Wohnungsnot in Herford: Diese Menschen sind besonders betroffen

Herford. In Herford sind besonders kleine, bezahlbare Wohnungen Mangelware. Das ist ein Ergebnis des aktualisierten Wohnungsmarktberichtes, den die Stadtverwaltung jetzt dem Sozialausschuss vorgelegt hat. Die Ergebnisse fußen überwiegend auf Zahlen, die bis Ende 2019 ermittelt wurden. Im Sozialausschuss wünscht man sich, dass den Erkenntnissen schnell Taten folgen. Bautätigkeit Die Bautätigkeit hat sich in den vergangenen Jahren leicht gesteigert. Wurden zwischen 2010 und 2019 im Schnitt 92 Wohneinheiten fertiggestellt, waren es zwischen 2017 und 2019 109 Wohnungen. In der Statistik der Baugenehmigungen schlagen 2019 insbesondere die Studierendenapartments ("Drei Geschwister") in der früheren Hammersmith-Kaserne zu Buche. Es wurden aber wenige kleine Wohnungen für andere Zielgruppen wie ältere Menschen genehmigt und gebaut, so dass der Wohnungsmarktbericht hier einen Nachholbedarf sieht. Neben Neubauten sollten hier auch Altbausanierungen eine Rolle spielen, um vorhandene Wohnungen qualitativ aufzuwerten. Wohnungsbestand Der Wohnungsbestand ist von 2010 auf 2019 um 961 Einheiten, das sind 3 Prozent, gewachsen. Absolute Zahlen liegen derzeit nicht vor. Auch im Bestand zeigt sich der Mangel an kleinen Wohnungen. Die Anzahl der Einraumwohnungen hat von 2010 bis 2019 um 15 abgenommen. Der Anteil von Ein- und Zweiraumwohnungen ist mit 10 Prozent gering. Es stellt laut Analyse auch ein Hemmnis für den Generationenwechsel in vorhandene Wohnungen dar, da ältere Leute wenige Möglichkeiten haben, eine zu große Wohnung gegen eine passende zu tauschen. Knapp über die Hälfte der Herforder Wohnungen ist in Mehrfamilienhäusern zu finden. Im gesamten Kreis mit seinem hohen Bestand an Eigenheimen ist es nur ein Drittel. Mehr Wachstum zeige sich bei für Familien attraktiven Ein- und Zweifamilienhäusern. Der Bestand an Wohnungen mit vier und mehr Räumen ist um 794 gestiegen. Öffentlich gefördert Für den öffentlich geförderten Wohnungsbau stellt die Analyse einen Rückgang fest. Befanden sich Ende 2010 noch 2.902 Mietwohnungen in der Sozialbindung, waren es Ende 2019 nur noch 2.720. Für 2030, so die Schätzung der NRW Bank, geht der Bestand sogar auf mindestens 2.500 zurück. Im Vergleich mit anderen vergleichbaren Städten in NRW hat Herford mit 16 Prozent den höchsten Anteil des geförderten Mietwohnungsbestandes in Mehrfamilienhäusern. Bauherren lassen sich ihre Eigenheime seltener öffentlich fördern. Das mag mit der günstigen Zinssituation zu tun haben. Demografie 2011 lebten 66.000 Menschen in Herford. Man glaubte damals noch, die Bevölkerung werde bis 2030 um 7,5 Prozent schrumpfen. Entgegen früherer Vorhersagen ist sie aber auf 67.682 im Jahr 2019 gewachsen und wird es wohl noch weiter tun. Die Bevölkerungsvorausberechnung geht davon aus, dass Herford bis 2035 auf maximal 70.000 Menschen wachsen wird. Insbesondere die Gruppe der Älteren wird zunehmen. Sie leben oft allein und brauchen dann kleine Wohnungen, die barrierefrei sind. Die Leute zwischen 25 bis 35 Jahren sind nach den Baby-Boomer-Jahrgängen, die jetzt in Rente gehen, am stärksten vertreten. Bereits jetzt resultiert daraus eine Nachfrage nach großen Wohnungen für Familien, die, so weiß man inzwischen, derzeit kaum im bezahlbaren Rahmen befriedigt wird. Die nachfolgenden Jahrgänge können dennoch im Erwerbsleben die 1950er und 1960er Jahrgänge zahlenmäßig nicht ersetzen. Es leben mehr ältere Frauen als Männer in Herford. So gibt es 144 Männer, die 85 Jahre alt sind, aber 227 Frauen. Der "Bauch" in der Altersstruktur, der sich jetzt um die 50- bis 60-Jährigen zeigt, wird in höhere Lebensalter wandern. Ein weiterer Grund, mehr geeigneten Wohnraum für Ältere zu schaffen. Die Analyse rechnet mit "enormem" Bedarf. Beschäftigung und Einkommen Der Herforder Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen zehn Jahren positiv entwickelt. Ab 2010 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von rund 22.000 auf mehr als 26.000 - ein Plus von fast 20 Prozent. Die Arbeitslosenquote sank von 9,7 auf 7,7 Prozent. Ob die Corona-Krise hier noch zu Einbrüchen führt, bleibt abzuwarten. Jedenfalls geht die Analyse zunächst davon aus, dass die Einkommen und damit die Nachfrage auch nach Wohnraum im mittleren und höheren Preissegment zugenommen haben. Die Mindestsicherungsquote, die anzeigt, wie viele Menschen Sozialhilfe und vergleichbare Unterstützung erhalten, ist in Herford mit 12,4 Prozent 1,5 Prozent über Landesdurchschnitt, unterscheidet sich aber je nach Wohnlage. So weisen das Zentrum, "Im kleinen Felde" und die Nordstadt mit 20 Prozent höhere Anteile an Hilfeempfängern auf, als die Randbezirke, die unter 5 Prozent liegen. Insgesamt wohnen mehr Menschen mit besserem Einkommen außerhalb von Zentrum, Nordstadt und Kleinem Feld. Das lässt sich anhand der Angaben zum Kindergartenbeitrag in den Kitas ablesen. Die Anzahl der Haushalte, die mit einem Wohnberechtigungsschein auf Wohnungssuche gehen, ist gesunken. Nicht einmal die Hälfte dieser Haushalte hatte 2018 und 2019 eine öffentlich geförderte Wohnung. Die Mieten steigen laut Analyse. Insbesondere Einraumwohnungen sind vergleichsweise teuer - ein Problem für kleine Haushalte mit geringem Einkommen. Teurer werden auch die bei kleinen Familien begehrten Dreiraumwohnungen. Bauland- und Immobilienmarkt Der Durchschnittspreis für Bauland ist zwischen 2015 und 2019 um rund 12 Prozent gestiegen. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern hat es schon zwischen 2016 und 2019 einen Preissprung gegeben. Inzwischen sind die Preise abermals gestiegen. Neue Eigentumswohnungen werden begehrter und teurer. Die Preissteigerung bei Wohneigentum in bestehenden Gebäuden ist nicht ganz so kräftig ausgefallen. Handlungsbedarf Der Wohnungsmarktbericht kommt zu dem Schluss, dass verstärkt im Bereich Geschosswohnungsbau neu gebaut werden muss, weil sich der Bedarf der wachsenden Bevölkerung durch Altbausanierung nicht decken lässt. Besonders dringend scheint die Schaffung altersgerechter Wohnungen. Da nicht damit gerechnet wird, dass der Markt den Bedarf an kleinen, günstigen Wohnungen deckt. Hier sollte die Stadt aktiv werden. Für Familien, die sich bei steigenden Preisen ein Eigenheim nicht mehr leisten können, sollten große, attraktive Wohnungen in Mehrfamilienhäusern gebaut werden. Die Stadt erprobt derzeit ein Konzept, nach dem junge, Herforder Familien nach einem Punktesystem beim Baulanderwerb bevorzugt werden.

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