69-Euro-Klimaticket als möglicher Nachfolger: Was sagen die Herforder dazu?

Herford. Noch bis Ende August können Reisende den deutschlandweiten Nahverkehr für neun Euro im Monat nutzen. Im September wird dieses Sonderangebot von Seiten der Bundesregierung beendet - weitergehen könnte es dann mit einem Klimaticket für 69 Euro im Monat. Das schlägt zumindest der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) vor. Arndt Lauenkamp wohnt in Bünde und pendelt zur Arbeit nach Herford. Er ist wegen des 9-Euro-Tickets von Auto- auf Bahnfahren umgestiegen, je nach Wetterlage bewältigt er den Weg zum Bahnhof nun mit dem Fahrrad. Ein 69-Euro-Klimaticket lehnt Lauenkamp generell nicht ab. Wichtig sei ihm persönlich, möglichst viel Geld zu sparen - insbesondere wegen der aktuellen Spritpreise. "Ich denke, ich würde erst dann entscheiden, wenn ich ausgerechnet habe, was unterm Strich günstiger ist", fasst er seine Meinung zum potenziellen Nachfolge-Ticket zusammen. Anderer Ansicht sind Susanne und Klaus Heldt, sie nutzten das 9-Euro-Ticket vor kurzem das erste Mal für eine längere Strecke. "Ungelogen, die Fahrt war eine Katastrophe", meinen die beiden. "Es war zu voll und viel zu heiß, scheinbar gab es keine Klimaanlage, oder die war falsch eingestellt." Für das Ehepaar sei das 9-Euro-Ticket ein "nettes Experiment" gewesen, einen höheren Preis sind beide aber nicht bereit zu zahlen. "Wir haben ja auch unser Auto, ich denke dabei bleiben wir in Zukunft auch, so lohnt es sich einfach nicht." "An der Infrastruktur muss gearbeitet werden" Ohnehin fast täglich im Nahverkehr unterwegs ist Antonio Belotti. Ein Auto besitzt er nicht, in seiner Wahlheimat Berlin kann er alles mit der Bahn erreichen. Belotti kommt mehrmals im Jahr nach Herford, sowohl Cousin als auch Cousine wohnen im Kreis. "69 Euro sind ein mehr als angemessener Preis für ein deutschlandweites Ticket, aber an der Infrastruktur muss gearbeitet werden" sagt er. "Wahrscheinlich macht es auch Sinn, Preisstufen für die benutzten Verkehrsmittel anzubieten, damit zum Beispiel nur Busfahren günstiger sein kann. Nicht jeder fährt ja Langstrecken mit dem Zug", ergänzt er. Auch Babette Hamad hält den Preis von 69 Euro im Monat für angemessen. "Es war ja klar, dass neun Euro nicht ewig funktionieren können", meint sie. Hamad studiert in Bielefeld und nutzt daher sowohl Zug als auch Straßenbahn für den Weg in die Nachbarstadt, besaß aber durch ihr Studium bereits ein Semesterticket für Nordrhein-Westfalen. Für sie selbst habe sich durch das 9-Euro-Ticket wenig geändert, ihre Eltern und Geschwister jedoch seien nun öfter im Nahverkehr unterwegs. "Mein kleiner Bruder fährt jetzt meist mit dem Bus zur Schule", erklärt sie. Rabatt für gewisse Bevölkerungsgruppen Heidi Hetz vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist Herforderin und setzt sich vorrangig für eine klimafreundliche Zukunft des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ein. Sie sieht "in der hohen Inanspruchnahme des 9-Euro-Tickets einen großen Gewinn für den Klimaschutz". Hetz begrüßt den Vorschlag des VDV, schlägt aber noch Ergänzungen vor. Beispielsweise eine Staffelung der Preise - sowohl mit Blick auf die soziale Komponente, als auch auf den Aspekt des Umweltschutzes. Demnach sollte laut VCD ein Rabatt für gewisse Bevölkerungsgruppen ermöglicht werden, sodass beispielsweise Schüler, Studenten oder Einkommensschwache monatlich weniger zahlen. Auch lenkt sie den Blick auf die Länge der jeweils gefahrenen Strecke. Ihrer Ansicht nach sollten Langstreckenfahrten preislich höher angesiedelt werden, als beispielsweise Busfahrten innerhalb einer Kleinstadt - mit Blick auf die daraus resultierenden Emissionen. Neben der Einführung eines dauerhaft erschwinglichen Tickets ist Hetz der Ausbau der Infrastruktur wichtig, insbesondere im ländlichen Raum. "Mobilität und Teilhabe ohne eigenen PKW darf kein Luxus für die Menschen in Großstädten sein", betont sie. Am allerwichtigsten sei ihr jedoch, dass "endlich überhaupt etwas passiert". Sowohl eine Sprecherin der Eurobahn als auch Stefan Dietrich, Pressesprecher der Abellio Rail Mitteldeutschland, berichten von hohem Andrang in den Zügen seit Einführung des 9-Euro-Tickets. Beide Unternehmen bedienen unter anderem Bahnstrecken rund um die Stadt Herford und bewerten das Feedback der Fahrgäste insgesamt als positiv. Der Vorschlag des VDV wird von allen involvierten Akteuren diskutiert, ist jedoch nicht sicher als Nachfolger des 9-Euro-Tickets festgelegt. Eine Rückkehr zu den bekannten Preisstufen vor Einführung des Tickets ist wegen der enormen Nachfrage jedoch unwahrscheinlich.

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