Was denken Fußballerinnen aus dem Kreis Herford über die WM in Katar?

Kreis Herford. Nächsten Sonntag beginnt die umstrittene Fußball Weltmeisterschaft in Katar. Viele Kritiker werfen dem Welt-Fußballverband FIFA vor, dass er den Fußball über die Menschenrechte stellt und das Geld regiert. Was denken hier im Kreis fußballspielende Frauen über die Fußballweltmeisterschaft in einem Land, in dem Frauen nicht Fußball spielen dürfen? Wir haben uns umgehört: Nicht alle schalten den Fernseher ein und verfolgen das Geschehen. Alle sind sich einig, dass die Vergabe an Katar ein großer Fehler war. Sie schauen mit gemischten Gefühlen, von Vorfreude oder WM-Stimmung keine Spur. Die Stimmen der Spielerinnen Sophie Dietz, Kapitänin des SC Enger in der Frauenfußball-Landesliga, ist skeptisch und findet das Thema schwierig. “Dass die WM in ein solches Land vergeben wurde, hätte nie passieren dürfen, darüber sind wir uns glaub ich alle einig”, sagt sie. “Der Umgang mit den Gastarbeitern, die Benachteiligung von Frauen, das Verbot von Homosexualität, um nur einige von den Problemen in diesem Land zu nennen” - diese Argumente machen sie nachdenklich. Dietz ist sich aber auch sicher, dass ein Großteil des Engeraner Teams und auch die Familie sich die Spiele der deutschen Nationalmannschaft anschauen werden. “Vielleicht schauen wir auch das ein oder andere Spiel zusammen als Mannschaft.” Die Mittelfeldspielerin findet, dass “man versuchen sollte, die WM zu nutzen, um auf die Missstände aufmerksam zu machen damit sich in Zukunft etwas ändert.” In WM-Stimmung ist Dietz noch nicht: “Hauptsächlich wegen der genannten Punkte aber auch weil für mich eine WM nicht in den Winter gehört. Die Spiele der deutschen Nationalmannschaft werde ich mir aber auf jeden Fall angucken.” "Auswahl des Ausrichters geht nicht" Pia Salzmann spielt seit 14 Jahren für den Herforder SV. Sie begann dort in der Jugend, gehörte auch zum Bundesligakader, heute ist sie Kapitänin der Herforder Westfalenligamannschaft. Außerdem trainiert die 25-jährige eine gemischte E-Jugend Mannschaft in Riemsloh. “Die Kids dort haben Trikots von Barcelona, Paris oder Dortmund an, keiner trägt eins der deutschen Nationalmannschaft”, hat sie beobachtet. “Aus sportlicher Sicht finde ich es sehr gut, dass die WM stattfinden kann, die Auswahl des Ausrichters geht gar nicht”, meint Salzmann. Für sie ist es schwierig, dass Frauen dort keine Rechte haben, dort wird nur auf den Männerfußball geschaut. “Die Verbände stehen auch nicht alle hinter dem Konzept, aber das Geld steht überall im Vordergrund”, ist Salzmann genervt. Für eine Weltmeisterschaft im Winter hat die treffsichere Stürmerin auch kein Gefühl: “Wir haben sonst immer mit Freunden im Garten gegrillt und zusammen geschaut, das wird jetzt nichts.” Auch in der Mannschaft hat sie noch gar keine WM-Stimmung wahrgenommen. Zögerlich ist auch Emma Banze. Die 18-jährige ist Kreisauswahltrainerin der Juniorinnen und schaut die Weltmeisterschaft “mit einem unguten Gefühl.” Die Auszubildende findet: “Das passt alles nicht mit den Menschenrechten in Katar.” Sie findet, Fußball ist für alle Menschen. “Und dort sind nicht mal alle Menschen willkommen oder geachtet, das passt nicht!” Banze wird die Spiele im kleinen Kreis mit der Familie schauen, weil alle sich für den Sport interessieren. “aber im Winter, vor dem Kamin oder im Bett, das ist ganz komisch”, findet sie. “Ich fände es sehr gut, wenn die Spieler streiken würden, aber das ist wohl leider unrealistisch”, sagt sie nachdenklich. Für Banze ist es nicht der Fußball und die Emotion und die Stimmung “die immer alle so lieben.” Bei einem Vorstand bleibt das Fernsehen aus Bei Birte Niehaus (43) aus dem Vorstand des VfL Holsen bleibt der Fernseher aus. “ich boykottiere das aber gar nicht aktiv, ich gucke einfach nicht gerne Fußball im Fernsehen”, erklärt sie. Die Stürmerin steht lieber selber auf dem Platz oder schaut die Spiele ihrer Kinder an. “Ich weiß nicht mal, wann die Deutschen spielen, wir haben daran sonst auch kein großes Interesse.” Sie selbst ist immer noch aktiv, spielt jetzt für die Golden Girls beim VfL Schildesche. Kerstin Pohlmann, langjährige Stürmerin des Herforder SV, heute Lehrerin an der Gesamtschule Friedenstal findet es “absolut absurd, dass das damals so durchgegangen ist.” Jetzt sei es viel zu spät um gegen die vielen Missstände in Katar anzugehen. Es wurde viel zu lange totgeschwiegen. “Die Verbände hätten da vor vielen Jahren schon viel lauter gegen vorgehen müssen, jetzt ist alles in trockenen Tüchern, die Spieler selbst können jetzt nichts mehr ausrichten”, findet sie. Sie moniert, dass die dicken Geldbosse das Sagen haben und Minderheiten unterdrücken. Dazu zählt Pohlmann nicht nur die Frauen, sondern auch Lesben und Schwule. Irritiert ist sie auch über die klimatisierten Stadien. Anschauen wird sie die Spiele wohl schon: “Wir sind eine sportbegeisterte Familie und die Menschenrechtsverletzungen dort passieren weiter, ob ich einschalte oder nicht. Außerdem möchte ich nicht verpassen, was Goretzka und Co. dieses Mal für Zeichen ,Dagegen' setzten werden." Sie bleibt aber kritisch: “Wir werden es schon mit einem komischen Auge schauen, eben wegen dieser vielen Missstände.” Viel lieber schaut sie sich die Spiele ihrer Söhne an: “Da bin ich leidenschaftlicher Fan und unterstütze sie natürlich.” Eine WM gehört in den Sommer Nicht groß beschäftigt mit dem Spielplan der WM hat sich Meike Delißen. Sie ist Kapitänin des SC Vlotho in der Bezirksliga. “Der Zeitpunkt ist absolut ungünstig, eine WM gehört für mich in den Sommer, wo man draußen mit Freunden grillen kann und sich im Garten triff und nicht auf dem Weihnachtsmarkt.” Die 25jährige meint: “Jedes Land kann sich für die Ausrichtung einer Weltmeisterschaft bewerben, aber durch die Korruption trübt es die Vorfreude.” Vor allem ärgert die Kickerin dass die Frauenmannschaft in Katar offenbar nur zum Schein geschaffen wurde. “Die nehmen es nicht ernst, es war nur ein Alibi.” Die Krankenschwester in der Notaufnahme wird nur gelegentlich den Fernseher einschalten. “Halt so, wie es mit dem Dienst passt, ich werde sicher nichts tauschen, es fehlt der Reiz”, sagt sie und meint es sportlich: “Viele Stars fehlen verletzt, ich hätte gerne einen Florian Wirtz spielen sehen.” >>>Alle Texte zum Thema finden Sie in unserem Schwerpunktthema Fußball-WM in Katar

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