Nur noch vegetarisches Essen in Herforder Kitas? Jetzt diskutiert die Politik

Herford. Zwei Gründe geben die Vertreter der Grünen-Fraktion im Jugendhilfeausschuss an, weshalb sie die vollständige Umstellung auf vegetarisches Essen in den städtischen Kitas Herfords in Erwägung ziehen: Erstens, dass die Umsetzung im Einklang stünde mit den Klimaschutzzielen und dem Klimanotstandsbeschluss der Stadt. Und zweitens sei eine fleischfreie Ernährung - vor allem vor dem Hintergrund, dass meist günstiges "Hackfleisch oder Würstchen angeboten" würden - gesünder für die Kinder. Auch eine "schrittweise Umstellung" können sich die Grünen vorstellen, wie schon bei der Erläuterung des Antrages durch Dominic Hohmeyer deutlich wird: "Grundsätzlich gibt es viele Gründe dafür, ganz auf vegetarische Ernährung umzustellen, aber für den Anfang könnten wir uns auch vorstellen, dass lediglich einmal pro Woche Fleisch angeboten wird, allerdings maximal 35 Gramm pro Mittagsmahlzeit." Wichtig sei es seiner Fraktion, einheitliche Standards zu schaffen, auch wenn erst einmal mit einer Reduzierung begonnen würde, so Hohmeyer weiter. Deshalb wollen die Grünen erreichen, dass die Verwaltung die mögliche Umstellung zunächst "unter rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Aspekten" prüft. Auch finanziell muss die Ernährung gestemmt werden können Sie habe sich mehrere Essenspläne von städtischen Kitas aufmerksam angesehen, sagt Meike Voßmerbäumer (CDU) und sie habe festgestellt, dass dort lediglich einmal pro Woche Fleisch und einmal pro Woche Fisch auf dem Speiseplan stehe. "Die restlichen drei Tage gibt es dort schon rein vegetarische Kost." Von Verboten halte sie nichts, sondern eher davon, das Bewusstsein für die gesunde Kinderernährung zu schärfen, so Voßmerbäumer weiter. Nicht nur der Gesundheitsaspekt, sondern auch die Prüfung durch die Verwaltung, ob die Verpflegung der Kita-Kinder nicht nachhaltiger gestaltet werden könne, sei für ihre Fraktion wichtig, betont Ulrike Blucha (Grüne) und bekommt für den Prüfauftrag zunächst Zustimmung von Dana Kuntemeier-Wolff (SPD). "Wir sind uns sicher alle einig, dass wir unseren Jüngsten das Bestmögliche zukommen lassen wollen, aber Eltern zahlen auch einen Essensbeitrag in der Kita und die Inflation trifft uns auch alle. Jede Kita muss deshalb auch finanziell gucken, wie sie klarkommt." Aus ihrer Sicht müsse der Grünen-Antrag etwas "harmloser formuliert" werden, damit es nicht in die Richtung Maßregelung und Verpflichtung gehe, so Kuntemeier-Wolff weiter. "Wir sollten einfach nur schauen, ob es überhaupt Optimierungsbedarf gibt und ob Änderungen auch finanzierbar sind." Unterm Strich sind 80 Prozent der Eltern gegen eine rein vegetarische Kost Auf die Möglichkeit, eine Einrichtung durch die Verbraucherzentrale NRW auf Nachhaltigkeit prüfen zu lassen, weist Sabine Warmke, Leiterin der städtischen Kita Schobeke, hin. "Wir haben dabei festgestellt, dass frisch Kochen günstiger ist, bekommen vor allem Kartoffeln aus regionalem Anbau und fahren gut mit unserer Mischkost - also mit einmal Fleisch, einmal Fisch, dreimal vegetarisch", so die Kita-Leiterin. Durch die Änderungen nach dem Nachhaltigkeits-Test spare die Einrichtung pro Jahr ungefähr die Menge des jährlichen CO2-Ausstoßes eines Mittelklassewagens ein. Darüber hinaus entspreche die beschriebene Mischkost auch der aktuellen Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Kita-Kinder. Ralf Hoffmann, DRK-Kreisgeschäftsführer, übt deutliche Kritik am Antrag der Grünen: "Ich halte den Prüfauftrag für bescheuert. Wir sind gut beraten, dem pädagogischen Fachpersonal in unseren Kitas das Vertrauen auszusprechen. Darüber hinaus ist auch der Elternwille entscheidend - der Antrag basiert auf dem persönlichen Dogma einer Partei." Auch Gregor Duda, als Vertreter der Jugendamtselternbeiräte (JAEB) im Ausschuss, stellt den Elternwillen in den Vordergrund: "Wir haben rumgefragt bei den Kita-Eltern: knapp 70 Prozent haben sich gegen rein vegetarische Ernährung ihrer Kinder ausgesprochen, gut zehn Prozent sind unentschlossen. Also sind unterm Strich 80 Prozent der Eltern nicht dafür." Man solle die Erreichung der Klimaziele "bitte nicht wieder auf dem Rücken der Kleinsten austragen", so Duda. Kitas aller Träger sollen zu geeigneter Ernährung beraten werden Einen weiteren Aspekt bringt Dana Kuntemeier-Wolff in die Diskussion ein: den Kinderwunsch. "Fragen wir die Kinder, wollen sie meist Chicken Nuggets mit Ketchup und Mayo. Wenn wir über Demokratie-Erziehung reden, müssen wir auch die Kinder fragen." Mirco Schmidt, als Vertreter der Justiz im Ausschuss, stellt schließlich noch die rechtliche Grundlage dar: "Das Grundrecht für Pflege und Erziehung ist Aufgabe der Eltern. Und wie gehört, gibt es eine signifikante Mehrheit der Eltern, die das nicht wollen. Damit ist juristisch eigentlich alles klar." Man habe mit dem Antrag, bei dem man durchaus willens sei, ihn in einen Beratungsantrag umzuformulieren, vor allem eine Diskussion anstoßen wollen und das sei offenbar gelungen, ruderte Ulrike Blucha zurück. Ralf Hoffmann formulierte schließlich den Antrag, der zur Abstimmung gebracht wurde: Das Thema wird in der Arbeitsgruppe (AG) 78 behandelt, in der Vertreter aller Kita-Träger sind. Die Stadt wird damit beauftragt, alle - nicht nur die städtischen Einrichtungen - zu beraten, was die geeignete Ernährung angeht. Dieser Antrag wird schließlich einstimmig beschlossen.

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