Mehr Klimaschutz: Wie das Bürger, Hauseigentümer und Gewerbetreibende betrifft

Herford. Die Weiterentwicklung des Klimaschutzkonzepts in Herford ist beschlossen. Bürger, Hauseigentümer und Gewerbetreibende sind von dem Paket betroffen. Es umfasst fünf Themenfelder, die mit Maßnahmen hinterlegt sind. Nicht alles ist davon schon im Detail ausgearbeitet oder öffentlich. Eine der ersten Maßnahmen wird, wie berichtet, ein fast flächendeckendes Tempo 30 in der Stadt. Ziel der Fortschreibung des Konzepts ist eine Anpassung an die verschärften Klimaschutzziele der Bundesregierung. Die Stadt beschreitet dabei drei Wege: Sie will den Menschen, wie bisher, die Möglichkeiten ihres Handelns aufzeigen, sie finanziell fördern und regulierend eingreifen. Dabei konzentriert sie sich auf fünf Schwerpunkte. Bauen und Wohnen Die Stadt will 50.000 Euro zur Verfügung stellen, um damit den Austausch und die Optimierung privater Heizungsanlagen zu fördern. Komplette Quartiere könnten unter energetischen und sozialen Aspekten autofrei werden - bei gleichzeitig kurzen Wegen für die Bewohner. Dazu scheint es bereits konkrete Pläne zu geben, was Bürgermeister Tim Kähler aber nur andeutete. Einzelne Quartiere will die Stadt zu Sanierungsgebieten erklären, was zu Steuervergünstigungen bei energetischen Sanierungen führt. Das Verfahren ist aber kosten-, personal- und zeitintensiv, es dauert bis zu fünf Jahre. Solch ein Gebiet gibt es in Herford beispielsweise östlich des Wentworth-Geländes und der Ulmenstraße. Die Beratung von Hauseigentümern durch die Verbraucherzentrale fördert die Stadt, indem sie deren 30-Euro-Anteil übernimmt. Einen Fördertopf von 50.000 Euro soll es für den Bau von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen), Solarthermie, Stromspeicher und Photovoltaik für Balkone geben. Der Bau von PV-Anlagen wird demnach künftig bei allen Neubauten zur Pflicht. Wer das nicht will, soll sein Dach vermieten. Wege zur energetischen Sanierung von Wohngebäuden unter sozialverträglichen Standards soll die städtische Wohnbau (WWS) entwickeln. Gewerbe Weitere 50.000 Euro Fördermittel will die Stadt für den Bau von PV-Anlagen bei Bestandsgebäuden im Gewerbe zur Verfügung stellen. Der Bau solcher Anlagen wird - wie bei Wohngebäuden - zur Pflicht, aber nur "wenn die Anlage wirtschaftlich betrieben werden kann". Wer selbst keine PV-Anlage errichten will, soll das Dach verpachten. Vergeben hat die Stadt einen Auftrag für ein Konzept, nach dem diejenigen einen Teil des zuvor hochgesetzten Kaufpreises für eine städtischen Gewerbefläche zurückerhalten, wenn sie gewisse klimafreundliche Aspekte beim Bau der Immobilie nachweisen. Den Ausbau von Fern- und Nahwärmenetzen will die Stadt vorantreiben. Zudem sollen Mobilitätskonzepte geschaffen werden, die in Gewerbegebieten für mehr Klimafreundlichkeit sorgen. Mobilität Die Stadt will dafür sorgen, dass die Ladeinfrastruktur ausgebaut wird und 2021 ein ganzheitliches Mobilitätskonzept in Auftrag geben. Anreize für den Bau einer Wasserstofftankstelle sollen geschaffen und der Einsatz von Wasserstoffbussen in Herford geprüft werden. Im Verkehrsversuch wird die Mindener Straße zurückgebaut. Geplant sind ein Logistik-Hub für die Innenstadt und die Verdopplung des Etats für den Ausbau von Radwegen. Natur, Umwelt, Klimafolgenanpassung 35.000 Euro will die Stadt nutzen, um den Bürgern weiterhin Bäume zu schenken. Städtische Grundstücke sollen mit trockenheitsresistenten Pflanzen bepflanzt werden, im Visier sind Schulhöfe. Mit insgesamt 40.000 Euro soll die Begrünung von Fassaden, Flachdächern, Carports und Garagen gefördert werden. Öffentliche Gebäuden sollen nur noch mit Grün und PV-Anlagen auf dem Dach gebaut werden. Bei Bestandsgebäude will die Stadt die Statik prüfen und gegebenenfalls nachrüsten. Ein Bürgerwald soll entstehen, bei Neubaugebieten künftig Zisternen verpflichtend sein und die WWS ihre Grünflächen naturnah umgestalten. Langfristig soll Herford Schwammstadt werden. Öffentlichkeitsarbeit, Nutzersensibilisierung Interne Workshops und Schulung für relevante Akteure sowie Veranstaltungen für Bürger sollen die Bevölkerung weiter sensibilisieren. Wettbewerbe, Musterbeispiele und Angebote zum Ausprobieren sollen sie an Klimaschutzthemen heranführen. Die Diskussion Sehr kritsch betrachtete Thomas Helmerking (CDU) das Paket - wegen der jährlichen Förderkosten, die es vorsehe, und weil er die Verantwortung für Förderungen eher im Bund und Land und im technischen Fortschritt sah. Seine Fraktion werde das Konzept mittragen, aber bei den Maßnahmen, die im Einzelnen noch beschlossen werden müssen, genau hinsehen. Geld rauszuschmeißen genüge nicht, sie müssten auch Ziele erreichen. Eine Beratung von Hauseigentümern könne da größere Effekte bringen, als den Austausch einer Heizungsanlage zu fördern. Eckart Klemens zufolge hat sich der Klimaschutz zum Hype entwickelt. Die Fortschreibung des Konzeptes hielt der FDP-Politiker für zu belastend für alle, die es betrifft, zumal Deutschland sowieso nur zu zwei Prozent am globalen CO2-Ausstoß beteiligt sei. Dem entgegnete Thomas Besler (SPD): "Mit nur 80 Millionen Einwohnern". Das sei ein doppelt so großer Fußabdruck wie beim globalen Durchschnitt, wie Herbert Even (Grüne) ergänzte. Udo Gieselmann (BfH) erzählte von eigenen Erfahrungen mit Investitionen im Bereich Strom, Wärme, Wasser, die zwar hoch gewesen seien, am Ende aber richtig viel Geld brächten. Den Linken ging das Konzept insgesamt nicht weit genug, sie trugen es aber mit - anders als die FDP, die sich enthielt.

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