meist Familie. Das verlangt eher nach größeren Wohnungen", sagt Kasner. Da stehe man im Widerspruch zu den Vorhersagen. "Wir müssen den Kompass hier korrekt ausrichten", meint der WWS-Geschäftsführer.

Generell seien die demografischen Prognosen seit fünf bis sechs Jahren mit einem hohen Unsicherheitsfaktor versehen. Zudem müsse man den Zuzug aus den europäischen Ländern und die Entwicklung der Migration ins Kalkül einbeziehen. Aktuell nehme auch die Abwanderung aus der Stadt aufs Land wieder zu.