So wird das neue Angebot vom Hebammenkreißsaal am Klinikum Herford angenommen

Herford. Für schwangere Frauen, die im Oktober 2021 im Klinikum Herford entbinden wollten, war es eine Katastrophe: Wegen Personalmangels musste der Kreißsaal kurzfristig geschlossen werden. Neun Tage lang fanden im Klinikum Herford lediglich geplante Kaiserschnittentbindungen statt. Schwangere wurden an andere Krankenhäuser in Ostwestfalen-Lippe verwiesen. Die Stilllegung des Kreißsaales war damals notwendig geworden, weil gleich sieben von 13 Hebammen ausgefallen waren. Auch zwei Jahre zuvor, im Mai 2019, hatte der Kreißsaal im Herforder Klinikum schon einmal stillgelegt werden müssen. &bdquo;Das waren bittere Erfahrungen – für uns und natürlich in erster Linie für die werdenden Eltern. Aber dieses Problem ist jetzt zum Glück vom Tisch“, sagt Andrea Baumgart, Pflegedienst- und Bereichsleitung. Sensationell sei es, dass es gelungen sei, in den vergangenen 1,5 Jahren acht neue Kolleginnen einzustellen. &bdquo;Darüber hinaus arbeiten wir mit Leiharbeitsfirmen zusammen, damit solche Engpässe einfach nicht mehr entstehen können.“ Dass es gelungen sei, in so kurzer Zeit die neuen Hebammen einzustellen, sei in erster Linie dem &bdquo;super Team“ zuzuschreiben. &bdquo;Die Mund-zu-Mund-Propaganda, Gespräche darüber, dass in Herford ein so tolles Arbeitsklima herrscht, sind das A und O“, so Baumgart. Und das Team sei wirklich außergewöhnlich stark zusammengewachsen und erfülle ein weiteres wichtiges Kriterium: Es bleibe offen für Neue. Voraussetzung für die Entbindung im Hebammenkreißsaal ist eine risikoarme Schwangerschaft Ein zusätzlicher Grund dafür, dass es gelungen sei, begehrte Fachkräfte ins Herforder Mutter-Kind-Zentrum zu holen, sei sicherlich der hebammengeleitete Kreißsaal. Seit Oktober 2022 gibt es im Mutter-Kind-Zentrum am Klinikum Herford diese Besonderheit: einen Kreißsaal, in dem werdende Mütter allein unter der Anleitung von Hebammen entbinden können. Auch darüber hinaus im Wochenbett wird die werdende Mutter ausschließlich von Hebammen betreut. Voraussetzung für die Anmeldung ist eine unauffällige und risikoarme Schwangerschaft, sowie die frühzeitige Kontaktaufnahme zu den Hebammen im Klinikum. Hinter dem Konzept des Hebammenkreißsaals stehen erfolgreiche wissenschaftliche Studien, die positive Effekte auf die Gesundheit von Mutter und Kind belegen und eine geeignete Erweiterung des geburtshilflichen Angebots darstellen. Das bestehende Kreißsaalmodell im Klinikum existiert dabei weiter. Es wird aber die zusätzliche Option angeboten, hebammengeleitet, selbstbestimmt und interventionsarm zu gebären. &bdquo;Am 10. Oktober 2022 ist in unserem Hebammen-Kreißsaal das erste Baby zur Welt gekommen“, erzählt die leitende Hebamme Friederike Pilarski. Seitdem hätten noch fünf weitere Frauen hier &bdquo;natürlich und selbstbestimmt“ geboren. &bdquo;Sechs weitere Gebärende hatten sich für die interventionsarme Geburt bei uns entschieden, aber währenddessen festgestellt, dass sie doch zum Beispiel einen höheren Schmerzmittelbedarf haben.“ In solchen Fällen oder auch, wenn unerwartet Komplikationen auftreten, wird schnell und unkompliziert ein Arzt hinzugerufen. Frauen wissen die reduzierte Anzahl der anwesenden Personen während der Geburt zu schätzen &bdquo;Mit dem hebammengeleiteten Kreißsaal können wir werdende Mütter in ganz besonderer Weise unterstützen. Die Sicherheit der perinatalen Versorgung bei Bedarf mit der respekt- und liebevollen Begleitung der Geburt durch erfahrene Hebammen wirkt sich positiv auf den Geburtsverlauf aus und die Frauen haben ein positives Geburtserlebnis“, so Friederike Pilarski. Das oberste Gebot dabei sei aber immer die maximale Sicherheit für Mutter und Kind. 18 Kolleginnen sind aktuell Teil des Hebammen-Teams in Herford. &bdquo;Wir haben 14 erfahrene und vier frisch examinierte Hebammen dabei – die jungen agieren im Kreißsaal immer als zweite Hebamme. Dabei können sie von den Erfahrungen der älteren profitieren“, sagt Pilarski. Gerade wenn es darum gehe, die Bedürfnisse einer gebärenden Frau zu erspüren – zum Beispiel, ob sie sich verbale Bestärkung oder lieber Ruhe wünscht oder ob ihr Berührungen helfen oder sie lieber körperliche Distanz wahren möchte – sei eine gewisse Erfahrung schon hilfreich. Für die Frauen, die sich bisher für die Entbindung im Hebammen-Kreißsaal entschieden haben, sei oftmals die reduzierte Zahl der anwesenden Personen ein Grund gewesen, erzählt die leitende Hebamme. &bdquo;Eine Geburt ist eine sehr intime Sache. Da ist es für viele Frauen wichtig, dass so wenig Menschen wie irgend möglich dabei sind. Wir als Hebammen geben da nur einen Impuls, wo es wichtig ist.“ Auch für die Zukunft kommen Fachkräfte nach Obwohl die Nachfrage nach dieser besonderen Art der Entbindung noch nicht so groß ist, habe der Hebammenkreißsaal auch Auswirkungen darauf, dass zusätzliches Personal gewonnen werden konnte. &bdquo;Für viele junge Auszubildende ist es ein Kriterium, dass sie hier bei uns in diesem besonderen Kreißsaal Berufserfahrungen sammeln können“, weiß Andrea Baumgart. Auch die Zukunft sieht Baumgart positiv: &bdquo;Bald profitieren wir ja auch von der geförderten Hebammenausbildung.“ In Kooperation mit der FHM Bielefeld hat der Kreis Herford 2020 eine Initiative zur Förderung der Hebammenausbildung begonnen. Im Zuge der Akademisierung der Hebammenausbildung übernimmt der Kreis die Studienkosten für zehn Studierende – im Gegenzug verpflichten sich die Studierenden, mindestens fünf Jahre nach dem Studium im Kreis tätig zu sein. &bdquo;Derzeit sind dort sieben Hebammen – darunter auch ein Mann – in der Ausbildung. Keiner ist abgesprungen. Zwei sind im letzten Jahr noch dazu gekommen. Und im Frühjahr 2024 sind die ersten sieben fertig.“

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