Herforder Klinikum: Puppen dienen als Testpatienten

Kreis Herford. Chefarzt Dietrich Henzler zieht einen hochfliegenden Vergleich: &bdquo;Bevor Piloten mit dem Flugzeug in die Luft gehen, trainieren sie in einem Simulator, was sie tun müssen.“ Medizinstudentinnen und -studenten können neuerdings an Puppen mit digital gesteuerten Reaktionen üben, wie sie mit Patienten bei bestimmten Krankheitsbildern umgehen müssen. Die neueren Puppen sehen schon sehr lebensecht aus und sie reagieren auch sehr lebensnah auf Ansprache, auf Beatmung, auf Betäubung und auf verschiedenste Behandlungsschritte. An den weiter entwickelten Pflegepuppen kann auch ein EKG aufgezeichnet und Blutdruck genommen und es können Ernährungssonden und Blasenkatheter gelegt werden. &bdquo;Patienten“ können bei Bedarf auch weinen oder bluten. So haben angehende Ärztinnen und Ärzte schon Erfahrungen, wenn sie echten Patienten gegenübertreten. Wenn der Lungensimulator einen Asthmaanfall hat Das Herforder Klinikum hat für die Ausbildung an seinen Universitätskliniken für Anästhesie, Chirurgie und Urologie mehrere solcher Puppen angeschafft. Neueste Errungenschaft ist ein Lungensimulator, das ist ein koffergroßes mechanisch-digitales Gerät, das per Schlauch an solch eine Puppe angeschlossen wird und je nach Einstellung wie eine erkrankte Lunge arbeitet und etwa auf Wiederbelebung und Narkose reagiert. Fertigkeiten, die angehende Mediziner erwerben müssen, nennt man neudeutsch &bdquo;Skills“. Schon 2016 hat das Klinikum Teams aufgebaut, die den medizinischen Nachwuchs in diesen Skills schulen. &bdquo;Viele Dinge wie Wunden nähen und Infusionen setzen will man nicht mehr an Patienten ausprobieren“, sagt Henzler. Er spricht von High-Fidelety-Simulationsgeräten, mit denen die Ausbilder am Klinikum nun arbeiten. Bei Musikanlagen bedeutet HiFi höchste Klangtreue - hier meint es wohl eine immer höhere Übereinstimmung mit echten Körperreaktionen. Training auch von seltenen Extremsituationen Das Training an Simulatoren erspart es Patienten in ihrer Not, sich neben den erfahrenen Ärzten auch von Anfängern umgeben oder gar behandelt zu sehen. &bdquo;Wir können nun auch seltene, lebensbedrohende Extremsituationen trainieren, denen man sich im echten Berufsleben nur einmal in 20 Jahren gegenübergestellt sieht“, sagt Henzler. Die Simulationsmöglichkeiten wurden mit Laufe der Jahre immer weiter ausgebaut bis hin zu Maßnahmen der Intensivmedizin. Der Lungensimulator etwa reagiert wie ein Mensch, der etwa einen Asthma-Anfall, eine Lungenentzündung oder ein Lungenversagen hat. Es werden auch Geräusche aus dem Körper simuliert. Für all das muss er aber vom Team erst programmiert werden. Ohnehin ist der künstliche Patient letztlich nicht von einem Computer mit seiner speziellen Software allein, sondern von einem Ärzteteam im Kontrollraum gesteuert. Das Klinikum hat in der Hochzeit von Corona auch ausgebildetes Klinikpersonal intensivmedizinisch am Simulator geschult, um auf die neuen Herausforderungen reagieren zu können. Ein Team sind auch die Studentinnen und Studenten, die sich zu zweit an dem künstlichen Patienten versuchen sollen, der tatsächlich in einem intensivmedizinischen Bett liegt. Das Team ist auf sich allein gestellt und ein weiteres Studenten-Team kann durch Live-Übertragung im Hörsaal mitverfolgen, was geschieht. Studenten können nachträglich eigene Arbeit auf Video sehen Die Behandlung wird auch als Film aufgezeichnet und die Studenten können ihre eigenen Aktionen nachträglich kritisch hinterfragen. Dazu gehört auch die Frage, ob ein Patient oder eine Patientin allgemein verständlich angesprochen oder mit Fremdwörtern überfrachtet wurde. In anderen Kliniken werden solche Patientengespräche auch mit geschulten Schauspielern geführt. Die aber sind rar. Im Klinikum antwortet auf Fragen die Regie im Kontrollraum über einen Lautsprecher - etwa in Person von Oberarzt Olaf Dräger. Zur Pressepräsentation stehen Janine Hus und Nina Lendl am Bett eines Patienten. Sie sind Studentinnen im zehnten Semester. &bdquo;Es ist spannend und die Hemmungen, etwas zu tun sind geringer“, meinen sie. Sie fragen den Patienten zunächst, wie es ihm geht, ob er Allergien hat, wo sein gesundheitliches Problem liegt und erklären, was sie tun, bevor sie mit der Narkose starten. Der Patient sieht immerhin noch nicht so krank aus wie die &bdquo;ältere Dame“ im Nachbarzimmer.

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