Was den Reformator Martin Luther mit Herford verbindet

Herford. &bdquo;Herford ist die westfälische Stadt, um die sich Luther wohl am meisten gekümmert hat“, schrieb Rainer Pape in seiner Stadtchronik &bdquo;Sancta Herfordia“ von 1979. Er widmete ein ganzes Kapitel der Beziehung des Reformators, der die Welt verändert hat, zur Stadt Herford. Luther ist in Herford in einem Fenster der Jakobikirche dargestellt. Sie war wegen der losen Sitten der Pilger während der Reformation geschlossen worden. Luther ist in der Umbruchzeit der Reformation aus der Ferne in einen Konflikt zwischen mit ihm befreundeten Herforder Fraterherren und der Äbtissin auf der einen Seite und wohl übereifrigen reformierten Vertretern von Stadtrat und Geistlichkeit auf der anderen Seite geraten. Pfarrer i. R. Wolfgang Otto hat jetzt den Briefwechsel &bdquo;Luther und Herford“ von 1523 bis 1534 neu in einem Buch herausgegeben. Die Übersetzung lateinischer Texte stammt von Klaus Wurm. Otto hat den Beitrag Rainer Papes ebenso eingefügt wie eine Arbeit von Robert Stupperich über das &bdquo;Herforder Fraterhaus und die Reformation“ aus dem Herforder Jahrbuch 1978/79. Von der Freiheit eines Christenmenschen Otto selbst hat eine Einführung zum Briefwechsel geschrieben, die er mit Betrachtungen zu Luthers Schrift &bdquo;Von der Freiheit eines Christenmenschen“ beginnt. Denn es gab seinerzeit durchaus unterschiedliche Auslegungen, wie weit diese Freiheit gehen darf. Das Herforder Fraterhaus wurde 1426 im Bereich "Auf dem Hollande“ gegründet. Von dem Bau, der ungefähr dort stand, wo sich heute der Spielplatz der Wilhelm-Oberhaus-Schule befindet, ist laut Lokalhistoriker Mathias Polster nichts übrig geblieben. Die Frater-Bewegung kam ursprünglich aus den Niederlanden. Die Fratres verstanden sich laut Otto nicht als Mönche, sondern als Bruderschaft frommer, gelehrter Männer, die in einem Haus von ihrem eigenen Vermögen zusammen lebten, wissenschaftlich arbeiteten und die Jugend unterrichteten. Sie lebten von ihrer Hände Arbeit. Unter den Herforder Fratres waren Goldschmiede und Oblatenmacher. In dieses Herforder Haus war ein Jacob Montanus 1486 als Lehrer und Beichtvater der Schwestern im benachbarten Süsterhaus eingetreten. Von der Süsternkapelle der Augustinernonnen steht noch eine Mauer. Montanus war ein Freund Philipp Melanchthons, eines Mitstreiters Luthers. Montanus hatte sich, so Otto, 1520 der reformatorischen Lehre zugewandt und trat schon bald in brieflichen Kontakt mit Luther. In freundschaftlichem Ton schrieben sich auch Luther und Frater Gerhard &bdquo;von Xanten“ Wiesmann. Luther war als Konfliktberater gefragt Montanus und Wiesmann waren in Herford die ersten, die sich der Reformation zugewandt hatten. Hatten sie sich aber von der Abkehr vom Katholizismus eine neue Freiheit versprochen, kamen sie wohl vom Regen in die Traufe. Denn die Oberen der Herforder Stadtgesellschaft und Geistlichkeit, die Jahre später 1532 Reformation und neue Kirchenordnung eingeführt hatten, nahmen es damit genauer, als die Brüder. &bdquo;Luther war als Konfliktberater gefragt“, formuliert es Wolfgang Otto. &bdquo;Er stellte sich eindeutig auf die Seite der von der Stadt und den jetzt evangelischen Predigern angegriffenen Fraterherren. Er gesteht ihnen ohne wenn und aber die Freiheit zu, auch abweichend von der Kirchenordnung an ihrer Lebensweise und ihrer gottesdienstlichen Ordnung festzuhalten. Der Streit spitzte sich aber zu. Ein Prediger Dr. Dreyer schäumte vor Wut und beschimpfte die Fraterherren. Frater Wieskamp beklagte sich bei Luther: &bdquo;Bei öffentlichen Gelagen habe sie gesagt, unser Haus sei ein Freudenhaus, obwohl sie dies nicht bei uns und bei niemandem, der mit uns zusammenwohnt, beweisen können und dennoch wagen sie es, Trunkenbolde gegen uns aufzuwiegen.“ Von Heuchlern des Evangeliums Luther bedauerte gegenüber den Fraterherren, dass &bdquo;euch immer noch Schwierigkeiten von diesen Heuchlern des Evangeliums gemacht werden, die während sie selbst weder für die Schulen noch für die Kirche etwas tun, nur darin vom Wort erfüllt schienen wollen, wenn sie alles zerstören und nicht aufbauen.“ Luther versuchte auch, die Äbtissin Anna von Limburg, die katholisch bleiben wollte, mit Briefen an Dreyer gegen gewalttätige Übergriffe zu schützen. Letztlich muss Luther der Meinung gewesen sein, das Problem mit den Fratres löse sich durch deren Alter irgendwann von selbst. Otto liest aus Luthers Briefen, dass sich der Reformator sowohl gegen ungezügelten Liberalismus als auch gegen Fundamentalismus und blinden gewaltsamen Fanatismus gewandt habe. Auch das, so Otto &bdquo;erleben wir in der Gegenwart“. Wie die Geschichte der Fraterherren ausgeht – das ist im Buch &bdquo;Luther und Herford“ nachzulesen. (ISBN/EAN: 9783000756153 für 12,80 Euro)

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