Messerangriff: Klinik für Psychiatrie in Herford reagiert auf Kritik

Herford. Ein rund zwei Meter hoher Zaun aus grünen Gitterstabmatten; an der Seite des geschätzt 250 Quadratmeter großen Areals, das er umfasst, wachsen Lebensbäume als Sichtschutz. Die hintere Ecke des zur Station 5 der Klinik für Psychiatrie in Herford gehörenden Bereichs, des so genannten Gartens, ist frei. Von hier aus ist das Hauptgebäude des Klinikums Herford zu sehen.Dieser eingefriedete und gepflasterte Bereich ist der Problempunkte in der aktuellen Diskussion um die Abteilung, nachdem dort ein 40-jähriger Herforder entwichen war und einen Bekannten mit einem Messer lebensgefährlich verletzt hatte. Wie berichtet, hatte der Herforder Rechtsanwalt Christian Thüner, der den 40-Jährigen vertritt, auch wegen eines weiteren Falls Antworten zur Unterbringung und Sicherung auf der Station P5 gefordert. Auf diesen konkreten Fall kann das Klinikum aus juristischen Gründen nicht eingehen – hier ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die weitaus meisten Menschen kommen freiwillig &bdquo;Wir sind aber um Transparenz bemüht“, erklärt Dr. Maren Thäter. Die Medizinerin und Ökonomin ist gerade aus Bielefeld in den Vorstand des Herforder Klinikums gewechselt. Mit Dr. Stephan Blaschke, Chefarzt der Psychiatrie, berichtet sie über das Spannungsfeld, in dem in der Einrichtung gearbeitet wird. Die weitaus meisten Menschen, die behandelt werden, sind aus freien Stücken an die Schwarzenmoorstraße gekommen und werden natürlich nie auffällig.Sie leiden etwa unter Depressionen, wie Blaschke erklärt. &bdquo;Hier bei uns geht um eine Gemeinde nahe Versorgungspsychiatrie“, so der Chefarzt weiter. Es sei der Wunsch des Gesetzgebers gewesen, die Menschen nahe ihres Wohnorts versorgen zu können und nicht irgendwo außerhalb unterzubringen. Aufsichtsbehörde sei dabei unter anderem die Bezirksregierung in Detmold. Darüber hinaus gebe es einmal jährlich eine unangemeldete Kontrolle, bei der von Experten aber auch von Patienten-Vertretern die Versorgung und auch Unterbringung der Menschen geprüft werde. Die Station verfügt über 20 BettenDie geschlossene Station P5 verfügt über 20 Betten, vier davon unterliegen einer besonderen Sicherung. Dabei stelle sich bei den Menschen, die hier untergebracht sind, auch immer die Frage: &bdquo;Welche Gefährdungsaspekte liegen vor“, so Blaschke weiter. Das könne so weit gehen, dass es eine Eins-zu-eins-Begleitung durch die Mitarbeiter im Gartenbereich gebe. Die Unterbringung der Menschen auf dieser Station regelt das sogenannte Psych-KG (Psychisch-Kranken-Gesetz), das bei einer so genannten Eigen- oder Fremdgefährdung greift. Danach soll eine Unterbringung der erkrankten Menschen möglichst in offenen Formen erfolgen.Das zeigt sich auch bei Maßnahmen, die die persönliche Freiheit einschränken. Gerichte - bis hin zum Bundesverfassungsgericht – räumen auch diesen persönlichen Freiheiten der Patienten einen außerordentlich hohen Rang ein, so dass etwaige Zwangsmaßnahmen erst nach richterlichen Beschlüssen möglich sein können. Müsse ein Patient auf Grund einer Indikation gegen seinen Willen Medikament nehmen, so muss dafür eine richterliche Entscheidung vorliegen. Die wiederum könne es nur geben, wenn zunächst, über etwa vier Wochen, versucht worden sei, den Patienten durch Überzeugungsarbeit dazu zu bringen, die Arzneimittel freiwillige einzunehmen, erklärt der Chefarzt. Das müsse auch dokumentiert werden. &bdquo;Ich bin mit dem PsychKG eigentlich zufrieden“, so Blaschke. Andererseits würde er sich über weniger Bürokratie freuen. Zaunhöhe war in der DiskussionAuch die Höhe des Zauns – hier werden Höhen von zwei bis drei Meter angestrebt - ist ein Punkt, über den in der Vergangenheit schon gesprochen worden sei. Hier besteht, so die Mediziner, eine Abwägungsfrage: Die Station 5 sei zum einen kein Gefängnis und auch nicht mit einer geschlossenen Einrichtung wie Schloß Haldem vergleichbar. Zum anderen dürfe für einen Patienten, der versuche, den Zaun zu überwinden, auch keine Verletzungsgefahr bestehen. Denn die steige natürlich mit der Höhe des Zauns. Das bedeute im Umkehrschluss, so Maren Thäter, dass der Zaun nicht übermäßig hoch und auch nicht gesichert sein könne.Um die Möglichkeiten einzuschränken, den Zaun zu überwinden, ist eine der Gartenmöbel-Garnituren fest im Boden verankert. In der Vergangenheit sei die Zaunhöhe von der Aufsichtsbehörde als ausreichend angesehen worden. Die Unterbringung und die Behandlung der Menschen könne nur auf Basis der bestehenden Rechtsgrundlage geschehen, so Thäter weiter. Wichtig sei es, dass es durch solche Vorfälle nicht zu einer Stigmatisierung der Patientinnen und Patienten der Psychiatrischen Klinik kommen dürfe, da die überwiegende Anzahl der Patienten eben keiner besonderen Sicherung bedarf. &bdquo;Diese Menschen haben ein Recht auf Freiheit, das wir mit jeder weiteren Sicherungsmaßnahme einschränken.“

Meistgelesen