Helden im Alltag: Ersthelfer retten Unfallopfer in Herford aus dem Auto

Herford. Ein lauter Knall durchbrach am Sonntag, 27. Juli, die abendliche Ruhe im Oetinghauser Weg – ein Auto hatte sich überschlagen und blieb auf dem Dach liegen. Was dann geschah, war ein eindrucksvolles Beispiel für Zivilcourage: Mehrere Menschen zögerten keinen Moment und wurden zu Lebensrettern. Drei von ihnen hat die NW getroffen. Nina Fisher (50), ihre Tochter Lara Sophie (19) und deren Freund Hamad (20) saßen nach dem Abendessen noch gemeinsam auf der Terrasse, als sie ein lautes Unfallgeräusch hörten. Ohne zu zögern, rannten sie zur Straße – der Anblick, der sie erwartete, war dramatisch: Ein roter Mazda-Kleinwagen lag auf dem Dach, ein verletzter Junge stand benommen auf der Straße. Seine Mutter, die Fahrerin des Wagens, war noch im Wrack eingeklemmt. &bdquo;Die Frau wollte eigentlich durch die geborstene Scheibe nach draußen, was mit den ganzen Splittern natürlich unmöglich war“, berichtet Nadine Fisher über die ersten Momente am Unfallort. Schnelles Handeln war gefragt. Lara Sophie Fisher, die im August eine Ausbildung am Klinikum Herford beginnt, reagierte instinktiv, öffnete die Fahrzeugtür und befreite die schwer verletzte Frau aus dem Auto. Währenddessen kümmerte sich Hamad um den zehnjährigen Sohn, der sichtlich unter Schock stand. Lesen Sie auch: Mutter und Sohn bei schwerem Unfall in Herford verletzt Eine Hälfte Helfer, die andere Hälfte Schaulustige &bdquo;Es war keine Zeit zu überlegen, wir haben einfach geholfen“, berichtet Nina Fischer später der NW. Während es bei dem Jungen bis auf kleinere Kratzer an den Händen keine erkennbaren Wunden gab, bot sich bei der Mutter ein anderes Bild. Nina Fisher berichtet, dass die Fahrerin wohl eine massive Kopfverletzung gehabt hätte. Und so haben die Helfer schnell den Verbandskasten aus ihrem Auto geholt und der verunglückten Fahrerin die Kopfwunde verbunden. Parallel dazu haben zwei Jungs, die auf Mopeds vorbeikamen, den Rettungswagen (RTW) gerufen. Fisher erlebte den Moment zwiespältig. So sollen die beiden Jugendlichen zwar den RTW verständigt haben, danach aber mit den Smartphones das Geschehen um den Unfallort aufgenommen haben. Und auch sonst haben sich nach dem Unfall zahlreiche Menschen an der Unfallstelle im Oetinghauser Weg versammelt. Rund 20 Personen waren schließlich vor Ort. Etwa die Hälfte von ihnen versuchte zu helfen – die anderen schauten nur zu, filmten oder standen im Weg. Ein leider häufiges Phänomen bei schweren Unfällen - auch im Kreis Herford. Phänomen Gaffer: Weiterfahren, Telefon weg: Richtiges Verhalten am Unfallort .responsive23-YlXS7wDiy0tEJUOm-bar-grouped-vertical-entwicklung-verkehrsunfaelle-im { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-YlXS7wDiy0tEJUOm-bar-grouped-vertical-entwicklung-verkehrsunfaelle-im { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-YlXS7wDiy0tEJUOm-bar-grouped-vertical-entwicklung-verkehrsunfaelle-im { padding-top: 142.86%; } } Erstversorgung in Herford nach fünf Minuten beendet &bdquo;Das finde ich unmöglich“, sagt Nina Fisher. &bdquo;Von überall her kamen plötzlich Leute. Ich dachte: Was wollt ihr denn jetzt eigentlich hier. Es sind doch genug Leute, hier die helfen, es wird sich gekümmert. Warum müsst ihr hier hinlatschen?“ Noch unangenehmer soll es geworden sein, als sich Personen am Unfallort versammelt haben, deren Fahrzeuge von der Fahrerin ebenfalls touchiert wurden. Im Beisein der Verletzten hätten diese erzählt, dass ihr Pkw gerammt worden sei, was die Unfallverursacherin in dem Moment verunsicherte. Sie habe zu weinen begonnen. &bdquo;Das hat zu dem Zeitpunkt einfach nicht gepasst“, kommentiert Nadine Fisher den Augenblick. Alles in allem war die Erstversorgung aber nach etwa fünf Minuten beendet. Dank des schnellen Eingreifens der vielen Ersthelfer konnte die verletzte Mutter stabilisiert und der Junge beruhigt werden, bis die Rettungskräfte eintrafen. Ärger über Gaffer und Pöbler: Herforder Ersthelfer nach schwerem Unfall bepöbelt Hilfe auch ohne medizinisches Wissen möglich &bdquo;Der Schock über das, was hier gerade geschehen ist, kam bei uns erst später“, so Nina Fisher. Den Mut aufzubringen, in solch einer Situation zu helfen, ist für die Fishers selbstverständlich. Nadine Fisher hat am eigenen Leib einmal erfahren, wie es in einer Notlage ist, wenn niemand hilft. &bdquo;Ich hatte vor einigen Jahren ebenfalls einen schweren Autounfall und da hat niemand angehalten“, sagt sie und fügt an, dass dies auch einer der Gründe gewesen ist, weshalb sie in der aktuellen Situation nicht wegsehen konnte. Und was ihre Tipps sind, falls man selbst einmal in die Situation kommt, fasst Fisher, die als Stationsleiterin in einer Reha-Klinik in Bad Salzuflen arbeitet, in prägnanten Worten zusammen. &bdquo;Zuerst einmal sollte man gucken, was überhaupt passiert ist. Muss ich erst einen Rettungswagen rufen oder irgendwem helfen, weil das Fahrzeug zum Beispiel brennt oder jemand gerettet werden muss? Und dann sollte man versuchen, Ruhe in die Situation zu bringen. Und das kann auch jemand machen, der nicht aus dem medizinischen Bereich kommt.“ &bdquo;Für den Unfall haben die Kenntnisse eines Erste-Hilfe-Kurses auf jeden Fall ausgereicht“, kommentiert Lara Sophie die Situation. Aber genau hier liegt auch ein großes Problem. Lesen Sie auch: NRW führt verpflichtende Reanimationskurse an Schulen ein Auffrischung von Erste-Hilfe-Kurs ratsam Die meisten Menschen machen im Zuge ihrer Führerscheinprüfung einen Erste-Hilfe-Kurs. Laut einer Umfrage der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2023 liegt das bei mehr als ein Drittel der Befragten allerdings schon über zehn bis zwanzig Jahre zurück. Und wenn der Erste-Hilfe-Kurs mehr als 20 Jahre zurückliegt, fühlen sich von denen nur noch 13 Prozent sicher im Umgang mit der Herzdruckmassage, und 26 Prozent der Befragten verloren dieses Wissen ganz. &bdquo;Wichtig ist, dass man dieses Wissen mal wieder auffrischt, denn jeder kann selbst einmal darauf angewiesen sein“, appelliert Nina Fisher abschließend. Diese Auffrischung könne man beim DRK, den Maltesern oder anderen privaten Anbietern an einem Tag durchführen. Die Kosten dafür liegen zwischen 50 und 90 Euro und werden in manchen Fällen vom Arbeitgeber erstattet. Teilweise lassen sich die Kosten dafür auch von der Steuer absetzen. Die verletzte Frau vom Unfall am 27. Juli soll sich nach NW-Informationen auf dem Weg der Besserung befinden und keine bleibenden Schäden erlitten haben.News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

Meistgelesen