Blick ins Pfarrhaus an der Münsterkirche: Herforder Ehepaar wohnt zwischen Büchern und Kunst

Herford. Das Klingelschild an der Tür zeigt einen Bären mit einem Buch in den Tatzen. Es vermittelt zwei Botschaften: Hier wohnt Familie Beer und die liest gern. Wer klingelt und eingelassen wird ins Pfarrhaus an der Münsterkirche, der tritt ein in eine Welt aus Büchern und Kunst. Wo kein deckenhohes Bücherregal steht, hängen nahezu lückenlos Bilder und Skulpturen an der Wand. Und die Decken sind hoch in dem historischen Haus. Wer das Pfarrehepaar Annette und Johannes kennt, weiß dennoch: Hier leben keine weltfremden Bücherwürmer sondern weltoffene, humorvolle Menschen. So ist das "erleuchtete Buch" auch keine Bibel im theologischen Teil der Bibliothek, sondern eine aufklappbare Lampe, die im Wohnzimmer im Regal mit Kunstbüchern einen Lichtpunkt setzt. Ein Teil der Gartenmauer ist Hunderte Jahre alt Johannes Beer hat auch ein Faible für Herforder Geschichte. "Das Haus wurde außerhalb der historischen Klausur des Frauenstifts im Bereich des Friedhofs gebaut", weiß er. "Im Garten gibt es noch ein Grab aus dem achten Jahrhundert. Ein Teil der Gartenmauer ist eine der ältesten erhaltenen Hausmauern Herfords. Dieses Haus wurde im 14. Jahrhundert bis auf ein Mauerstück für die Erweiterung des Münsterchors abgerissen." Das Pfarrhaus wurde Ende des 19. Jahrhunderts an Stelle eines Vorgängerbaus errichtet. "Die Toiletten standen ursprünglich im Garten", berichtet Beer. "Als sich nach dem Zweiten Weltkrieg unser Vorgänger Pfarrer Meinhold darüber beschwerte und ein Badezimmer verlangte, hieß es bei der Landesbehörde: ,Sie sind im letzten Winter ja auch nicht festgefroren'." Aufsteigende Feuchtigkeit schädigte Bausubstanz Die bauliche Unterhaltung des Pfarrhauses unterliegt in Teilen dem Land Nordrhein-Westfalen - wie viele andere kirchliche Gebäude einschließlich der Münsterkirche auch. Das ist noch immer eine Folge des sogenannten Reichsdeputationshauptschlusses von 1803, in dem es um die Verweltlichung kirchlicher Einrichtungen und einen Ausgleich dafür ging. Das Pfarrhaus wurde neben kleineren Reparaturen im Jahr 2000 grundsaniert, nachdem aufsteigende Feuchtigkeit zu Schäden geführt hatte. "Wenn man hier einen Weihnachtsbaum mit Wurzelballen aufstellt, schlägt der sicher an", fand der damalige Bewohner Pfarrer Lebrecht Schilling ein passendes Bild für die Situation. Annette und Johannes Beer haben sich im Studium kennen- und lieben gelernt und sind "immer noch gern zusammen". "Sie hat mir da durch die schwerste Zeit meines Lebens geholfen", sagt Johannes Beer. "Ich hatte es nicht so mit alten Sprachen und sie hat mich in Hebräisch und Griechisch unterstützt." Studienkollege Dietrich Wulf arbeitete schon im Lutherhaus am Oetinghauser Weg. Er machte den Beers Herford schmackhaft, weil er nicht allein unter altgedienten Pfarrern sein wollte. Annette Beers Mutter stammte zudem aus Herford, der Vater aus Eilshausen. So fiel ihre Entscheidung leicht und sie wurden in Herford auch gewählt. Viel Raum zum Wohnen und Arbeiten Die Beers zogen nach Antritt ihrer Stellen 1991 zunächst ins Pfarrhaus Fichtestraße der Münsterkirchengemeinde, 2001 ins Pfarrhaus am Münster. Das bietet familienfreundliche 273 Quadratmeter Wohnfläche. Insbesondere seit Tochter Theodora, die inzwischen Pfarrerin in Bad Oeynhausen ist, und Sohn Matthias, der demnächst als Lehrer in Bünde arbeitet, ausgezogen sind. Viel Raum nehmen aber auch die dienstlichen Arbeitszimmer ein. Schon beim Umzug sagte Annette Beer: "Jetzt aber keine Bücher mehr." Und räumt ein: "Das hat nicht geklappt." Pfarrer haben eine sogenannte Residenzpflicht: Sie müssen in aller Regel in einem Pfarrhaus der Gemeinde leben. Was Johannes Beer manchmal von seiner "Pfarrresidenz" am Münster sprechen lässt. Da fehlten nur noch der Whirlpool und goldene Wasserhähne, um dieser Wortschöpfung wirklich gerecht zu werden. Mietfrei ist ein Pfarrhaus nicht. Pfarrer Beer ist leidenschaftlicher Koch Die rund 30 Regalmeter Bibliothek sind aufgeteilt: Im Wohnzimmer stehen die Kunstbücher, im größeren Arbeitszimmer von Johannes Beer steht der Großteil der theologischen Bücher, die Belletristik im Arbeitszimmer von Annette Beer, die Reiseliteratur im Treppenhaus und die Kochbücher stehen in der Küche. Apropos Küche: Johannes Beer ist leidenschaftlicher Koch, der gerne ohne vorgegebene Rezepte Neues entwickelt: "Ich kann mir Aromen gut vorstellen." So gab es kürzlich in Retsina gekochtes Gulasch mit Schafskäse, Oliven und kräftig Knoblauch. Rund 600 meist moderne Kunstwerke von Künstlern, die die Beers überwiegend persönlich kennen und die sie gemeinsam erworben haben, bilden die Galerie in allen Räumen. "Wenn ich zum Kunstmarkt fahre, darf ich allein nichts kaufen", weiß Johannes Beer. Annette Beer hat eine Sammlung von Salzstreuern Es muss auch nicht immer ganz große Kunst sein, die gesammelt wird. So hat Annette Beer originelle Salzstreuer zusammengetragen und geschenkt bekommen, die ein Regal füllen. Ihr Johannes hat ihr schon in der "Zeit der frühen Liebe" selbst welche gebastelt. Im Alltag haben die Beers viel Schreibtischarbeit aber auch viele vorgegebene Termine außer Haus wie Beerdigungen mit Hausbesuchen, Tauf-, Hochzeits- und Wiedereintrittsgespräche: "Kein Tag ist wie der andere und oft folgen fröhliche und tieftraurige Verpflichtungen dicht aufeinander." Und die Tage gehen oft bis in den Abend. Zu Besprechungen mit dem Presbyterium laden die Beers ins Wohnzimmer ein, manches Mal bei einem Glas Wein. "Viel seelsorgerische Arbeit findet im Kleinen auch auf der Straße statt", weiß Annette Beer. Es sind die Begegnungen in der Stadt mit kleinen Gesprächen. Auf die Münsterkirche haben sie einen guten Blick: "Abends bei Beleuchtung ist es besonders schön." Pflaumenkuchen zum Geburtstag Gartenarbeit ist nicht so das Ding der Beers. "Nur der Pflaumenbaum spielt eine große Rolle", sagt Johannes Beer. "Daraus backe ich Kuchen zu Annettes Geburtstag." Wenn die Beers Ende Oktober 2025 gemeinsam in Pension gehen und ausziehen, werden sie viele Umzugskisten zu packen haben. Die Suche nach einer großen Wohnung hat schon begonnen. "Wenn wir hier wohnen blieben, brauchten wir gar nicht erst in den Ruhestand gehen", wissen sie. Denn dann blieben sie wohl aus Gewohnheit der Menschen begehrte Ansprechpartner in Gemeindebelangen. Wie wohnt Herford? Haben Sie auch Lust, der &bdquo;Neuen Westfälischen Herford“ Ihr Zuhause zu zeigen? Vielleicht wohnen Sie extrem hoch mit einem tollen Ausblick, exklusiv oder nachhaltig? Haben sich mit Ihrer Immobilie den Traum Ihres Lebens erfüllt oder ein altes Fabrikgebäude umgestaltet? Leben Sie mit der ganzen Familie in einem Tiny-Haus oder großzügig in einer Villa? Oder ein einzelner Raum sticht hervor? Wir suchen weitere Menschen, die uns ihr persönliches Reich zeigen möchten. Melden Sie sich bei uns. Wir freuen uns auf Ihre Nachrichten per E-Mail an herford@nw.de Alle bisher erschienen Teile der Serie "So wohnt Herford" finden Sie hier.

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