Nach schwerem Unfall in Herford: Welche Verkehrsregeln (nicht) auf Supermarkt-Parkplätzen gelten

Herford/Hiddenhausen. Am Rande des tragischen Unfalls an einem Zebrastreifen auf dem Marktkauf-Parkplatz in Herford vor paar Tagen ist bei einigen Lesern die Frage aufgekommen: Welche Verkehrsregeln gelten eigentlich auf Supermarktparkplätzen? Die NW hat mit einem Experten darüber gesprochen. Wie berichtet, war eine Frau (65) am Dienstagmorgen, 23. September, auf dem Gelände am Deichkamp von einem Lieferwagen erfasst worden, in der Folge schwer gestürzt und hatte sich lebensgefährliche Verletzungen zugezogen. Die Hiddenhauserin soll kurz zuvor durch den Haupteingang des Marktes auf einen dortigen Fußgängerüberweg getreten sein. Der 27-Jährige am Steuer des Transporters hatte die Frau mutmaßlich übersehen. Die Ermittlungen der Polizei zum genauen Hergang des Unglücks laufen. Relativ klar sein dürfte, dass der Fahrer des Transporters nur sehr langsam fuhr. Geprüft werden sollte unter anderem, ob er seinen Wagen vor dem Zebrastreifen ganz gestoppt hatte oder noch rollte, bevor es zum fatalen Zusammenstoß kam. Laut Zeugen soll der Mann zunächst gewartet haben, bis zwei andere Fußgänger den Überweg passiert hatten. Mehr zum Thema: Vor dem Herforder Marktkauf von Lieferwagen erfasst: Frau schwebt in Lebensgefahr Das sagt ein Experte für Verkehrsrecht Am Herforder Marktkauf weisen – wie an vielen anderen Verbrauchermärkten auch – Schilder an den Zufahrten zum Parkplatz darauf hin, dass dort die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) gelten würden. Wer also mit dem Auto dort zum Shoppen hinfährt, dürfte denken, dass auf dem viel befahrenen Gelände beispielsweise die bekannte Rechts-vor-Links-Regel greift. Doch sei das für gewöhnlich gar nicht der Fall, wie der Hiddenhauser Rechtsanwalt Ralf Eggersmann – unter anderem ist der 53-jährige Experte für Verkehrsrecht – erklärt: &bdquo;Und das wissen wohl auch nur die Allerwenigsten.“ Denn die Rechtslage sei äußerst kompliziert. &bdquo;Supermarktparkplätze, die ja in der Regel privat sind, gelten zwar als öffentlicher Verkehrsraum. Aber die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung, wie wir sie kennen, greifen nicht automatisch. Es handelt sich schließlich nicht um öffentlich gewidmete Straßen“, so der Jurist. Finden sich dort also sogenannte Zebrastreifen – wie am Marktkauf Herford der Fall –, erfüllen diese nicht automatisch dieselbe (Schutz-)Funktion wie Fußgängerüberwege auf öffentlichen Straßen mit einem Vorrang für Fußgänger. Was aber grundsätzlich gelte, sei der Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung. Eggersmann: &bdquo;Somit greift sozusagen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.“ Konkret lauten die beiden Absätze des Paragrafen: &bdquo;Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht“ sowie &bdquo;Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“ Daraus lasse sich ein wichtiger Grundsatz ableiten, so der Rechtsanwalt: &bdquo;Nämlich, dass auf Parkplätzen vor Einkaufsmärkten nur Schrittgeschwindigkeit – das sind 5 bis 7 km/h – gefahren werden darf. Aber da hält sich bekanntlich kaum jemand dran.“ Lesen Sie auch: Gefährlicher Unfall in Hiddenhausen: Kombi prallt in Anhänger voller Propangas Was die Gerichte sagen Zurück zur Rechts-vor-Links-Regel. Die ist tatsächlich für die meisten Laden-Parkplätze, die gewöhnlich aus einer asphaltierten oder gepflasterten Fläche mit eingezeichneten Parkboxen bestehen dürften, nicht bindend. Auch wenn dort laut Beschilderung die StVO gilt. &bdquo;Schließlich kann ich als privater Grundstücksbesitzer nicht bestimmen, dass auf meinem Gelände verwaltungsrechtliche Bestimmungen zur Anwendung kommen“, sagt der Experte. Doch die Gerichte – allen voran der Bundesgerichtshof (BGH) – behandeln das Thema teils anders. Ralf Eggersmann erklärt: &bdquo;Je mehr ein Parkplatz einen Straßencharakter hat, desto eher kommen die Grundzüge entsprechend der StVO zur Anwendung. Vom Grundsatz her ist das eine Auslegungssache – es kommt auch immer auf die Beschaffenheit des Parkplatzes an.“ Soll heißen: Verfügt ein Parkplatz etwa über Fahrspuren für verschiedene Richtungen, die mit Pfeilen oder anderen Markierungen abgegrenzt sind, könnten verkehrsrechtliche Vorschriften auf diese Fläche übertragen werden. &bdquo;Dann könnte auch die Rechts-vor-Links-Regel greifen, ebenso wie das Rechtsfahrgebot, das ansonsten auch nicht zwingend wäre“, so der Jurist. Letztlich appelliert Verkehrsexperte Ralf Eggersmann: &bdquo;Wir müssen auf solchen öffentlichen Supermarktparkplätzen alle sorgsamer miteinander umgehen, besonders auf Fußgänger achten.“

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