Begrüßung der Neubürger

Herford heißt seine Neubürger willkommen

65 Männer, Frauen und Kinder erhalten bei der ersten öffentlichen Einbürgerungsfeier im Ratssaal ihre Einbürgerungsurkunde. Die Feier ist Teil der Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts.

Haifa Jirdo (l.) und ihr Mann Omer Alyas mit ihren beiden Kindern. Gemeinsam mit ihrer Tochter nahm die aus dem Irak stammende Frau die Einbürgerungsurkunde entgegen. | © Björn Kenter

Björn Kenter
28.10.2024 | 28.10.2024, 16:02

Herford. Der 23. Oktober 2024 wird Haifa Jirdo wohl immer im Gedächtnis bleiben. Zusammen mit ihrer Tochter hat sie die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Die Freude über den offiziellen Beginn eines neuen Lebensabschnitts ist ihr deutlich anzusehen. Haifa Jirdo strahlt über das ganze Gesicht. „Ich kann nun endlich in einem Land ohne Krieg leben. Es lohnt sich, zu kämpfen“, sagt die zweifache Mutter, die mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Herford lebt, mit einer Mischung aus Nachdruck und großer Erleichterung.

Die gebürtige Irakerin und ihre Tochter gehören zu den 65 Männern, Frauen und Kindern, die bei der öffentlichen Einbürgerungsfeier im Ratssaal neben der Einbürgerungsurkunde auch eine Rose und das Grundgesetz von Bürgermeister Tim Kähler erhalten. Die meisten kommen aus Syrien, dem Irak und der Türkei.

Die Feier ist Teil der Ende Juni in Kraft getretenen Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts. Wer einen deutschen Pass haben möchte, kann seinen ausländischen Pass demnach behalten und muss sich nur noch fünf statt acht Jahre in Deutschland aufgehalten haben.

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Bei besonderen Integrationsleistungen ist eine Verkürzung auf drei beziehungsweise sechs bis sieben Jahre möglich. Weitere Voraussetzungen für die Einbürgerung sind die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts, ausreichende deutsche Sprachkenntnisse und keine Vorstrafen. Sieben der 65 Neubürger haben ihren Antrag seit Ende Juni gestellt.

„Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl“

Aus den Händen von Tim Kähler nahmen die Neubürgerinnen und Neubürger die Einbürgerungsurkunde entgegen. - © Björn Kenter
Aus den Händen von Tim Kähler nahmen die Neubürgerinnen und Neubürger die Einbürgerungsurkunde entgegen. | © Björn Kenter

„Sie geben uns damit ein Kompliment, weil Sie die Chance sehen, hier Ihre Kinder großzuziehen“, wandte sich Tim Kähler an die Neubürger. „Ich freue mich über die große Zahl an Einbürgerungen und hoffe, dass Ihre Hoffnungen und Wünsche in Erfüllung gehen. Sie sind eine Bereicherung für uns.“ Die doppelte Staatsbürgerschaft sei überfällig gewesen. Nun sei Deutschland ähnlich modern wie andere europäische Länder. „Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl“, zitierte Kähler aus dem Lied „Heimat“ von Herbert Grönemeyer.

Haifa Jirdo lebt seit 2021 in Herford. „Ich bin 2015 aus dem Irak nach Deutschland gekommen und war zunächst in Berlin und in Schwerin. Anschließend habe ich vier Jahre in Löhne gewohnt und bin dann nach Herford gezogen“, schildert sie ihren Weg. Vor drei Jahren übernahm sie das HBB-Bistro im Herforder Bahnhof und ist damit sehr glücklich. „Die Kunden sind zufrieden“, sagt die 31-Jährige. „Ich habe zwei Kinder und hatte keine Zeit, noch eine Ausbildung zu machen“, begründet sie die Entscheidung, das Bistro zu übernehmen.

Neben den Neubürgern waren auch zahlreiche Angehörige zur Feierstunde in den Ratssaal gekommen. - © Björn Kenter
Neben den Neubürgern waren auch zahlreiche Angehörige zur Feierstunde in den Ratssaal gekommen. | © Björn Kenter

„Die Menschen geben hier nicht nur einfach ihre Anträge ab“

Handan Kaya, Teamkoordinatorin im Servicebüro für Einbürgerung, hat Menschen wie Haifa Jirdo auf ihrem Weg zur Einbürgerung begleitet und dabei viele Einzelschicksale miterlebt. „Ich kenne hier jeden Einzelnen“, sagt die Koordinatorin am Rande der Einbürgerungsfeier. „Die Menschen geben bei uns nicht nur ihre Anträge ab, wir erfahren auch ihre Geschichten und fühlen mit ihnen“, betont Kaya. So habe es eine Frau nicht mehr geschafft, ihre Mutter vor deren Tod in ihrem Heimatland noch einmal zu besuchen.

Die bisherigen Erfahrungen seit der Eröffnung des Servicebüros an der Johannisstraße im Juli bewertet Handan Kaya sehr positiv. „Das sind alles Leute, die die Voraussetzungen für die Einbürgerung mehr als erfüllt haben. Ich freue mich, sie auf einem Stück ihres Weges begleiten zu können.“

Seit der Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts sei die Einbürgerung nicht leichter, sondern lediglich kürzer geworden, hebt Kaya hervor. „Wir schauen, ob alle Voraussetzungen erfüllt sind, das ist eine sehr komplexe Prüfung.“

Konzept des Servicebüros ist aufgegangen

Das Servicebüro biete neben einem terminfreien Zugang zahlreiche Infoveranstaltungen in Präsenz und Online an. Zudem sei die Telefon-Hotline montags bis freitags von 7 bis 18 Uhr erreichbar. „Je besser wir die Menschen informieren, umso transparenter wird es“, erklärt Kaya. Grundlage sei eine umfassende Erstberatung. „Wir versuchen immer, den Menschen Lösungen mit auf den Weg zu geben, wenn es möglich ist.“ Sei jedoch jemand zum Beispiel im Jobcenter-Leistungsbezug, sage man ihm, dass eine Einbürgerung nicht möglich ist.

Aus den Händen von Tim Kähler nahmen die Neubürgerinnen und Neubürger die Einbürgerungsurkunde entgegen. - © Björn Kenter
Aus den Händen von Tim Kähler nahmen die Neubürgerinnen und Neubürger die Einbürgerungsurkunde entgegen. | © Björn Kenter

„Das Konzept des Servicebüros ist aufgegangen. Bisher haben wir 1.438 Beratungsgespräche geführt. Die Menschen kommen hier ohne Termin vorbei. Es ist ein niedrigschwelliges Angebot“, sagt Herfords Beigeordneter für Bildung, Jugend und Soziales, Patrick Puls.

Seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes seien in Herford 109 qualifizierte Anträge auf Einbürgerung entgegengenommen worden. Das seien doppelt so viele wie vorher. Bei einem Besuch im Servicebüro dankte Tim Kähler den Mitarbeitenden für ihren Einsatz: „Diese erste öffentliche Einbürgerungsfeier ist das Ergebnis der guten Vorarbeit. Die Kolleginnen und Kollegen machen einen guten Job. Dadurch ist die Bearbeitungsdauer von 18 Monaten deutlich unterboten worden.“