Chancen und Barrieren: Wie leben Familien mit internationaler Geschichte in Herford?

Herford. Wie leben Menschen mit internationaler Familiengeschichte in Herford? Diese Frage hat ihnen die Arbeitsgemeinschaft (AG) Vielfalt unter Leitung der Integrationsbeauftragten Kerstin Fiebig im Sommer 2024 gestellt. Hintergrund war Herfords Teilnahme am Projekt &bdquo;Zukunftswerkstatt Kommunen – Attraktiv im Wandel“. Die Stadt erhielt von 2021 bis 2024 eine Bundesförderung für ihre Schwerpunkte Alter und Integration. Die Online-Befragung, an der um die 300 Personen teilgenommen, aber nur rund 150 den Fragebogen komplett ausgefüllt haben, sollte Erkenntnisse zu den Bedarfen, Fähigkeiten und Kenntnissen der sehr heterogenen Gruppe bringen. Das seien zwar weniger als erhofft, hieß es kürzlich im Integrationsrat von Seiten der Verwaltung. Die Antworten seien aber qualitativ so gut, dass sie damit etwas anfangen könnten. Demnach lebte ein Drittel der Befragten schon 20 Jahre oder länger in Herford, ein Viertel bis zu drei Jahre, so Fiebig. Der überwiegende Anteil fühle sich wohl und zu Hause in der Stadt. Ein Viertel engagiert sich ehrenamtlich. Ein weiteres Viertel würde sich gerne ehrenamtlich engagieren, ihm fehlten aber Informationen zu den Möglichkeiten und direkte Kontakte zu Vereinen. Lesen Sie auch: Neustart im ÖPNV: Ehepaar wird Busfahrer-Duo im Kreis Herford Probleme bei der Wohnungssuche und auf der Arbeit Die meisten Antworten kamen allerdings von Menschen zwischen 25 und 45 Jahren, einem Alter, in dem die Betreffenden in der Familienphase sind. Da sei die Zeit knapp, sagte Fiebig. Manche waren aber auch unsicher, ob ihr Engagement überhaupt gewollt ist, etwa weil sie aus einem anderen Land kommen oder eine andere Hautfarbe haben. Andere wollten erst besser Deutsch lernen und dann loslegen. Viele wünschten sich mehr Informationen darüber, welche Veranstaltungen wo stattfinden, sowie für sie passende Kulturangebote. Einige regten an, dass die Stadt mehr Orte der Begegnung schafft, an denen sie Willkommenskultur im Sinne von gegenseitigem Respekt leben könnten. Mit Blick auf Chancengerechtigkeit und soziale Teilhabe ergab sich ein gemischtes, aber überwiegend positives Bild, sagte Fiebig. Tendenziell nannten die Befragten Probleme bei der Wohnungssuche, auf dem Arbeitsmarkt und bei der Interessenvertretung in der Öffentlichkeit. Je länger die Personen in Herford lebten, desto mehr verträten sie aber die Ansicht, dass sie selbst für sich einstehen sollten. Auch interessant: Spielerisches Sprachenlernen bei der interkulturellen Woche &bdquo;Das hätte es unter Hitler nicht gegeben“ Wohlfühlorte sind vielfach Parks, die aber, sobald es dunkel wird, Unbehagen auslösen. Insbesondere im Aawiesenpark und auf der Steinstraße fühlen sich die Befragten dann nicht sicher. Ebenso verhält es sich beim Warten auf den Bus. Einige berichten von Belästigungen aus Gruppen heraus, auch gegen Frauen, vor allem wenn sie Kopftuch tragen. Die Hälfte der Befragten gab an, mindestens einmal diskriminiert worden zu sein, viele mehrmals, eine kleine Gruppe regelmäßig. Aussehen, Religion und Sprachdefizite seien dafür Kriterien. Die meisten Vorfälle gibt es demnach im Alltag und bei der Arbeit. &bdquo;Ich könnte etliche Beispiele nennen“, schreibt eine Person im Fragebogen. &bdquo;Blicke, Worte (was hast du eigentlich für einen Abschluss?). Dabei habe ich einen Universitätsabschluss und verdiene ganz ordentlich.“ Eine Frau schreibt: &bdquo;Ein Freund meines deutschen Schwiegervaters äußert sich . . . rassistisch über vermeintlich besonders hohe Ausländerkriminalität und sagt wörtlich: ,Das hätte es unter Hitler nicht gegeben.’“ Und weiter: Menschen sprechen meinen Namen falsch aus und geben sich auch keine Mühe, das zu ändern (obwohl er nicht schwierig ist).“ Lesen Sie auch: Bielefelder Zöllner prangern Machtmissbrauch und Diskriminierung in eigener Behörde an &bdquo;Die bringen mich um“ Eine Frau berichtet, dass sie ihren Arzt um eine Verordnung für eine Physiotherapie gebeten hat. Die Antwort: &bdquo;Meine Liebe zu ihresgleichen ist nicht so groß, dass ich sie jetzt mit Physiotherapie verwöhne.“ Von ihrem Grundschulkind berichtet die Herforderin, dass es dort seine Freude über den Erfolg der Türkei bei der Fußball-EM nicht zeigen wollte. Das Mädchen sagte über seine Mitschüler: &bdquo;Die bringen mich um.“ &bdquo;Auf Wohnungsanzeigen gab es selten Rückmeldungen, obwohl eine gute Schufa-Auskunft vorlag mit einem Beruf im öffentlichen Dienst“, berichtet eine Person. &bdquo;Einmal gab es sogar die Rückmeldung, dass der Vermieter lieber einen Mieter hätte, dessen Nachname in Deutschland geläufiger ist.“ Eine andere Person berichtet, sie habe ihr Leben so eingerichtet, dass sie nicht mehr abhängig von Anderen ist: &bdquo;Ich suche keine Wohnung mehr, und mein Arbeitsplatz ist auch sicher.“ Aber wenn sie durch die Stadt gehe und die Leute über die Jugendlichen schimpfen höre oder in den Sozialen Medien lese, was ihre Nachbarin von Ausländern hält, &bdquo;dann macht mich das weiterhin traurig“. Vieles halten Menschen mit internationaler Familiengeschichte auch für sehr positiv. Neben den Parks sind das unter anderem die Verwaltung, die Müllabfuhr, das Sportangebot und Ähnliches. Verbesserungsvorschläge gibt es natürlich trotzdem: weniger Leerstände, mehr Freizeitangebote, zum Beispiel. Das sind allerdings Themen, die alle betreffen. Die Stadt will auf Basis ihrer Erkenntnisse aus der Befragung die Beteiligungsmöglichkeiten für Menschen mit internationaler Familiengeschichte ausbauen. Denn alle sollen gerne in Herford leben. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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