Initiative schlägt Alarm: ICE-Trasse könnte durchs Naturschutzgebiet in Bad Salzuflen führen

Bad Salzuflen/Herford. Detlev Pankatz spricht mit leiser Stimme, doch was er zu sagen hat, lässt aufhorchen: "Dieses Waldgebiet ist ein Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Schutzgebiet, eine ICE-Strecke durch den Wald mit Brücken und Tunneln wird diesem Naturschutzgebiet erheblich schaden", sagt der Förster im Ruhestand. Pankatz ist einer der Fachleute, die die insgesamt rund 100 Teilnehmer der naturkundlichen Wanderung "Den Quellen auf der Spur" in zwei Gruppen durch den Obernberg in Bad Salzuflen, nahe der Grenze zu Herford führten. Eingeladen hatte die Initiative Widuland. Diese wendet sich gegen den von der Deutschen Bahn geplanten Neubau der ICE-Hochgeschwindigkeits-Trasse zwischen Bielefeld und Hannover. Eine der Planungsvarianten würde mitten durch den Wald am Obernberg führen. Stattdessen setzt sich die Initiative, die aktuell mehr als 2.200 Mitglieder hat, für den Ausbau der vorhandenen Trasse ein. Einzigartiges Gebiet für Fledermäuse Sorgen macht sich Detlev Pankatz zum einen wegen der einzigartigen Bedeutung des Naturschutzgebiets für Fledermäuse. "In diesem Gebiet wurden bislang 14 verschiedene Fledermaus-Arten nachgewiesen, das ist herausragend", unterstreicht Pankatz, der das Waldgebiet am Obernberg in- und auswendig kennt. 33 Jahre lang kümmerte er sich als Förster um das Gebiet. "Eine Fledermauskolonie vertilgt rund 500 Kilogramm Insekten pro Jahr, darunter Schädlinge wie den Borkenkäfer." Ein weiterer Grund, warum Pankatz den Plänen der Bahn sehr skeptisch gegenübersteht, sind die zahlreichen Wasserquellen in dem Gebiet und die nicht abzusehenden Auswirkungen eines Tunnels durch den Berg auf diese Quellen, beziehungsweise den Wasserpegel. So verbrauche die Stadt Herford jährlich etwa fünf Millionen Kubikmeter Wasser, Bad Salzuflen etwa 2,8 Millionen Kubikmeter. Rund 60 Prozent des Herforder Wasser werden im Wasserwerk Steinbeck auf Bad Salzufler Gebiet erzeugt. "Wasser wird knapper, wir müssen das Angebot stabil halten." Der ehemalige Förster nennt einen weiteren Aspekt, der gegen die Neubaupläne spreche. "Es gibt im Stadtgebiet Bad Salzuflen neun Heilquellen, der tiefste Brunnen ist 1.100 Meter tief. Der Loose-Brunnen ist davon der wichtigste. Unter anderem versorgt er das Bewegungszentrum und das Kurhaus mit Heilwasser", erklärt Pankatz. Tunnel würde nah an zwei Quellen vorbeiführen Laut der Heilquellen-Schutzverordnung seien diese Quellen streng geschützt. Bohrungen über 20 Meter Tiefe seien verboten, das betreffe auch den Tunnelbau. "Sind die Heilquellen weg, ist auch das Kurgebiet weg. Ein Salzuflen ohne 'Bad' im Namen - das wäre übel", sieht Pankatz den kompletten Kurbetrieb und das Naherholungsgebiet in Gefahr. Christoph Münter von der Initiative Widuland wies im weiteren Verlauf der Wanderung auf zwei weitere Quellen im Bereich Hollenhagen hin. "Der Tunnel würde dort durch den Wald nah an zwei Quellen vorbeiführen, die dieses FFH-Gebiet erst ermöglichen", so Münter. Zudem mache ein Zug, der mit hoher Geschwindigkeit durch einen Tunnel fährt, vor allem bei der Ein- und Ausfahrt aus den Röhren sehr viel Lärm. Bei einem Ausbau, beziehungsweise der Sanierung der Bestandsstrecke könnten die Züge immer noch mit Tempo 250 fahren. Mit der Resonanz auf die Wanderung zeigte sich Jens Köster, Vorsitzender der Initiative Widuland, sehr zufrieden. "Es ist wichtig, sich hier vor Ort ein Bild zu machen und über solche Dinge zu diskutieren." Köster betonte, dass die Initiative keineswegs den Bahnverkehr ausbremsen wolle. "Wir wollen mehr Menschen auf die Schiene bringen und dafür das bestehende Netz ausbauen", sagt der Vorsitzende. Hintergrund: Die Deutsche Bahn plant eine ICE-Schnellstrecke, die unter anderem die Fahrzeit zwischen Bielefeld und Hannnover im Rahmen des sogenannten Deutschlandtaktes um 18 Minuten auf 31 Minuten verringern soll. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Spitzengeschwindigkeiten von bis 300 km/h erreicht werden. Das ist auf den vorhandenen Gleisbetten, die mit Schotter aufgefüllt sind, aufgrund der Sogwirkung nicht möglich. Die Gleisbetten müssten einbetoniert werden. Anfang kommenden Jahres will die Bahn konkrete Pläne für die ICE-Trasse vorlegen. Im vergangenen Jahr hatte die Bahn fünf verschiedene Planungsvarianten zur Trassenführung veröffentlicht. Aktuell kalkuliert das Bundesverkehrsministerium mit Kosten von rund 8,1 Milliarden Euro, 2015 hatte die Kalkulation noch bei rund fünf Milliarden Euro gelegen. Allein der knapp neun Kilometer lange Tunnel durch den Wald am Obernberg würde mit 165 Millionen Euro zu Buche schlagen. Weitere Informationen über den Trassenverlauf gibt es auf www.widuland.de

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