„Hohe Unzufriedenheit“: Rückschlag für schnelles Internet in Teilen von Herford

Herford. Die Herforder Wirtschaftsförderin Lisa Kunert hat eine berechtigte &bdquo;hohe Unzufriedenheit“ bei vielen Privatleuten und Unternehmen festgestellt, die später ans Breitband-Netz und damit ans schnelle Internet über Glasfaser angeschlossen werden, als vor Monaten noch zu erwarten war. Im Haupt- und Finanzausschuss benannte sie als eine Ursache veränderte Förderrichtlinien des Bundes zum Ausbau sogenannter &bdquo;weißer Flecken“ - das sind Gebiete in Teilen des Stadtgebietes, die mit der vorhandenen Geschwindigkeit des Internets als besonders unterversorgt gelten. Gut versorgte Stadtteile Das Stadtgebiet ist in Sachen Breitbandausbau ein Flickenteppich. Grundsätzlich weist Herford laut Breitbandatlas des Bundes im Bereich der Kernstadt sowie den Ortsteilen Herringhausen und Elverdissen bereits Quoten von 80 Prozent und höher in einer Breitbandversorgung von zukunftsfähigen 1 Gbit/s aus. In den äußeren Stadtteilen im Südwesten und im Nordosten der Stadt kann lediglich eine flächendeckende Versorgung von bis zu 100 Mbit/s und weniger festgestellt werden, heißt es in einer Erhebung der Stadt. Daseinsfürsorge nicht für schnelles Internet Ein verärgerter Bürgermeister Tim Kähler führte im Ausschuss einmal mehr das Schneckentempo im Breitband-Ausbau in Deutschland auf eine Jahrzehnte zurück liegende Fehlentscheidung einer CDU-FDP-Bundesregierung zurück. Die habe anders als im Jahr 1981 die Regierung von Helmut Schmidt die Maxime &bdquo;privat statt Staat“ umgesetzt. Die Folge sei heute, dass der Breitbandausbau anders als etwa Strom- und Wasserversorgung nicht als Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge gelte, sondern nach wirtschaftlichen Erwägungen von Unternehmen vonstatten gehe. &bdquo;Das funktioniert nicht, das ist eine Lachnummer“, stellte er fest. &bdquo;Hätten wir die ursprünglichen Pläne umgesetzt, wären wir seit 2020 voll digitalisiert. Ich verstehe die Bürger, die sauer sind.“ Die Systementscheidung sei aber unumkehrbar. Der ländliche Raum komme dabei zu kurz. So sei auch moderne Landwirtschaft ohne Digitalisierung nicht mehr möglich. Ausschussmitglied und Landwirt Werner Seeger bestätigte, dass bei ihm in Schwarzenmoor bisher nur leere Kunststoffrohre verlegt seien. Ausbau auf Risiko der Internetanbieter Der sogenannte &bdquo;eigenwirtschaftliche Ausbau“ in unterversorgten Herforder Gebieten durch das Gemeinschaftsunternehmen von Telekom und EWE &bdquo;Glasfaser Nordwest“ ist aktuell im Stadtteil Friedenstal abgeschlossen und in Arbeit in den Gebieten Radewiger Feldmark, Herringhausen, Neustädter Feldmark, Nordstadt. Eigenwirtschaftlich bedeutet, dass die Unternehmen auf eigenes wirtschaftliches Risiko ausbauen, weil sie sich ausreichend Kunden versprechen. Fristverlängerung für &bdquo;Weiße Flecken“ Der vom Bund geförderte Ausbau der &bdquo;weißen Flecken“ wird vom Kreis Herford koordiniert und von der Deutschen Glasfaser ausgeführt. Es sind Gebiete, in denen nur eine sehr mäßige Geschwindigkeit von 30 Mbit/s im Internet erreicht wird. Eigentlich hätten die beauftragten Unternehmen ihre Arbeiten bis Ende dieses Jahre abschließen müssen. Nun haben sie durch die Aktualisierung der Förderrichtlinie zwei weitere Jahre Zeit bekommen. Der Vorteil: Es konnten weitere Adressen in die Förderung einbezogen werden. Der Nachteil: Für Eigentümer, die mit der Deutschen Glasfaser mit der Zusage, dass das Netz bis Ende 2023 fertig gestellt sei, bereits einen Vertrag abgeschlossen haben, ist es ärgerlich, dass es nun länger dauert. Auf Bitten der Stadt Herford habe der Kreis Herford Kontakt mit dem Bund aufgenommen und juristische Beratung eingeholt, berichtet der Breitband-Koordinator der städtischen Wirtschaftsförderung, Sebastian Engbrocks. Und: &bdquo;Von rechtlicher Seite ist diese Verlängerung der Bauzeit aber leider als hinnehmbar anzusehen.“ Unterversorgte Gewerbegebiete Dann gibt es aktuell den geförderten Ausbau unterversorgter Gewerbegebiete, für den es im Oktober einen ersten Spatenstich an der Planckstraße gab. Hier wurden laut Engbrocks bei der Vergabe drei sogenannte Lose gebildet: Herford-Nord (Goebenstraße/Werrestraße/Waltgeristraße; Bielefelder Straße/Im Kleinen Felde/Hasenbrink); Herford-Mitte (Salzufler Straße/Ernstmeierstraße/Maschstraße, Gaußstraße, Hohe Warth, Heidsiek) und Herford-Süd (Elverdissen, Auf der Helle). &bdquo;Für die Bereiche Nord und Mitte haben wir bereits die endgültigen Fördermittelbescheide vom Bund erhalten, nachdem sich die finale Prüfung dort über neun Monate hingezogen hat“, erklärt Engbrocks auf Nachfrage. &bdquo;Hier soll Herford jetzt auch von der Bezirksregierung Detmold den Fördermittelbescheid für die Landesfördermittel erhalten, sodass zum Jahresbeginn mit der Baumaßnahme begonnen werden kann.“ Für den Bereich &bdquo;Süd“ werde die Stadt die Fördermittelbescheide erst im neuen Jahr erhalten können. Graue Flecken Als &bdquo;graue Flecken“ sind Gebiete definiert, in denen ein vorhandener Netzbetreiber in naher Zukunft wohl kein weiteres Netz aufbauen wird, weil es sich für ihn wirtschaftlich nicht lohnt. Hier ist aber nur eine Versorgung von unter 200 Mbits/s Geschwindigkeit im Up- und Download vorhanden. Das ist insbesondere für Bürger und Gewerbetreibende, die beruflich auf schnelles Internet angewiesen sind, oft zu wenig. In der Organisation des geförderten Breitband-Ausbaus in &bdquo;grauen Flecken“ ist die Stadt Herford federführend. Voraussetzung für eine Förderung ist ein sogenanntes Markterkundungsverfahren, in dem bei den Telekommunikationsunternehmen abgefragt wird, ob im Stadtbereich in den kommenden drei Jahren eigenwirtschaftliche Ausbauten der Glasfaserinfrastruktur geplant sind. Die Stadt hat mit erfolgter Markterhebung einen Antrag auf Fördermitteln nach der Gigabitrichtlinie 2.0 des Bundes gestellt, da im Ergebnis keine flächendeckende Versorgung mit Glasfaser im Stadtgebiet durch eigenwirtschaftlichen Ausbau der Unternehmen zu erwarten ist, erklärt Engbrocks. Zu gut versorgt für &bdquo;graue“ Förderung Nach dieser Gigabitrichtlinie werden die Fördermitteln nach einer Rangordnung vergeben. Für die zu vergebenden Punkte gibt es festgelegte Kriterien. &bdquo;Herford erreicht in diesem Ranking leider eine zu geringe Punktzahl - unter anderem, weil die Versorgungslage im Stadtbereich vergleichsweise gut ist“, erklärt der städtische Breitband-Koordinator. Der Bund habe vor einigen Wochen mitgeteilt, dass der für dieses Jahr gestellte Antrag aus diesem Grund abgelehnt werde und auch ein Schieben des Antrags auf das kommende Jahr keine größeren Erfolgsaussichten habe. Zudem dürfen die Ergebnisse der Markterkundungsverfahren nur ein halbes Jahr alt sein. Der Bund hat angeregt, mit bereits im Stadtgebiet tätigen Telekommunikationsunternehmen Gespräche aufzunehmen, die noch unterversorgten Adressen in die laufenden oder geplanten eigenwirtschaftlichen Ausbauvorhaben mit einzubeziehen. &bdquo;Das gehen Stadt und Kreis in den nächsten Wochen an“, sagt Engbrocks. Am Ende wird es trotz solcher Bemühungen wohl kein Turbo-Internet für jeden geben.

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