Eigenheim: Wer jetzt nicht bauen kann, hat in Herford trotzdem noch Alternativen

Herford. Steigende Zinsen und viele Unsicherheiten, die mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine einhergehen, spiegeln sich auch auf dem Immobilienmarkt wider. Einerseits bemerken Makler und Bauunternehmer, dass sich viele, die über einen Hauskauf nachgedacht haben, das Eigenheim zurzeit doch nicht leisten wollen oder nicht mehr leisten können. Andererseits normalisiert sich der Markt derzeit aber auch. Die Zeiten der Schlaraffenland-Zinsen sind vorbei, sagt eine Herforder Maklerin. Die Kunden seien verunsichert – wegen vieler Faktoren: der Zinsen, der hohen Inflation und der Energiepreise. Die Pandemie ist noch nicht vorbei, Unternehmen haben weiterhin Schwierigkeiten, Materialien zu bekommen, die sie für die Produktion brauchen. Und wegen der hohen Energiekosten zudem ein Problem, ihre Kosten wieder reinzubekommen. Potenzielle Käufer von Immobilien wissen nicht, wie sich die Weltwirtschaft in den nächsten Monaten entwickeln wird und was das alles noch für Folgen haben könnte. Vielleicht Kurzarbeit? Vielleicht Entlassung? Und sowieso haben die meisten spitz auf Knopf gerechnet, als sie überlegten, eine Immobilie zu kaufen. Die gegenwärtige Situation hat ihre Kalkulation auf den Kopf gestellt. Viele Finanzierer verlangen nun Eigenkapital Hinzu komme, dass langfristige Kredite – die in den vergangenen Jahren zeitweise unter einem Prozent lagen – ohne Eigenkapital nun meist nicht mehr zu bekommen sind: Die Kreditgeber würden inzwischen genau hinsehen, ob sie auf die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden vertrauen könnten, sagt die Maklerin. Das habe sie erst von einem Finanzierer erfahren. Auch die Immobilien-Portale im Internet weisen inzwischen wieder eine Eigenkapitalquote aus. Dort zeigt sich zudem, dass sich die derzeitige Lage positiv auf den Markt auswirkt: Deutlich mehr Angebote als noch vor wenigen Monaten sind im Internet eingestellt. Und die Preise sinken. Das ist zwar noch nicht allzu deutlich. Seit diesem Sommer nimmt aber schon die Anzahl der Bieterverfahren stark ab. Seit Herbst vergangenen Jahres seien Gebäude zuvor überwiegend an den Meistbietenden verkauft worden, erzählt die Frau. Im Bereich der Mietwohnungen würden – wegen der drastisch gestiegenen Baukosten – bei Neubauten weiterhin die Kaltmieten angepasst. Den Großteil der Mietwohnungen gebe es aber im Bestand. Und dort sei der Gaspreis die größte Unsicherheit. Die Herforder Maklerin, die als Verwalterin von Immobilien auch Jahresabrechnungen für Mehrfamilienhäuser macht, wundert sich immer wieder, dass so viele Mieter noch nicht wissen, warum die Nebenkostenabschläge erhöht werden. Selbst eine Gaspreisdeckelung auf zwölf Cent je Kilowattstunde bedeute immer noch eine Verdreifachung des Gaspreises, gibt sie zu bedenken. Vielleicht darf es auch eine günstigere Immobilie sein Peter Platz, Sprecher der Herforder Sparkasse, gibt ein Beispiel für die Kosten, die auf Bau- und Kaufwillige derzeit zukommen: Ihm zufolge lag der nominale Zinssatz 2021 für einen 300.000-Euro-Kredit bei durchschnittlich 1,5 Prozent, die anfängliche Tilgung bei zwei Prozent. Das führte zu Raten von monatlich 875 Euro. &bdquo;Je nach Finanzierungssituation lagen die Zinssätze sogar noch darunter.“ Ein Kredit in Höhe von 300.000 Euro ist derzeit zu einem Zinssatz von 3,8 Prozent zu bekommen, die Tilgung liegt weiterhin bei zwei Prozent. Demnach zahlen Kreditnehmer für neue Kredite nun monatliche Raten von 1.450 Euro, also 575 Euro mehr, als wenn sie den Vertrag 2021 abgeschlossen hätten – Tendenz steigend. Hinzu kommen die ebenfalls deutlich gestiegenen Nebenkosten für die Energie zum Betrieb der Immobilie. Die Sparkasse stelle im Gespräch mit dem Kunden eine realistische monatliche Haushaltsrechnung auf und leite daraus die für sie leistbare Ratenhöhe ab, so Platz. &bdquo;Wir möchten mögliche Finanzierungsrisiken für unsere Kunden schon im Vorfeld identifizieren und vermeiden.“ Die Kunden würden so sehr schnell erkennen, ob die Raten für sie langfristig tragbar sind. Traum vom Eigenheim muss nicht gleich geplatzt sein Falls nicht, müsse der Traum vom Eigenheim nicht gleich geplatzt sein, so der Sparkassen-Sprecher. Vielleicht komme ein anderes, günstigeres Objekt in Frage. Eine weitere Möglichkeit sei, den Hausbau oder -kauf zu verschieben und die Zwischenzeit zu nutzen, um mehr Eigenkapital anzusparen. Unklar ist derzeit allerdings die weitere Zinsentwicklung. Die Bauverwaltung merkt derzeit übrigens noch nichts von stornierten Bauvorhaben: Die Anzahl der Bauanträge sei in diesem Jahr – hochgerechnet bis Ende Dezember – um drei Prozent zurückgegangen, die Bauvorhaben seien aber zum Teil flächenmäßig größer. Vermutlich werde sich sowieso erst im nächsten Jahr abzeichnen, ob Bauwillige von ihren Vorhaben zurücktreten oder zum Ende dieses Jahres zurückgetreten sind, meint Baubeigeordneter Peter Maria Böhm. Denn nach seiner Erfahrung planen sie erst einmal vier bis sechs Monate, bevor sie einen Bauantrag stellen.

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