Kreis Herford

Der Mörder aus der Pferdediele

Am 28. Februar vor 49 Jahren wird die vom Herforder Serientäter Ernst-Dieter Beck ermordete Wertheranerin Anneliese H. gefunden. Auch im Buch eines kanadischen Kriminalexperten ist der Fall beschrieben

Die NW vom 5. November 1968: Am Tag zuvor wird Ernst-Dieter Beck (r.) vom Bielefelder Landgericht verurteilt. | © Foto: NW/MONTAGE: HORSTMANN

01.03.2017 | 01.03.2017, 12:23

Werther/Kreis Herford. 21 Jahre alt ist die Büroangestellte Anneliese H., als sie ihren Mörder trifft. Der 1940 in Gohfeld geborene Ernst-Dieter Beck hat in den 60er Jahren bereits zwei Menschen getötet, bevor die Wertheranerin sein drittes Opfer wird.

In Rehme und Herford hat der unter anderem wegen sexueller Nötigung und Körperverletzung mehrfach vorbestrafte Beck 1961 und 1965 zwei junge Frauen umgebracht. Bei den Ermittlungen zum zweiten Fall ist Beck einer von vier Verdächtigen. Stichfeste Beweise gegen ihn gibt es aber nicht.

Und so schlägt Beck wieder zu. Am 28. Februar 1968 tötet er die in Werther wohnhafte Anneliese H. Einen Tag später, also heute vor 49 Jahren, wäscht der Bauarbeiter Werner G. mittags an einem kleinen Bach an der Herforder Stadtgrenze seinen Wagen.

Bauarbeiter findet tote Frau im Wasser

G. kommt gern hierher, die Gegend ist menschenleer. Das Wasser ist so klar, dass er eine tote Frau im Bach liegen sieht, die Leiche ist halb verdeckt von einem Damenmantel. G. alarmiert die Polizei. Die Bielefelder Mordkommission hat am Abend die Identität der Leiche herausgefunden: Es ist Anneliese H. aus Werther. Die Polizei ist sich sicher: Der Fundort ist nicht der Tatort. „Würgemale am Hals: Vermutlich Mord" ist am 1. März 1968 in der Zeitung zu lesen.

„Mutmaßlicher Mörder in Herford verhaftet" heißt es einen Tag später. Eine Streichholzschachtel mit der Aufschrift „Pferdediele" hat die Polizei bei Anneliese H. gefunden. Zeugen haben am 27. Februar 1968 Anneliese H. mit zwei Männern in der Bielefelder Gastwirtschaft gesehen. Kurz vor Mitternacht, findet die Polizei heraus, ist H. dann mit dem Zug nach Herford gefahren.

Der 27-jährige Beck leugnet die Tat

Einer der Männer hat ein Alibi. Wenig später hat die Polizei den Namen des zweiten Mannes: Ernst-Dieter Beck, 27 Jahre alt, Hilfsarbeiter aus Diebrock. In der Herforder Gaststätte Alte Börse nimmt die Polizei ihn am 1. März 1968 fest. Beck leugnet die Tat. In der Tatnacht will er sich um 2 Uhr von Anneliese H. getrennt haben. Getötet worden ist die junge Frau aber erst mindestens zwei Stunden später.

Beck will zu dieser Zeit im Wartesaal des Herforder Bahnhofs Zeitung gelesen haben. Doch die Beweise gegen den mutmaßlichen Täter sind erdrückend. Die Polizei findet Gegenstände von H. in seiner Manteltasche, unter anderem einen Lippenstift.


Beck gesteht. Er habe H. erwürgt, um laut einem Zeitungsbericht vom 4. März 1968 „zur Befriedigung seiner Lust zu gelangen". In der Überschrift heißt es „Tötung aus sexuellen Beweggründen". Intensiv und minutenlang, so ergibt die Obduktion, habe Beck Anneliese H. gewürgt. Die Leiche der jungen Frau wirft er in den Bach, der in der Nähe des Tatorts vorbeifließt.

Am 4. November 1968 ist der große Schwurgerichtssaal des Bielefelder Landgerichts mit Besuchern überfüllt. Ernst-Dieter Beck erwartet sein Urteil. Das Gericht ist der Ansicht, das Beck H. heimtückisch ermordet hat. Die Arg- und Wehrlosigkeit der jungen Frau habe der Angeklagte ausgenutzt. Er habe H. gestreichelt, dann plötzlich die Hände um ihren Hals gelegt und zugedrückt. Drei Berufsrichter und sechs Geschworene verurteilen Beck wegen der drei Morde zu dreimal lebenslänglich. Die bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm auf Lebenszeit aberkannt.

Buch widmet dem Fall ein Kapitel

Das Buch: Multiple Murderers“ von Max Haines. - © Claus Meyer, HK
Das Buch: Multiple Murderers“ von Max Haines. | © Claus Meyer, HK

Beck hat mit seinen Taten auch in die ausländische Fachliteratur Einzug gehalten. In dem Buch „Multiple Murderers" („Mehrfachmörder", siehe unten stehenden Kasten) widmet ihm der kanadische Autor Max Haines ein vierseitiges Kapitel, in dem auch der Mord an H. und ihr damaliger Wohnort Werther erwähnt werden.

In drei Punkten weicht Haines allerdings von der Darstellung in der lokalen Presse ab. Laut Haines findet die Polizei eine Streichholzschachtel der Bielefelder Igloo Bar bei H. Finder der Leiche ist laut Haines ein Leopold B., der Gleiskontrolleur entdeckt demnach H.s Leiche an der Bahnstrecke rund eine Meile von Bielefeld. Der Gerichtsprozess findet bei Haines erst im Juni 1969 statt.

Der inzwischen 76-Jährige sitzt bis heute hinter Gittern

Wegen ihres leichten Übergewichts oder ihrer geringen Attraktivität, so Haines, habe Beck die drei Frauen ausgesucht. Er hielt sie demnach für leichte Opfer, die sich geschmeichelt fühlen könnten, dass sie die Bekanntschaft eines „ziemlich attraktiven jungen Mannes" machen. „Ich wollte die Mädchen nicht töten", soll Beck der Polizei laut Haines gesagt haben. „Es ist etwas, das über mich kommt, und ich kann mich nicht dagegen wehren."

In der Zeit, in der er drei Frauen tötete, habe er normale Beziehungen zu mehreren Frauen gehabt. Deren Urteil über Ernst-Dieter Beck: aufmerksam und liebenswürdig. Bis heute sitzt der mittlerweile 76 Jahre alte Dreifachmörder hinter Gittern.

INFORMATION


Multiple Murderers

Max Haines ist Autor der Kriminalkolumne Crime Flashback, die 1972 erstmals in der Toronto Sun erschien. Er hat zahlreiche Bücher über Kriminalfälle veröffentlicht, darunter "Multiple Murderers".

In dem Werk aus dem Jahr 1994 steht der dreifache Mörder Ernst-Dieter Beck neben weiteren berüchtigten Tätern der Kriminalgeschichte: neben Jeffrey Dahmer, der tagsüber in einer Schokoladenfabrik arbeitete und abends Menschenfleisch in seinen Kühlschrank legte. Neben Andrei Tschikatilo, der statt Karriere in der kommunistischen Partie der Sowjetunion zu machen, sich bei Bahnfahrten seine zumeist kindlichen und jugendlichen Mordopfer aussuchte.

Charles Manson steht in diesem Buch, dessen Bande die schwangere Ehefrau von Regisseur Roman Polanski aufschlitzte. Oder Aileen Wuornos, die im Film "Monster" von Charlize Theron dargestellt wurde.