Plötzlich zu jung: Diese Drillinge aus Herford dürfen nun doch nicht wählen

Lasse, du warst in der vergangenen Woche noch in München auf Klassenfahrt. Genau zu dem Zeitpunkt, als ein 24-jähriger Afghane mit einem Mini in eine Menschenmenge gerast ist. Wie hast du den Anschlag vor Ort mitbekommen? Lasse: Wir waren mit einer kleineren Gruppe, so fünf, sechs Leute, knapp zwei Minuten vom Anschlagsort entfernt und haben Schreie gehört. Wir sind natürlich sofort zurück zu unserer Klasse gegangen und dann kamen auch schon direkt Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen an uns vorbei. Freunde und Familie haben sich gemeldet und gefragt, ob alles okay sei und was das für ein Einsatz ist, der da läuft. Auch unserem Lehrer war die ganze Situation nicht so geheuer, wir wussten ja noch von nichts und sind dann erst einmal gegangen. Wie ging eure Klassenfahrt nach diesem Anschlag weiter? Lasse: Nach dem Anschlag waren natürlich alle großen Plätze in München zugestellt mit Polizeiautos. Aber wir wollten uns unsere Abschlussfahrt davon nicht kaputtmachen lassen. Zum Thema: Schwer verletzte Mutter und Tochter bei Anschlag in München gestorben Eben durch solche Anschläge, wie sie auch in Magdeburg und Aschaffenburg passiert sind, hat sich die Migrationsfrage zum Top-Thema dieses Bundestagswahlkampfes entwickelt. Aber ist das auch das Thema, dass die Jugend so stark beschäftigt? Ole: Es ist schon das größte Problem. Ich meine, es lässt sich ja nicht leugnen, was die meisten für ein Täterprofil hatten. Ob das jetzt damit zusammenhängt, dass die nicht richtig integriert wurden oder etwas anderes schiefgelaufen ist – auf jeden Fall muss sich was ändern. Lasse: Hier in Herford erscheinen einem die Anschläge immer weit weg, wo man sich jetzt vielleicht nicht wirklich Sorgen drum machen müsste, dass es hier passiert. Aber wenn man guckt, wo andere Anschläge passiert sind, dann sind das jetzt auch nicht immer unbedingt Großstädte. Themenseite: Alles zur Bundestagswahl im Kreis Herford Welche Themen muss die Politik aus Sicht der Jugend neben der Migration noch dringend angehen? Hannes: Das Thema Handwerk auf jeden Fall. Da werden händeringend Leute gesucht. Ich mache selber gerade eine Ausbildung zum Maler und Lackierer und bin in einer Klasse mit 20 Leuten gestartet, jetzt sind es nur noch 14. Als mein Cousin vor drei Jahren seine Ausbildung gemacht hat, waren es noch zwei Klassen mit 30 Azubis. Ole: Das wird irgendwann vorne und hinten nicht mehr reichen und nur, wenn diese Probleme zügig gelöst werden, können wir die Infrastruktur und Deutschland modern und schön halten. .responsive23-xD9pugvQH15rOGhT-bar-horizontal-die-wichtigsten-probleme-nach { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-xD9pugvQH15rOGhT-bar-horizontal-die-wichtigsten-probleme-nach { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-xD9pugvQH15rOGhT-bar-horizontal-die-wichtigsten-probleme-nach { padding-top: 142.86%; } } Was muss dort konkret getan werden? Hannes: Ich wünsche mir einfach, dass meine Arbeit besser vergütet und vom Staat mehr gefördert wird. Ole: Aber auch die Digitalisierung, der Klimaschutz und die Bürokratie dürfen nicht vergessen werden. Ein Beispiel ist der Führerschein. Nicht nur, dass er immer teurer wird, wir müssen jetzt auch zehn Wochen allein auf unseren Antrag warten. Durch den vorgezogenen Wahltermin dürft ihr nun doch nicht wählen gehen, weil ihr noch nicht 18 seid. Im Herbst wärt ihr es gewesen. Und wie euch geht es auch rund 370 weiteren Jugendlichen in Herford. Was macht das mit euch? Fühlt ihr euch eures Stimmrechts beraubt oder seht ihr das ganz locker? Lasse: Das ist natürlich ein hartes Wort, aber das kann man schon so sagen. Es fühlt sich auf jeden Fall so an, als dürfte man nicht mitbestimmen, nur weil einige es nicht richtig hinbekommen haben. Es ist uns ein Stück Verantwortung genommen, auf die wir uns gefreut haben. Ole: Wir wissen aber auch alle drei, dass diese Neuwahl nötig und richtig ist und dass es trotzdem ein demokratischer Prozess ist. Hannes: Am Ende ist halt einfach auch Pech mit dabei. Also ist die Empörung nicht weniger junger Menschen übertrieben? Ole: Ich würde nicht sagen, dass das Thema Aufregerpotenzial hat. Klar, auf der einen Seite ist es halt einfach schade, auch weil es bei uns in diesem Jahr einfach perfekt gepasst hätte. Aber, dass man jetzt nicht auf die einzelnen Leute Rücksicht nehmen kann, was den Wahltermin betrifft, ist auch verständlich. Hintergrund: Hunderte Erstwähler in Herford verlieren ihr Stimmrecht Und trotzdem hätte man ja Lösungen finden können. Mit einer Wahlrechtsreform zum Beispiel. Hannes: Natürlich hätte man es einfacher lösen können. Etwa indem man gesagt hätte, alle, die bis zum ersten Wahltermin wahlberechtigt gewesen sind, dürfen auch jetzt im Frühjahr wählen. Aber da ist auch die Frage, wie schnell lässt sich so etwas umsetzen. Würdet Ihr sagen, dass euer Interesse an dieser Bundestagswahl durch den Stimmenverlust gesunken ist? Ole: Ja, auf jeden Fall. Man hat sich ja drauf gefreut und war immer am Mitlesen und am Recherchieren. Aber wenn man dann gesagt bekommt, du darfst nicht mehr, dann sinkt natürlich das Interesse, klar. Lasse: Wir haben uns jetzt trotzdem noch mit der Wahl auseinandergesetzt, aber nicht mehr so dolle und auch nicht so spezifisch mit den Parteien. .responsive23-TqEoN7pyKpMTCCqw-parl-herford-u18-wahl { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-TqEoN7pyKpMTCCqw-parl-herford-u18-wahl { padding-top: 76.92%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-TqEoN7pyKpMTCCqw-parl-herford-u18-wahl { padding-top: 100%; } } Lesen Sie auch: Ein überraschender Sieger und ein abgeschlagener Favorit bei der U18-Wahl Fühlt ihr euch denn generell, gerade als Jugendliche, von der Politik und vor allem den Politikern mitgenommen? Hannes: Wenn man sich selber engagieren will und sich wirklich dafür interessiert, dann gibt es da bestimmt gute Möglichkeiten und dann achtet man ja auch auf ganz andere Sachen. Aber, dass wirklich mal jemand auf dich zukommt und dir einfach neutral berichtet, wie Politik funktioniert, gibt es eher selten. Lasse: Viele junge Menschen holen sich ihre Informationen auch ausschließlich von TikTok oder aus anderen sozialen Medien, wo das dann häufig aber sehr populistisch rübergebracht wird. Und häufig gar nicht mal von den Politikern selbst kommt, sondern einfach von Fans, die da irgendwelche Ausschnitte teilen, nur um damit Klicks generieren. Und davon, das muss man einfach sagen, lassen sich echt viele Leute beeinflussen. Hannes: Ich meine, wenn ich so mit 14 oder 15 einen Prank (Streich) auf Youtube gesehen habe, dann dachte ich auch, der wäre echt. Aber eigentlich war er ein Fake. Die richtige Internetnutzung ist wichtig, dass man weiß, wo man die Informationen herzieht und vor allem, wie sie einzuordnen sind. Zum Liveticker: Alle wichtigen News rund um die Bundestagswahl 2025 Wann war das erste Mal, dass ihr so richtig mit Politik in Berührung gekommen seid? Hannes: Die Corona-Zeit natürlich. Lasse: Ja, ich würde auch sagen, dass so ab 2020 die Zeit war, bei der es bei uns angefangen hat, dass wir täglich über Politik reden. Wir diskutieren mittlerweile auch viel mit unseren Eltern oder anderen Familienmitgliedern. Hannes: So mit 14 oder 16 fängt man ja ohnehin oft damit an sich für Politik zu interessieren und so ein Ereignis wie Corona hat das ganze natürlich nochmal ein bisschen gepusht. Auch wenn ihr selbst nicht wählen dürft: Was ist euer Appell an die Wähler? Alle drei: Dass sie wählen gehen und das richtige wählen. Hannes: Aber auch unabhängig von der Wahl, dass sie wieder mehr miteinander reden, statt sich gegenseitig bei Protesten anzuschreien. Und sich nicht gleich bei jeder Meinungsverschiedenheit direkt als Nazis oder links-grün versifft beschimpfen. Das führt halt zu nichts, sondern ist Teil des Problems.

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