System Schule ist zu starr: So will ein Herforder jungen Leuten bei der Berufswahl helfen

Herford. Apotheker oder Anlagenmechaniker, Hotelier, Bauarbeiter, Ingenieur oder Verkäufer: Die Möglichkeiten zur Berufswahl sind riesig. Allein mehr als 320 anerkannte Ausbildungsberufe und rund 21.400 Studiengänge gibt es in Deutschland. Welcher Beruf darunter der passende ist, ist manchmal gar nicht so einfach zu beantworten. Bei der Berufsfindung hilft der Herforder Till Jacke. Er möchte die jungen Leuten auf dem Weg begleiten, eine Tätigkeit zu finden, die sie wirklich begeistert. Sein Ziel: "Sie sollen mit ihrer Entscheidung zufrieden sein." Der 28-Jährige hat sich mit seinem Konzept "Der Möglich-Macher" Anfang des Jahres selbstständig gemacht. Vorher hat er auf Lehramt studiert, wollte Sport- und Biologielehrer werden. Doch schon während des Studiums habe er sich entschieden, einen anderen Weg einzuschlagen. Das Referendariat hat er nicht mehr absolviert, dafür schon während des Studiums eine Coachingausbildung gemacht. "Das habe ich anfangs nur für mich gemacht", sagt Till Jacke. Dass die Ausbildung zum kontextuellen Coaching ihm bei seiner Selbstständigkeit heute weiterhelfen könne, hat er damals noch nicht ahnen können. Er sagt von sich selbst, dass er orientierungslos war, unter Studienzweifel litt und auch die Erwartung der Familie spürte. "Deswegen habe ich eine gute Ebene. Ich habe all das selbst mitgemacht, was viele heute durchmachen." In einem 1:1 Gespräch versucht er mit seinen Kunden den eigenen Weg zum Beruf zu finden. Er unterstützt auch bei beruflicher Neuorientierung und gibt Hilfen zu Bewerbungen. "Ich unterstütze sie dabei, aber bin nicht der Schlüssel. Sie sind diejenigen, die es selbst schaffen", sagt er. Berufsorientierung in der Schulzeit ist zu früh Die große Kernfrage bei den Workshops ist: "Wie passt dein Leben zu einem Beruf - und nicht, wie passt du zu einem Beruf", sagt er. Dabei steht der junge Mensch im Mittelpunkt, es gehe um eine persönliche und individuelle Zukunftsausrichtung. Zusammen soll die Tätigkeit gefunden werden, die zu den Interessen und Zielen der jungen Menschen passt. Das Thema Berufswahlorientierung wird auch in den Schulen in den Blick genommen. Etwa mit der Potenzialanalyse. Es gibt aber auch von Kommunen und Vereinen organisierte Berufsmessen. Für Jacke ist die Berufsorientierung in der achten Klasse noch zu früh. "Da ist der Beruf noch viel zu weit weg", sagt er, der das System zu starr, zu unbeweglich findet, zu wenig innovativ. Es werde zwar schon einiges unternommen, um die Trägheit aufzubrechen, doch die Nachhaltigkeit der Schulseminare sei seiner Meinung nach nicht gegeben. "Es geht bei der Berufsfindung um mehr, als die Entscheidung zu einem Beruf. Es geht um die Entwicklung von Entscheidungskompetenzen, damit sie mit neuen Herausforderungen wissen umzugehen." Denn gerade in jungen Jahren gebe es viele Umbrüche, die das Lebensmodell oftmals zum Einstürzen bringen. Die erste Liebe, die erste Trennung, ein Umzug aufgrund des Studiums oder einer Ausbildung - die generelle Entscheidung für einen Lebensweg. "Viele, mit denen ich zusammenarbeite, haben so gar keine Ahnung, was sie machen möchten", sagt Jacke, der auch dafür sensibilisieren möchte, dass es nicht tragisch sei, nicht sofort den für einen selbst passenden Weg eingeschlagen zu haben. "Schleifen zu drehen, wird oft als Scheitern aufgefasst." Ein Unding. Da der Herforder generell das derzeitige System Bildung hinterfragt, ist sein langfristiges Ziel eine eigene Schule zu gründen. "Podcast ist mein Spaßprojekt" Personen unter 25 Jahre, die sich (neu) orientieren möchten sind die Zielgruppe des "Möglich-Machers", wie die Homepage von Till Jacke heißt. Rund zehn Einheiten seien dafür vorgesehen. Jacke: "Die Berufsorientierung ist kein Sprint." Sein Coaching lässt er auch in einen Podcast einfließen. Im "Schaufenster der Berufsorientierung" gibt er nicht nur Tipps zum sicheren Auftritt im Vorstellungsgespräch. Er spricht hier mit jungen Leuten über berufliche Ziele und Träume, aber auch darüber, wie die Arbeit eines Landwirts aussieht oder was ein Spielerberater in der Fußballbranche eigentlich macht. "Der Podcast ist mein Spaßprojekt", sagt Jacke und lacht. Doch davon dürfe man sich gerne inspirieren lassen.

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