Sohn übernimmt: Frischer Wind im asiatischen Schnell-Restaurant mit Kult-Status in Herford

Herford. Die Bilder von flüchtenden Menschen, die in oft seeuntauglichen Booten über das Mittelmeer kommen, sind heute allgegenwärtig. Dasselbe Bild, aber eine andere Geschichte verbirgt sich hinter den Ursprüngen des wohl ältesten asiatischen Lokals in Herford, dem Lan Linh an der Bielefelder Straße 20. "Meine Eltern kamen 1979 mit einem ähnlichen Boot aus Vietnam", erzählt Linh-Khang Ho. Mehr zu Freizeit-Themen im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping" "Boatpeople" nannte man ursprünglich die vor dem Vietnamkrieg in Südostasien und dessen Folgen geflohenen Menschen meist vietnamesischer Herkunft, zu denen die Eltern des heute 30-Jährigen gehörten. Sie fanden in Herford ein neues Zuhause und gründeten hier zehn Jahre nach ihrer Flucht 1989 das "Lan Linh 1979". Die meisten würden denken, die Jahreszahl im Namen sei das Gründungsjahr, so Linh-Khang Ho. Aber es sei das Jahr der Flucht, ein einschneidendes Ereignis, über das in der Familie auch heute noch nicht gerne in Einzelheiten gesprochen werde, sagt der zweitgeborene Sohn Linh-Khang Ho. Doch auch das eigentliche Gründungsjahr lässt das Schnell-Restaurant mittlerweile auf eine fast 33-jährige Geschichte zurückblicken. Als Ngoc-Son und Phoung-Thao Ho Ende der 80er Jahre ihr Lokal eröffneten, sei asiatisches Essen noch etwas Besonderes gewesen, sagt der Sohn. "Soweit ich weiß, ist unser Asia-Laden einer der ältesten der gesamten Region. Aber auf jeden Fall der älteste in Herford." Schon von außen ist das neue Erscheinungsbild sofort erkennbar Und der hat jetzt einen neuen Chef. Generationenwechsel hieß es nämlich bereits zum 1. August dieses Jahres. Mit viel Eigeninitiative und Elan hat Linh-Khang Ho die 60 Quadratmeter Fläche renoviert und modernisiert. Schon von außen ist das sofort erkennbar: Rote Klebefolie und chinesische Drachen in den Fenstern sind einem luftigen weißen Logo auf schwarzem Grund gewichen. Und auch innen lassen dunkelgrüne Farbe an den Wänden, eine mit verschiedenen Moos-Sorten beklebte Wand sowie moderne helle Holzmöbel die Verjüngung des Lokals sofort erkennen. Einen Monat lang, den gesamten Juli, hat Linh-Khang Ho umgebaut. "Einiges ist aber auch bewusst geblieben", sagt er und meint damit einige kleine Deko-Elemente wie kleine chinesische winkende Glückskatzen oder vor allem auch das Speisenangebot. "Da werde ich auch nicht viel dran verändern", sagt der neue Inhaber und Koch. Schließlich kennen und schätzen die Kunden die Gerichte seit über 30 Jahren. "Und außerdem hat das auch etwas mit Respekt vor dem Lebenswerk meiner Eltern zu tun", sagt der 30-Jährige. Möglichkeiten, die Speisekarte zu erweitern, hätte Linh-Khang Ho ohne Zweifel. Denn die Karriere, die der junge Koch bislang vorzuweisen hat, ist beachtlich. Seine Ausbildung hat er im Restaurant "Alte Schule" bei Bernd Tönsing absolviert. Danach sammelte er wertvolle Erfahrungen als Koch auf Sylt und in Lateinamerika. "Von 2014 bis 2019 war ich Küchenchef bei Timo Hinkelmann in der Quartier-Lounge am Gänsemarkt und danach habe ich von 2019 bis zum letzten Jahr die Gastro bei Lars Uhlen im Wohnzimmer mit aufgebaut", berichtet er. Das Lieblingsgericht des neuen Chefs: Rindfleisch mit Zwiebeln Eigentlich sei es gar nicht geplant gewesen, das elterliche Lokal zu übernehmen, sagt Linh-Khang Ho. "Ich hatte immer das Ziel, mit 30 meinen eigenen Betrieb aufzumachen." Doch nun ist er 30 und seinen Eltern sehr dankbar für die Möglichkeit. "Gerade nach den für die Gastro besonders schweren Corona-Jahren ist das für mich ein echter Glücksfall, ein Privileg, das ich zu schätzen weiß. Und ich habe richtig Bock drauf." Und das strahlt der junge Koch auch aus, wenn er in seiner offenen Küche am Wok steht. Am liebsten koche er "ohne viel Chichi, eher reduziert und gradlinig", sagt er. Sein Lieblingsgericht von der Lan-Linh-Karte spiegelt genau das wider: Rindfleisch mit Zwiebeln. "Wichtig ist mir, dass ich nur das koche, was ich auch selbst gerne esse", sagt er. Deshalb hat er doch eine kleine Änderung an der Karte vorgenommen: Die wenigen Gerichte mit Schweinefleisch sind verschwunden. Es gibt nur noch Rind, Hühnchen und Ente und auch vegetarische und vegane Alternativen. Eine neue Möglichkeit gibt es auch bei der Verpackung. "Ich habe als einer der Ersten in Herford mit einem Mehrweg-System angefangen", so Linh-Khang Ho. Ganz einfach über eine App können sich Nutzer registrieren und die Hart-Kunststoff-Behältnisse dann - ohne Aufpreis - innerhalb von 14 Tagen zurückgeben. "Das ist einfach zeitgemäß und einer muss schließlich damit anfangen", meint der junge Koch. Zu "Ohne Auto mobil" schon ab 12 Uhr für hungrige Besucher geöffnet Auch die Öffnungszeiten hat der neue Chef erweitert. Montags bis freitags ist jetzt durchgängig von 12 bis 20.30 Uhr geöffnet. Samstags ist das Lokal geschlossen und sonntags von 17.30 bis 20.30 Uhr geöffnet. "Ich habe mir fest vorgenommen, die nächsten Jahre durchzuziehen", so der ambitionierte Koch. Schließlich sei der Traum von einem eigenen - dann eben zweiten - Restaurant noch immer lebendig. "Am liebsten wäre mir ein Laden am Herforder Gänsemarkt." Am kommenden Sonntag hat das Lan Linh anässlich der Veranstaltung "Ohne Auto mobil" übrigens außer der Reihe bereits ab 12 Uhr geöffnet. Linh-Khang Ho hofft auf viele Besucher - auch in seinem Schnell-Restaurant.

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