Kein Strom, kein Wasser und Termiten: Wie Abiturientinnen sich für Mütter in Tansania engagieren

Kreis Herford. Das Abi haben sie alle in der Tasche. Doch bevor sich die berufliche Zukunft von Lea Joseph, Jule Klein und Sveva Schmidt festigt, machen die drei jungen Frauen ein Freiwilliges Soziales Jahr. Seit vergangenem September sind sie in Afrika und kümmern sich in der Stadt Mwanza in Tansania um Mütter und ihre kranken Kinder. Das &bdquo;House of Hope“ ist ein Jahr lang ihr Zuhause auf Zeit. Die drei Frauen haben sich über die Organisation Freunde Waldorf kennengelernt. Lea kommt aus dem Kreis Herford, genauer gesagt aus Bünde, Jule stammt vom Bodensee und Sveva lebt eigentlich in München. Jetzt sind sie gemeinsam in Tansania: &bdquo;Wir können hier etwas bewirken“, darin sind sie sich über das Entwicklungshilfe-Projekt einig, das sie alle über eine Internetrecherche gefunden haben. Die Krankheiten Spina Bifida (offener Rücken) und Hydrocephalus (Wasserkopf) sind bei Neugeborenen in Ostafrika weit verbreitet, aber noch recht wenig erforscht, erzählen die drei Frauen. Wird das Krankheitsbild möglichst früh operiert, können die Kinder mit der Behinderung gut leben. Das Krankenhaus in der Stadt Mwanza, die direkt am Victoriasee liegt, ist regelmäßig überfüllt. &bdquo;Die Patienten kommen hier nicht sofort dran, haben oft aber eine sehr lange Busfahrt hinter sich“, berichtet die Bünderin. Platz gibt es für acht Frauen, oft ist das Haus überfüllt Die Mütter hätten in der Vergangenheit mit ihren Kindern auf der Straße geschlafen, weil sie entweder kein Geld für ein Rückfahrticket mehr hatten oder ihren Platz in der Warteliste des Krankenhauses nicht aufgeben wollten. Hier kommt das Projekt der Freunde Waldorf ins Spiel. Im &bdquo;House of Hope“ finden Mütter mit ihren Kindern, die meisten sind nicht älter als anderthalb Jahre, eine Bleibe, sowohl vor der Operation als auch anschließend für die Nachsorge. &bdquo;Es kann manchmal Wochen oder gar Monate dauern, bis der Termin klappt“, berichtet Lea von den ersten vier Monaten vor Ort. Und für diese Zeit leben sie alle gemeinsam in einem Haus – auch die Freiwilligen sind hier untergebracht. &bdquo;Wir haben eigentlich Platz für acht Personen, es waren aber auch schon 28 auf einmal hier“, sagen die drei Frauen. Vier Räume gibt es, das Wohnzimmer wird abends zum Gemeinschaftsschlafsaal. &bdquo;Es ist unglaublich, zu sehen, wie dankbar die Frauen sind. Auch wenn sie sich eine Matratze teilen müssen“, sagt Lea. Lea, Jule und Sveva übernehmen im Krankenhaus die Sprechstunde Die 20-Jährige schätzt an diesem Projekt, dass die Frauen sich über ihre Situation austauschen können. Sie merken, dass sie nicht alleine sind und niemand ausgestoßen werde. Jule ergänzt: &bdquo;Der Zusammenhalt zwischen den Frauen ist einfach schön zu sehen, gerade für mich als junge Frau“, sagt die erst 18-Jährige. Menschen mit Behinderungen haben in Tansania keinen guten Stand. Mädchen und Jungen mit &bdquo;offenem Rücken“ und Hydrocephalus werden oftmals verstoßen. Viele Männer verlassen nach der Geburt die Familie, weil sie denken, dass die Frau, die solch ein Kind gebärt, verflucht sein müsse. &bdquo;Uns geht es auch darum, ihnen zu zeigen, dass das Leben mit einem behinderten Kind lebenswert sein kann“, erzählt Sveva, die innerhalb des Projekts einen medizinischen Schwerpunkt hat. Die 19-Jährige will Medizin studieren und sammelt vor Ort in Afrika &bdquo;prägende Eindrücke“, wie sie sagt. Gemeinsam mit Lea und Jule betreut sie die Sprechstunde im Krankenhaus der Stadt Mwanza, kümmert sich um die Mütter und die jungen Patientinnen und Patienten und erhebt Daten für eine Statistik. Abends gibt es immer Reis mit Bohnen Zudem begleitet sie die Kinder in den Operationssaal, ist bei der OP ebenso dabei wie auf der Aufwachstation. &bdquo;Es ist total spannend, weil ich alles mitverfolgen kann“, sagt Sveva, die sich mit den Krankheitsbildern, die in Europa sehr selten vorkommen, auch in Zukunft weiter beschäftigen will. &bdquo;Ich möchte Aufklärung betreiben.“ So sehr alle drei ihren Freiwilligendienst wertschätzen, so sehr kämpfen sie vor allem mit dem eintönigen Essen. Morgens gibt es einen flüssigen Brei aus Maismehl und Wasser, abends Reis mit Bohnen oder Linsen. Reihum übernehmen die Mütter im &bdquo;House of Hope“ das Kochen. &bdquo;Sie sollen hier einen Alltag haben, der ähnlich wie der zu Hause ist.“ Abwechslungsreich ist es dennoch nicht. Und auch nicht nährstoffreich. &bdquo;Durch eine private Spende können wir gerade alle zwei Tage Obst kaufen und reichen einen großen Obstsalat“, sagt Lea, die mit Jule und Sveva vor Ort auch Salat anpflanzt und überlegt, Hühner anzuschaffen, damit es frische Eier gibt. &bdquo;Wir haben uns einige tolle Projekte überlegt, haben auch schon angefangen, die Wände des Hauses zu streichen, damit es wohnlicher wird“, sagt die Frau aus dem Kreisgebiet. Es gibt keinen Strom und selten fließend Wasser Auch neue Toiletten – &bdquo;wir haben jetzt zwei westliche und zwei lokale“ – und neue Duschen – &bdquo;allerdings nur mit kaltem Wasser“ – gebe es mittlerweile. &bdquo;Das Haus selbst ist schon sehr in die Jahre gekommen und renovierungsbedürftig“, sagt Lea. Es gebe keinen Strom, kaum fließend Wasser, die Matratzen muffen, Termiten und Mäuse gibt es ebenfalls. &bdquo;Und es ist viel zu klein“, sagt die 20-Jährige. Das Ziel ist, ein neues Haus auf dem Grundstück zu bauen. Dafür sind die drei jungen Frauen und die Organisation Freunde Waldorf auf Spenden angewiesen. &bdquo;Es soll ein ordentliches Haus werden, mit einem großen Schlafsaal.“ Damit die Frauen mit ihren kleinen Kindern in Tansania noch besser versorgt werden können. Mehr Informationen gibt es hier.

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