
Herford. Die Stadt darf noch in diesem Jahr 238.000 Euro ausgeben, um das neue Staatsangehörigkeitsrecht in die Praxis umzusetzen. Denn dafür bedarf es eines zusätzlichen Büros mit fünf Plätzen, einer Telefon-Hotline und drei weiterer Mitarbeiter, die befristet für zwei Jahre eingestellt werden sollen. Die Entscheidung fiel dem Stadtrat allerdings in Teilen schwer.
Denn der Haushalt ist erst vor wenigen Wochen verabschiedet worden. Vorausgegangen waren schmerzliche Etatkürzungen in allen Dezernaten. Hinzu kommt, dass die Stadt zu dem Zeitpunkt, da sie die Vorlage für die Ratssitzung erstellt hat, in Verhandlungen mit dem Vermieter eines Objekts war, der auf einen fünfjährigen Mietvertrag bestand. Deshalb hatte sie eine Nachnutzung des Büros als Anlaufstelle für Familien und Jugend vorgeschlagen. Inzwischen ist sie aber auch mit anderen potenziellen Vermietern im Gespräch.
Doch durch das neue Einbürgerungsrecht mit einer Verkürzung der Wartezeit auf einen deutschen Pass von acht auf fünf Jahre – bei besonderen Integrationsleistungen von sieben auf bis zu drei Jahre – erfüllen schon jetzt in Herford rund 700 Bürgerinnen und Bürger das Einbürgerungskriterium. „Über zwei Jahre werden wir die Mitarbeiter sicherlich gut beschäftigen können“, sagte Beigeordneter Patrick Puls.
Einsparungen durch eine restriktive Einwanderungspoltik
Ulrike Blucha (Grüne) hatte Bedenken, dass das Geld, anders als von der Stadt errechnet, nicht durch eine geringere Zuweisung von Flüchtlingen eingespart werden kann. Denn die Kosten für Personal und Büro sollen keine Mehrkosten sein, sondern durch Einsparungen an anderer Stelle zusammen kommen. Hintergrund ist eine restriktivere Zuwanderungspolitik, die auf europäischer und nationaler Ebene beschlossen wurde.
„Nach heutiger Sicht haben wir im Haushalt bei gewissen Ansätzen die Luft, das stemmen zu können“, sagte Bürgermeister Tim Kähler. Welche Entwicklungen in diesem Bereich in den nächsten Jahren entstehen, sei auch für die Verwaltung nicht absehbar, werde aber schon bei den nächsten Haushaltsberatungen Thema.
Wie so oft, seien auch im Bereich der Einbürgerung Kosten, die durch die Bundes- und Landesgesetzgebung, in diesem Fall durch ein Bundesgesetz, verursacht werden, nicht ausreichend gegenfinanziert, kritisierte Thomas Helmerking (CDU). Er unterstellte der Verwaltung, dass bereits ausgegebenes Geld nachträglich vom Stadtrat freigegeben werden solle. Dem widersprach allerdings der Sozialbeigeordnete Puls.
„Das sind die Fachkräfte von morgen“
Helmerking kündigte für seine Fraktion an, dass sie dem Wunsch der Verwaltung nach Personal und Büro nicht nachkommen wird. Kähler sagte, er hätte sich gewünscht, dass die Bundesregierung die Kosten sauber etaisiert, „aber das erlebe ich weder bei der Einbürgerung noch sonst wo“.
Georg Kownatzki (SPD) berichtete aus dem Welcome-Café, dem er seit Jahren angehöre: Viele dieser Leute hätten hier schon eine Ausbildung gemacht und wollten sich in Herford eine Zukunft aufbauen. Er kenne diese Menschen, sagt Kownatzki. Das seien die Fachkräfte von morgen, die so dringend gebraucht würden. „Wir investieren in die Zukunft unserer Gesellschaft.“ Für die FDP äußerte Günther Klempnauer, dass er die Investitionen für „unabdingbar“ halte.
Kähler sagte, er würde sich wünschen, dass möglichst viele Menschen, die eine deutsche Staatsbürgerschaft beantragen, sie auch bekommen. „Es muss unser Ziel sein, sie davon zu überzeugen, dass sie nach unseren Prinzipien unsere Regeln anerkennen. Und das tun sie, indem sie die deutsche Staatsbürgerschaft anstreben.“
Am Ende fiel die Entscheidung für die zusätzlichen Stellen, die Hotline und das Büro bei 24 Ja-Stimmen, 13 Nein-Stimmen und einer Enthaltung.