Weihnachtspäckchen für Bedürftige: 450 Mal Freude im Kreis Herford geschenkt

Kreis Herford. Heinz Nagel ist so mutig, zu schildern, warum es ihm gut tut, zu Weihnachten ein "Paket mit Herz" aus der NW-Aktion zu bekommen. Er hat eines von 450 Päckchen erhalten, die Leserinnen und Leser der Neuen Westfälischen in Herford, Hiddenhausen, Enger und Spenge mit viel Liebe und Zuneigung für bedürfte Menschen gepackt haben. Der 56-jährige ist Klient des Ambulant Betreuten Wohnens des Kurt-Dietrich-Hauses, das zur Evangelischen Diakoniestiftung Herford gehört. Ambulant Betreutes Wohnen Als er sich mit den Betreuerinnen Carolin Ellerbrake, Silvia Freese, Christa Schloemann und dem Leiter der Einrichtung, Mathias Marx, am Gabentisch für ein Zeitungsfoto aufstellt, hat er die Pudelmütze aufgesetzt, die er im vergangenen Jahr in seinem "Paket mit Herz" gefunden hat. Dieses Mal hat er sich neben Kaffee, Schokolade und Lebensmitteln eine lange Unterhose gewünscht. Heiligabend wird er das Paket öffnen und sich überraschen lassen. "Für viele unserer Klienten ist es das einzige Weihnachtsgeschenk und darum umso wertvoller", weiß der Sozial- und Suchttherapeut Mathias Marx. Heinz Nagel wird in seiner Wohnung von Carolin Ellerbrake und Marion Cordes im Wechsel für einige Stunden die Woche besucht. Sie helfen ihm, dem Tagesablauf Struktur zu geben, gehen mit ihm ins Café oder spazieren, machen Ausflüge auch in Gruppen, helfen ihm im Umgang mit Behörden und besprechen mit ihm kleine und große Probleme. So haben sie ihm einen Anwalt vermittelt, der versucht, dem Hartz-IV-Empfänger in der nicht ganz einfachen Auseinandersetzung mit der Rentenversicherung zu einer Erwerbsminderungsrente zu verhelfen. Auch wenn es um die Gesundheit geht, schalten sie bei Bedarf einen Arzt ein. "Sie kommen, um mit mir ein bisschen dummes Zeug zu labern. Das hilft mir sehr", sagt Nagel mit Augenzwinkern. Er ist alkoholsüchtig und lässt sich seit einer Entgiftungskur 2018 freiwillig ambulant betreuen. "Manchmal schaffe ich es, mal drei Wochen am Stück nichts zu trinken. Das tut mir körperlich gut und spart Geld" berichtet er. Über sein knappes Geld verfügt er selbst, denn die Leute vom Ambulant Betreuten Wohnen sind keine gesetzlichen Betreuer. Ihre Hilfe ist Teil der sogenannten Wiedereingliederungshilfe, die vom Landschaftsverband finanziert wird und für 18 Monate mit Möglichkeit der Verlängerung gewährt wird. Ziel ist die Teilhabe an der Gesellschaft von Menschen, die sonst vereinsamen. Heinz Nagel hat lange Jahre als Betriebselektriker gearbeitet. Psychische Probleme führten in die Arbeitslosigkeit und in die Alkoholabhängigkeit. "Durch die Sauferei schon am Morgen ging auch meine Ehe in die Brüche", bedauert er. "Jetzt habe ich es einigermaßen im Griff und trinke nicht mehr bis zum Stillstand der Augen", ist er froh. "Er ist auch zuverlässig und hält sich an Terminabsprachen", loben die Betreuerinnen. An Weihnachten ist Heinz Nagel nicht alleine. Er hat in der Nachbarschaft eine Freundin gefunden, die ebenfalls in Betreuung ist. Begegnungsstätte Bethel Die Begegnungsstätte Herford von Bethel-Regional an der Bünder Straße 15a wird nach einer Corona-Zwangspause wieder zum Treffpunkt für Menschen mit psychischen und anderen Erkrankungen und Leuten aus der Nachbarschaft. Auch ihnen tut Geselligkeit gut und so gibt es wieder das vorweihnachtliche Beisammensein. Übeyit Celik bekommt hier in diesem Jahr sein "Paket mit Herz". Der 31-Jährige ist Dialysepatient und lebt im Betreuten Wohnen in der Nähe des H2O in Herford. "Vor zwölf Jahren war ich noch sportlich und habe Fußball gespielt", erinnert er sich. Doch mit 22 Jahren wurde bei ihm eine Niereninsuffizienz festgestellt. Nun ist seine Arbeitsfähigkeit stark eingeschränkt, das Geld ist knapp. Caritas-Migrationsdienst Karina Baber freut sich schon seit Tagen auf ihren Auftritt als Weihnachtsengel fürs Pressefoto der NW mit den Päckchen beim Caritas-Migrationsdienst an der Clarenstraße in Herford. Die Vierjährige ist in ein glitzerndes Kostüm mit Engelsflügeln geschlüpft und schaut nun doch etwas verschämt in die Kamera. Salwa Al-Mahmod vom Beratungsdienst weiß, was in den Päckchen steckt. Es sind auch dieses Mal wieder warme Schals, Mützen und Handschuhe dabei. Auch Kaffeemaschinen und Föns stehen auf den Wunschzetteln. Eine 25-jährige Frau, die vor Jahren in Kabul ihre Eltern verlor und aus Afghanistan flüchten musste, wünschte sich ein Backbuch. "Sie kann kochen, aber keine Plätzchen backen", weiß Al-Mahmod. "Sie studiert jetzt Jura, hat wenig Geld und arbeitet auch in einer Bäckerei." Eine Sechsjährige hat sich einen Globus gewünscht. Wenn sie nun hört, dass es Probleme gibt in einem Land, kann sie nachsehen, wo es auf dem Erdball liegt. Salwa Al-Mahmod freut sich, dass sich immer mehr Migrantinnen auf die Gebräuche deutscher Weihnacht einlassen: "Die Kinder freuen sich darauf und drängen ihre Eltern, zu feiern. Sie basteln auch in den Schulen dafür und freuen sich. Das ist doch schön für die Kinder." Selbst eine Muslima aus Tschetschenien, die jahrelang von Weihnachten nichts wissen wollte, sei jetzt mit ihren vier Kindern zur Weihnachtsfeier Mitte Dezember gekommen. 90 Kinder mit Teilen ihrer Familien aus vielen Kulturen seien gekommen. Es gab einen Vortrag über Weihnachtsbräuche in Deutschland und einige Frauen mit christlichem Hintergrund erzählten, wie Weihnachten gefeiert wird, wo sie herkommen. "Paket mit Herz" ist etwas Besonderes, meint Al-Mahmod. "Die Empfänger haben Schweres erlebt und die Schenkenden denken daran." Internationaler AWO-Kinderhort Die Leiterin des Internationalen AWO-Kinderhorts in Herford, Cinar Korkmaz, ist froh, dass ihre 20 Kinder nach drei Jahren Corona-Zwangspause wieder eine gemeinsame Weihnachtsfeier mit Bescherung erleben dürfen. "Wir haben uns schon alle mega darauf gefreut, seit wir die Wunschzettel ausgefüllt haben", sagt sie. In den vergangenen Jahren haben sie und ihre Kolleginnen die Päckchen der Leserinnen und Leser zu den Kindern nach Hause gebracht. Auf den Wunschzetteln stand Spielzeug wie ferngesteuerte Autos, Perlen für Schmuck, Spiele und Fußbälle. Für viele Kinder ist es das einzige Weihnachtsgeschenk, weil in ihren Familien anderer Religionszugehörigkeit das Fest nicht begangen wird. Der Trubel um Weihnachten geht an ihnen natürlich dennoch nicht vorbei. Die Aufregung ist zur Bescherung besonders groß. Um jedem liebevoll gepackten Geschenk die gehörige Aufmerksamkeit zu verschaffen, packen die Kinder die Päckchen der Reihe nach aus. Wer an der Reihe ist, nimmt Platz in einem Ohrensessel, legt los und staunt, was ans Tageslicht kommt. "Alle Geschenke sind rechtzeitig zu unserer Feier bei uns angekommen", ist Cinar Korkmaz froh. "Das ist eine tolle Leistung und wir bedanken uns bei den NW-Leserinnen und Lesern." Dem schließen sich die Teams der NW-Redaktionen in Herford und Enger/Spenge von Herzen an.

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